Hmmmmm....
Liebe Isgrev,
bitte versteh' mich jetzt nicht falsch, denn auch ich bin Ausländerin in meiner Wahlheimat - ich bin Deutsche und lebe in Spanien - und als solche sehe ich, dass es eben doch teilweise krasse Erziehungsunterschiede gibt, welche zu ganz verschiedenen Einstellungen führen.
Wir Deutschen - und ich schliesse mich da ein - sind nun einmal nicht mehr (generell) ans Zusammenwohnen mit anderen als der eigenen Ehefrau und den Kindern gewöhnt. Es gibt sie in Deutschland nicht mehr, die Grossfamilie. Es gibt sie auch nicht mehr, die Rücksicht auf andere Familienmitglieder. Die Oma wird ins Heim abgeschoben, den Onkel lässt man allenfalls mal eine Woche übernachten ... aber dann ist MEIN Haus auch wieder MEIN.
Ich denke, dass Du Deinen Mann schlichtweg überforderst. Wenn ich hier so die spanischen Familienverháltnisse ansehe, dann weiss ich, wie weit ich doch davon entfernt bin, jemals eine spanische Denkweise anzueignen! Ich könnte nicht so leben, wie es fast 90% aller Leute hier tun: die Grossfamilie, 3 Generationen unter einem Dach, die Kinder im Haus bis sie 30 sind und älter... Ich würde verzweifeln. Wir Deutschen wachsen im allgemeinen sehr viel disziplinierter und zugleich distanzierter auf als unsere europäischen südlichen Nachbarn, und wir sind in der Lage, und recht schnell und gut unabhängig und allein zurechtzufinden. Das Gute daran ist, dass wir besser mit Situationen umgehen können, die ein gewisses Alleinsein voraussetzen - z.B. in ein anderes Land ziehen und dort ein neues Leben anfangen. Der Nachteil ist, dass wir schlecht in der Lage sind, unseren ganz persönlichen Raum mit "Fremden" über längere Zeit zu teilen - sprich, die eigene Wohnung mit jemandem, der NICHT Frau oder NICHT eigenes Kind ist.
Der Kommentar Deines Mannes war falsch und verletztend. Aber ... ich denke, dass er nervlich bis ans Ende strapaziert ist. Ich kann ihn gut verstehen, denn ich bekomme schon eine Krise, wenn ich daran denke, dass ich im Sommer die Familie meines Mannes hier in Spanien einfindet, umd NUR 4 WOCHEN Urlaub bei uns zu machen!!! Und wir haben ein recht grosses Landhäuschen, einen grossen Garten etc. - und trotzdem kriege ich schon Angst davor. Wenn mir nun jemand sagen würde, da káme einer für 4 Monate...!!! Nee, ehrlich, auch ich würd' das nicht klasse finden.
So, wie ich nicht die Spanier verstehen kann, die generationsmässig und kinderbeladen in engen Räumchen unter einem Dach hausen, so können die mich nicht verstehen, dass ich das Heulen kriege, wenn ich mein Haus mal über einen längeren Zeitraum teilen soll... Warum? Weil in meinem Leben Privatsphäre ein MUSS war - und die meisten Spanier dieses Wort kaum kennen.
Jemand kann genauso gestresst werden, wenn er einsam ist - wie eben auch, wenn ihm ein Zusammenleben aufgezwungen wird. Beides sind Situationen, die einen nervlich fertigmachen können, egal, ob Du es nun verstehst (weil für dich Privatsphäre nicht so notwendig ist wie fúr Deinen Mann) oder nicht... das Resultat ist, dass er wahrscheinlich langsam aber sicher auf den Knien kraucht und endlich sein Privatleben wiederhaben will...
Meiner Meinung nach solltet Ihr eine andere Lósung für den Bruder finden.
LG Chata.