Hallo,
ich weiss nicht, wo ich anfangen soll. Ich bin völlig leer, völlig durch den Wind und kann nicht mehr klar denken.
Mein Freund hat mich gestern nach einem 3/4 Jahr Beziehung aus Verzweiflung verlassen. Zusammengefasst, wir hatten die schönste Zeit unserer beider Leben, sind 26 und 27 Jahre alt.
Auf den ersten Blick hat es gefunkt, bei beiden, wir waren die ersten Monate unzertrennlich, dann fingen die Probleme an.
Er zog sich zurück, forderte mehr und mehr Freiraum ein, ich bezog es auf mich, es gab Streits. Zwischenzeitlich raufte man sich zusammen, wusste, man ist keine 15 mehr, man weiss, was uns das bedeutet und kämpft. Er hatte weiterhin Probleme mit Nähe.
Nach und nach kam heraus, dass er an Bindungsangst leidet, immer schon. Woher sie kommt, warum, er weiss es nicht. Ich hab das respektiert, mich deutlich zurückgezogen, mehr für mich gemacht in den letzten Wochen. Er kam immer von selbst, meldete sich täglich, wurde unruhig wenn ich nicht antwortete.
Gestern Abend lief das Fass über, als er mir nach der Arbeit eine SMS schrieb, ob ich heute zuhause schlafen könnte, er sei am Ende. Da wir in den letzten Tagen eh kaum Zeit verbringen konnten, weil er momentan mit Uni, Arbeit, Rechnungen und seinen innerlichen Problemen überfordert ist, war ich natürlich sauer. Ich schrieb ihm "Gut, dann fahr ich jetzt nach Hause zu dir, hol meine Sachen und dann fahr ich." Er liess alles stehen und liegen und kam mir hinterher. Dort gab es dann die Aussprache. Er begann sofort zu weinen. Nie hab ich ihn weinen gesehen, nie hat er Gefühle zugelassen, immer dichtgemacht.
Dass er nicht weiss, was mit ihm los ist. Er litt als Jugendlicher schon an Depressionen, war ständig der traurige Junge, hatte damals 3 Therapien gemacht, keine hat geholfen. Er sieht keine Lebensperspektive, ist unzufrieden, sieht kein Glück, weiss nicht wohin mit sich, hatte sogar Selbstmordgedanken (aber ich müsse mir darum keine Sorgen machen). Er studiert zwar Psychologie und es macht ihm Spass (wobei auch gestresst), aber er "eiert" sein ganzes Leben schon umher ohne wirklichen Wunsch für die Zukunft. Spasste während unserer Beziehung immer wieder, er wird sicher mal irgendwann ein einsamer Fischer irgendwo. Jedenfalls konnte er die letzten Wochen nicht mehr schlafen aus Schuldgefühlen mir gegenüber, er hatte Albträume, weinte sich in den Schlaf. All das wusste ich nicht. Auch erzählte er mir gestern Als ich dich kennenlernte, den ersten Tag mit dir, du weißt nicht, wie glücklich ich war. Ich hab noch am selben Abend zu meiner Mutter gesagt Das ist die Frau, die ich mal heiraten will. Und das, obwohl er nie heiraten wollte, auch jetzt die ängste ihn eingeholt hatten. Ich war und bin die Einzige, die er je geliebt hat, mit mir hätte er sich alles vorstellen können. Vor mir hatte er zwei Beziehungen, die ihm nicht annähernd so wichtig waren. Dann 3 Jahre nichts, dann ich. Ich sagte, es kommt eine andere, die dich sicher umhauen wird. DU hast mich umgehauen. Es gibt keine Steigerung. Ich garantiere dir, dass du mich nie mit einer anderen Frau sehen wirst. Nie.
Während des Gesprächs weinte er mehr als ich, ich war von mir selbst überrascht, dass ich nicht zusammenbrach. Er hatte immer schon Probleme mit Nähe, aber gestern sass er da wie ein kleines Kind, schluchzend in meinen Armen. Es tut mir so leid. Ich hab ihn gehalten, ihm zugeflüstert Ich kann dir nicht dabei helfen, du musst dein Leben in den Griff bekommen. Ich wär so gerne für dich da, du weißt, dass ich das immer war. Ich hätte das mit dir durchgestanden. Er weinend Bitte sei da für mich. Für gemeinsames Durchstehen hätte er keine Kraft im Moment. Es sei das Beste für uns beide. Ich sagte Du weißt, wie sehr ich dich liebe, für mich bist du das Beste Ich war mit dir am glücklichsten. Er sagte, er liebt mich auch, aber das Fundament fehlt, seine Angst, seine Depressionen, es zerstört alles, er muss alleine sein, mit sich klarkommen. Aus seiner WG ausziehen, eine eigene Wohnung finden, zur Ruhe kommen. Ich sagte ihm, mach eine Therapie. Dafür habe er momentan weder Zeit noch Geld. Ich weiss nicht, wie er das machen will.
Was jetzt wird, fragte ich. Wir werden uns weiterhin sehen. Ich: Nein. Ich kann keine Freundschaft mit dir führen. Er trotzig: Doch! Ich brauch dich in meinem Leben, auch als Mensch. Wozu? Weil du mir unglaublich wichtig bist. Vielleicht mit richtig viel Zeit Vertrauen aufbauen über eine Freundschaft, wenn es irgendwann geht, und darauf kann man dann aufbauen, ich schliesse das nicht aus. Ich verstehe ihn in diesem Punkt einfach nicht.
Für heute lässt er sich krankschreiben. Sagte Und glaub mir, dass die nächsten Wochen die Hölle für mich werden, ich werde da am Boden liegen weinend. Ich werd auch unsere Bilder nicht abhängen. Und ich werd es bereuen in ein paar Wochen, werd merken, was für ein Volltrottel ich war. Und wenn du irgendwann einen Neuen haben solltest, werd ich zumindest so tun, als ob ich mich freue, auch wenn es nicht so sein wird. Mir hat das unglaublich weh getan. Er ist die Liebe meines Lebens, auch wenn die Beziehung nicht lange war, für uns beide war es DIE Beziehung, es hat ALLES gepasst, wäre er nicht psychisch so angeschlagen. Er schliesst nicht aus, dass es eine gemeinsame Zukunft gibt, aber nicht in absehbarer Zeit, nicht auf dieser Basis in seinem Zustand und das ist mir auch klar.
Ich sagte ihm, dass ich ihm seinen Sommerhut, der noch bei mir ist, zuschicken werde. Nein, ich fahr zu dir in vier Wochen. (Ich lebe ca. 50 Min. entfernt) Warum? Weil ich dich sehen will. Jetzt ist alles zu emotional, dann kann man das objektiver betrachten. Und wir werden uns wiedersehen, garantiert. Ich sagte ihm, ich kann das nicht, es würde mir das Herz brechen in vier Wochen. Dann eben in 8. Dein Weihnachtsgeschenk bekommst du auch noch.
Als ich mich gefasst hatte, konnte ich sogar lächeln, wenngleich alles in mir schrie. Streichelte seinen Arm. "Du wirst drüber hinweg kommen. Vielleicht gehe ich auch wieder ins Ausland, vielleicht war das doch mein richtiger Weg." Er sah mich nur traurig an, schüttelte den Kopf, flüsterte "Nein."
So haben wir uns verabschiedet. Er hat mich fest gedrückt. Ich hab ihm für die schöne Zeit gedankt, ihm laufen die Tränen runter. Als ich in den Aufzug gestiegen bin, hab ich ihn oben toben gehört.
Als ich unten war, bin ich auf dem Boden zusammengebrochen.
Mich hat es innerlich zerrissen heute Nacht, ich sehe nur schwarz, nur Leere. Musste mich übergeben. Er ist überall und nirgends, überall sehe ich Erinnerungen. Ich weiss nicht, ob es Hoffnung gibt. Wann. Wie. Was die Zukunft bringt. Warum sich zwei Menschen trennen müssen, die sich offenbar lieben. Ich will mit niemand anderem eine Zukunft, ich würde warten. Er WAR es. Ob ich für ihn da sein soll oder mich nicht mehr melden, damit er erkennt, wie es ohne mich ist.
Ob es eine Chance für uns gibt.
Bitte helft mir.