"Aber man kann doch einen Menschen nicht fallen lassen."
Man kann aber auch keinen Menschen über dem Abgrund halten, der sich selber nicht ernsthaft über dem Abgrund halten will, oder für den es immer wieder die einfachere Möglichkeit darstellt, sich in den Abgrund fallen zu lassen.
Wenn das passiert, dann hat man irgendwann einfach keine andere Wahl mehr, als diesen Menschen "fallen zu lassen" (zumindest auf partnerschaftlicher Ebene), weil man sonst selber mit in den Abgrund stürzt und körperlich und seelisch krank wird, und davon hat ja keiner was. Schon gar nicht, wenn Kinder mit im Spiel sind.
Darin steckt der Hinweis, dass man einen Menschen unter Umständen gar nicht "fallen lässt", nur indem man beschließt, dass man unter diesen Bedingungen keine Beziehung mehr mit ihm führen kann. Man kann ja trotzdem (nach einer angemessenen Abstandszeit zum Verarbeiten der Trennung) freundschaftlich für ihn da sein und/oder ihm beim Entzug und der anschließenden Entwöhnung unterstützen, man ist dann halt nur (idealerweise) nicht mehr so nah dran mit den eigenen Gefühlen.
Außerdem gibt's noch das Stichwort "Co-Abhängigkeit": Indem man als Partner an so einem Menschen festhält, stützt man möglicherweise den Hang von Suchtkranken zum Selbstbetrug - man ermöglicht ihnen, sich selber weiter einzureden, es wär ja alles in Ordnung und sie hätten im Leben im Griff, "immerhin bleibt meine Freundin ja bei mir" (und hilft z.B. durch Lügen in passenden Situationen, dass man wegen der Sauferei nicht seinen Job oder Führerschein verliert oder ähnliches). Und damit verzögert oder verhindert man möglicherweise, dass der Betroffene sich Hilfe sucht und überhaupt nen ernsthaften Versuch unternimmt, von seiner Sucht loszukommen. Tut ihm also im Endeffekt auch keinen Gefallen.
lg
cefeu