li_12837134Funktioniert nicht!
Hallo Chica,
wenn ich das so lese, kann ich mich noch gut dran erinnern, wie es bei uns war (und manchmal auch noch ist):
Mein Schatz arbeitet ca. 100 km weg von hier - die er aber heimkommen würde, wenn es nicht zu spät wird abends. Da er aber als Bau-Projektleiter viel unterwegs ist, sehen wir uns oft nur am Wochenende und manchmal Mo. abend.
Wir sind jetzt seit elf Jahren (mit kleiner Halbjahrpause dazwischen) zusammen und haben schon so einiges zusammen durch und ich denke doch, dass er der Mann ist, mit dem ich meine Zukunft planen möchte. Aus diesem Grund habe ich auch den Hang, immer Verständnis für alles zu haben, weil er eben sehr im beruflichen Stress steht, dann sind da noch die Eltern, die an den WE besucht werden möchten (und er auch möchte), er möchte mal mit seinen Kumpels weggehen, er hat Freitag abend immer irgendwelche Termine (Zahnarzt, Friseur, Massage u.a.), weil er ja sonst nie da ist, er möchte einfach auch mal Zeit nur für sich. Jedes einzelne für sich ein nachvollziehbarer Grund zu sagen: Seh ich ein, das ist ja menschlich. Betrachtet man aber alles zusammen geht das nicht in einer Beziehung. Der eine kann nicht immer zurückstecken und warten, bis der andere sich "erbarmt" (so kommt es einem dann mit der Zeit vor, sei ehrlich...), mal ein Stündchen für die Freundin abzuknapsen (und dann kann in der knappen Zeit nicht wirklich Nähe entstehen, wenn man sich so oft nicht sieht).
Irgendwann habe ich meinem Freund dann mal gesagt, dass ich nicht mehr so weitermachen kann. Ich habe nicht mehr die Kraft zu warten, denn es überfordert mich emotional. Einerseits habe ich einen Freund, den ich auch sehr liebe, andererseits bin ich aber immer allein, wenn mich etwas beschäftigt, wenn ich ein Problem hab, wenn ich traurig oder fröhlich bin, wenn ich körperliche Nähe suche oder wenn ich einfach nur nicht allein sein möchte. Warum hab ich denn dann einen Freund??? Immer nur zum Warten, sich ärgern, es runterschlucken in der Hoffnung, dass er doch morgen vielleicht mal Zeit hat. Immer auf Abruf bereit sein, falls er wirklich mal da ist und alles möglich machen, damit man selbst dann auch Zeit hat???
Es ist schwierig gewesen (und es ist es noch) für ihn, gerade auch im Beruflichen auch mal Nein zu sagen. Immer wenn jemand kommt oder kam, hat er denen geholfen, war tag und nacht erreichbar für jedermann, sogar in den Urlauben, kam kopfmäßig nie weg vom Job (hat dadurch auch gesundheitlich sehr zu kämpfen), dann eben noch all die anderen "Verbindlichkeiten". Klar, dass man dann zuhause "Nein" sagt, weil die Freundin das doch verstehen sollte - aus Liebe. Aber meiner Meinung nach ist das (vor allem für längere Zeit) nicht fair und sehr bequem. Er muss über nichts nachdenken, sondern sich auf dich verlassen. Dieser Spruch: "Du bist viel zu lieb" ist doch nur so ein Brocken, um dich weiterhin bisschen anzufüttern. Vielleicht meint er es sogar so und vielleicht hat er dich sogar lieb oder sehr lieb, aber nicht lieb genug, um sich darum Gedanken zu machen, wie du dich fühlst. Wie gesagt, ich hab das durch, es klingt hart und er empfindet das vielleicht garnicht mal so, aber es ist die Endkonsequenz, wenn man mal alles ohne Emotionen betrachtet.
Eine Beziehung erfordert Arbeit und Kompromisse von beiden Partnern. Klar, du solltest deinem Partner den Rücken stärken, für ihn da sein, auch mal in Zeiten, wo es für euch schwierig ist. Wenn du aber immer nur gibst, hier in Form von Verständis und dabei emotional verhungerst, ohne das von seiner Seite überhaupt ein Versuch von Veränderung oder ein Ende dieser Situation in zumutbarer Zukunft liegt, ist das ganze einfach faul.
Ich habe meinem Schatz oft in den Ohren gelegen, erst ganz wenig und leise, dann immer mehr und lauter, dass ich so nicht mehr weitermachen kann. Es kamen dann diese Standardsprüche wie: Wenn das Projekt rum ist, wirds besser blablabla. Aber er hat nicht wirklich den Ernst erkannt, gedacht ich tue es eh nicht, wenn ich sage, ich gehe, weil ich es nicht mehr ertragen kann. Dann bin ich für ein längeres Wochenende einfach, nur mit kurzer Info für ihn, mit für ihn fremden Leuten weggeflogen. Da ist er plötzlich aus allen Wolken gefallen. Es gab großes Beziehungstheater, er ist sogar zum Flughafen gekommen (hat sich dafür frei genommen, was er schon lange aus Arbeitsgründen nie konnte!), hat geweint, weil er dachte, dass es wirklich das Ende ist. Es hat ihn so belastet, dass er seine Koffer gepackt hatte, als ich kam, weil er meinte, ich habe mich gegen ihn entschieden. Es hat lange gedauert, bis ich ihm auch innerlich wieder so nah war, wie ich es jetzt bin (ca. ein Jahr) und es war schwer für uns beide. Er kann es bis heute noch nicht immer, dieses Nein sagen und wir haben auch heute noch manchmal so Zeiten, wo es schwierig ist - aber ich weiß, dass er sich für uns entschieden hat und er nicht möchte, dass wir uns verlieren. Und es kostet ihn sicher auch einiges, um das so hinzukriegen, dass er für uns passt. Und ich weiß eben genau das und kann auch Verständnis haben und für ihn da sein, da es keine Einseitigkeit und endlose Geschichte ist.
Ich hoffe, du kannst dir aus der ganzen Geschichte bisschen was für dich rausnehmen. Ich glaube nicht, dass du es nötig hast, dich an jemanden zu binden und dabei unterzugehen, wenn es sich nicht lohnt. Es wird dich viel Kraft kosten und auch weh tun, aber das Leben ist nunmal kein Spaziergang.
Ich wünsche dir viel Glück für die Zukunft und viell. meldest du dich ja mal, wie es weitergeht bei euch.