Mein Freund und ich sind Ende zwanzig, seit dem Sommer verlobt, nach vergleichsweise kurzer Beziehung (2,5 Jahre), er ist Referendar, ich fast fertig mit dem Studium, wir wissen, wo wir hinwollen. Ich mag ihn , aber ich dachte eigentlich, dass wir eher in Richtung Trennung unterwegs sind, weil wir häufig sehr unterschiedlicher Meinung sind. Trotzdem habe ich "Ja" gesagt, weil wir uns schon gut verstehen und ich mir an sich eine Zukunft mit ihm vorstellen kann. Außerdem bin ich so glücklich und dankbar, dass er mich trotz meiner ganzen Macken liebt und so viel ausgehalten hat. Wenn ich aber sehe, wie befreundete Paare miteinander umgehen oder auch einfach nur Freunde untereinander, oder daran denke, wie die Beziehung mit meinem Exfreund war, mit dem ich vorher schon so richtig gut befreundet war, dann habe ich so viel Angst, dass das auf lange Sicht nichts wird... Eine gute Freundschaft war eigentlich für mich immer eine Grundvoraussetzung, trotzdem bin ich mit meinem Freund zusammen, obwohl wir nicht mal den gleichen Humor haben und er mich bzw. meine Freunde/Bekannten anfangs so sehr verurteilt hat dafür, wie Männer und Frauen in der Clique miteinander umgehen, dass sie "gar nicht normal befreundet sein können", dass ich mich mittlerweile schlecht fühle, wenn mich ein Kumpel überhaupt berührt. Bei meinem Freund muss ich auf Dinge wie spontane Nackenmassagen, Umarmungen, Kitzeln & so weiter allerdings auch verzichten, das macht er einfach nicht gerne bzw. von sich aus. Wenn er mich anfasst, will er eigentlich immer gleich Sex (was noch ein anderes Thema ist, mit dem ich mich mittlerweile abgefunden habe), was mir aber fehlt, ist diese freundschaftliche Zärtlichkeit, die ich von früher kenne. Das ist nur ein Aspekt von einigen, bei denen wir unterschiedliche Vorstellungen davon haben, wie Beziehungen funktionieren und wie man miteinander umgeht. Deshalb habe ich mich im letzten Jahr mehrmals fast von ihm getrennt, es aber jedes Mal letztlich doch nicht übers Herz gebracht. Dann kam der Antrag und ich konnte nicht "Nein" sagen, aber wirklich wohl gefühlt habe ich mich mit dem "Ja" eben auch nicht. Ich weiß einfach nicht, ob das, was ich für ihn empfinde, wirklich Liebe ist.
Am Wochenende war ich nun mit einigen Freunden und Bekannten unterwegs, ohne meinen Freund, und es war wie früher: Wir haben gefeiert, getrunken, herumgealbert, es gab wenig Berührungsängste - auf eine freundschaftliche, herzliche Art, ich habe mich nie bedrängt gefühlt. Dort gab es auch einen Typen, den ich vorher gar nicht kannte, aber so, wie er mit mir und den anderen Mädels umgegangen ist, da habe ich gleich gedacht, shit, ich wünschte, mein Freund wäre auch so. So, wie mein Ex & auch mein bester Freund aus Schulzeiten. Dann habe ich auch noch von ihm geträumt und danach habe ich dann jedes Mal, wenn er mich berührt hat, Herzklopfen bekommen. Ich habe nicht ernsthaft Interesse an ihm, aber es war irgendwie ein kurzer Einblick in das, was sein könnte, mit einem anderem. Mit einem, den ich niemals kennenlernen werde, wenn ich im Mai tatsächlich meinen Freund heirate. Weil wir noch nicht einmal zusammen wohnen, habe ich für mich beschlossen, nicht gleich die Reißleine zu ziehen, sondern erstmal zu ihm zu ziehen und zu sehen, ob sich etwas verändert. In welche Richtung auch immer - ich kann mir ja auch nicht nicht vorstellen, ihn zu heiraten. Ich weiß es nur einfach nicht. Und jetzt ist mein WG-Zimmer gekündigt, schon eine Nachmieterin gefunden und ich denke schon daran, was ich mache, wenn ich bei ihm wieder ausziehen muss.
Hat jemand einen Rat oder Ähnliches erlebt? Ich möchte nicht mit Freunden darüber sprechen, die ihn kennen, aber ich muss einfach mal darüber reden und eine Einschätzung von außen hören.
Danke schonmal fürs Lesen :-*
Lolo