Ich brauch' mal einen Rat von euch, ihr Lieben.
Ich bin mit meinem Freund schon über vier Jahre zusammen und liebe ihn wirklich sehr. Es gibt unglaublich viele Dinge, die ich an ihm schätze- aber auch eine Sache, die mir totales Kopfzerbrechen bereitet...
Wir kommen aus ein bißchen unterschiedlichen Ecken- ich bin Akademikerin, hab' immer gute Noten gehabt und mache beruflich das, was ich schon mit 15 machen wollte- erfolgreich, ist mir auch wichtig. Mein Studium fiel mir aber u.a. auch deshalb leicht, weil ich immer relativ viel Rückhalt von zuhause hatte; also meine Eltern haben mich finanziell und auch sonst stets unterstützt, wenn es Not tat- wenn jetzt auch nicht verwöhnt bis zum Gehtnichtmehr (da kenn' ich anderes von Freundinnen). Aber sie waren halt da, wenns brennt; das wusste ich und bin ihnen dafür auch sehr, sehr dankbar.
Mein Freund ist Scheidungskind, selbst auch einmal geschieden und schon mit 17 von zuhause weg, hat nach der Realschule 'ne Ausbildung gemacht und arbeitet seitdem- zu seinen Eltern hat er jetzt im Erwachsenenalter beiderseits ein einigermaßen okayes Verhältnis; sie haben aber auch immer klar gemacht, dass sie für Probleme nicht zuständig sind- egal, ob es um Krankheit, finanzielle Engpässe oder was auch immer geht.
Ich persönlich habe totale Hochachtung davor, was mein Liebster selbst aus seinem Leben gemacht hat- er hatte oft sehr widrige Umstände und hat dennoch stets den Kopf oben behalten. Kein Plan, ob ich das in seiner Situation auch so gekonnt hätte wie er...
Er hingegen hat so eine Art "Bildungs-Komplex", hadert sehr damit, dass er seine beruflichen Träume nicht verwirklichen konnte (was viel an seinem background liegt) und fühlt sich subjektiv Leuten mit Abi, Diplom etc. unterlegen (was er vom Intellekt nicht ist).
Eingangs der Beziehung hat er mir vieles erzählt, was nicht stimmt- u.a., dass er sein Abi auf dem zweiten Bildungsweg nachgemacht habe und dass er zusätzlich zum Job studiert habe, das aber abbrechen musste, nachdem er in eine Leitungsfunktion befördert wurde- das mit der Leitungsfunktion stimmt, der Rest ist frei erfunden (da er "das Gefühl hatte, dass er sonst keine Chance bei mir hat"). MIR hingegen ist es total wurscht, ob jemand studiert hat, steinreich ist, alle Hauptstädte Afrikas rückwärts aufsagen kann oder was auch immer- ich finde (und bin auch so erzogen worden), dass man sich 'nen Partner sucht, den man schätzt und mit dem man leben möchte, nicht einen, der einen finanziert oder statusmäßig höher steht. Ich will ihn und keinen anderen- trotzdem belastet es mich total, dass er mir einfach das Blaue vom Himmel runter erzählt, wenn ihn das Gefühl beschleicht, sonst irgendwie "unwürdig" zu sein.
Teilweise kamen diese Sachen erst nach Jahren durch Zufälle raus (z.B., weil ich 'ne Bewerbung schreiben musste, seinen Lebenslauf als Vorlage benutzen wollte und mich dann wunderte, warum er da "Realschule" als höchsten Schulabschluss reinschreibt) und sie haben sich mittlerweile total verselbständigt, d.h. z.B. meine Eltern und Freunde glauben nach wie vor das, was er mir anfangs erzählt hat.
Und ich merke, dass wann immer es "schwierige" Themen gibt, ich befürchte, dass er mir irgendwelche geschönten oder halbwahren Geschichten erzählt (was auch durchaus vorkam, habe da einen guten Riecher).
Mittlerweile kenne ich, glaube ich, die ganze Wahrheit- nach endlosen, wiederholten Frage-Antwort-Spielen. Hätte er mir sie gleich zu Beginn erzählt, hätte ich ihn kein Stück weniger toll gefunden.
Ich finde es aber super schwer damit umzugehen, dass er mir quasi diese komischen Maßstäbe unterstellt und auch damit, mich immer wieder zu fragen, ob das jetzt wirklich die Wahrheit war, wenn ich mit ihm über irgendwas rede. Ich finde einfach nicht so richtig einen Abschluss damit- kann man das? Was soll ich bloß machen?? :???: