Ich (29) habe mir Anfang dieser Woche selbst das Herz gebrochen und vielleicht das meines Geliebten noch dazu. Und nun weichen dem anfänglichen Stolz über meine doch so heroische und selbstlose Tat langsam die Zweifel, ob ich damit nicht doch alles kaputt gemacht habe. Aber ich will von Anfang an erzählen.
Vor circa 8 Jahren lernte ich meinen jetzigen Mann kennen; er war um einiges älter als ich, zudem verheiratet und Vater zweier kleiner Kinder, ach und auch noch mein Dozent an der Uni. Wir verliebten uns sehr schnell ineinander und bald gab er seine Ehe auf und zog zu mir. Die ersten Jahre waren nicht leicht für uns beide, seine Zweifel an der auch moralischen Richtigkeit seiner Entscheidung nagten an ihm und auch ich musste die Tatsache, dass ich eine Ehe zerstört und zwei kleinen Kindern den Vater weggenommen hatte, verdauen. Doch unsere Liebe zueinander war stärker und nach etwa vier Jahren heirateten wir beide. Heute gibt es ein sehr gutes Verhältnis zu seiner ehemaligen Familie, die Kinder sind oft bei uns und hängen doch sehr an mir.
Im Sommer letzten Jahres lernte ich dann meinen S. bei einem Vorstellungsgespräch kennen. Wir beide bekamen dann auch die Stelle und arbeiteten zukünftig wenn auch an unterschiedlichen Standorten zusammen. S. flirtete ziemlich offensiv mit mir (er wusste nicht, dass ich verheiratet bin), was ich zunächst abwies. Doch irgendwann im letzten Winter verliebte ich in ihn und wir kamen dann auch recht schnell zusammen.
Ich hatte meinem Mann gegenüber zunächst keinerlei schlechtes Gewissen und wollte eh nur eine kleine Affäre, eigentlich nur etwas sexuelle Ablenkung. Nach all den Jahren mal einen andere Körper spüren, das Gefühl haben, begehrt zu werden, ja so in der Art. Doch meine Gefühle für S. wurden immer stärker je besser ich ihn kennen lernte. Mit meinem Mann lief es immer schlechter; er ahnte etwas, konnte mir allerdings nichts beweisen. Er versuchte, mich einzusperren und zu kontrollieren, was verständlich war, aber mich immer mehr abstieß. Ich weiß sehr genau, was ich meinem Mann und meiner Ehe angetan habe und kann mir schon lange nicht mehr in die Augen sehen. Lange Zeit dachte ich, dass es das Beste sei, der momentanen Verliebtheit zu S. nachzugeben und unsere Affäre dann aufzugeben, wenn diese Verliebtheit langsam verschwindet.
Ich kenne mich und weiß eigentlich, dass ich noch nie allzu lange verliebt war. Doch diesmal war irgendetwas anders; es ging einfach nicht weg. Wir trafen uns meist zweimal die Woche, ich lernte all seine Freunde kennen und war so was wie seine Freundin. Seine Gefühle mir gegenüber waren oftmals nicht sehr klar, jedenfalls konnte er die mir häufig nicht so zeigen, wie ich es eigentlich gewohnt bin. Ich glaube, dass er mich sehr mag und weiss, dass er sich immer stärker eine ganz normale Beziehung zu mir wünschte. Doch die kann ich ihm verständlicherweise nicht geben, solange ich noch bei meinem Mann bin. Und so bin ich seit Monaten hin und her gerissen zwischen dem tiefen Bedürfnis mit S. zusammen sein zu wollen und der Tatsache, dass ich meinem Mann diese Wahrheit einfach nicht antun kann. Ich denke, dass ich meinen Mann nicht mehr liebe, sondern vielmehr an all dem Vertrauten, der Sicherheit und der Geborgenheit in unserer Ehe hänge. Doch all dies ist mir eben auch sehr wichtig und ich weiß, dass ich dies bei S. nicht finden werde. Zudem denke ich, dass ich nicht so einfach eine Beziehung beenden darf, für die ich einst einer Frau ihren Mann und zwei kleinen Kindern den Vater genommen habe.
Und so schiebe ich seit Monaten die schwierigste Entscheidung meines Lebens vor mir her, habe sie zu oft verdrängt und gehe daran fast kaputt. Mich für eine ungewisse Zukunft mit S. von all dem trennen, was mir einst wichtig war und auch noch ist? Oder mich für meinen Mann und für meine Ehe von S. trennen und mein altes Leben weiterführen? Also das klassische Dilemma zwischen Herz und Verstand.
Diesen Montag hielt ich es nicht mehr aus und traf endlich eine Entscheidung: Ich schrieb meinem S., dass wir uns erstmal nicht bzw. vielleicht nie wieder sehen werden. Dass dies aber wohl der richtige Weg zu einer Entscheidung sei, die ich nicht mit ihm und schon gar nicht wegen ihm treffen kann.
Dass ich ihn aber dennoch unglaublich lieb habe und ihn sehr vermissen werde. Mein Plan war, dass ich schauen wollte, ob ich ohne S. leben und meine Ehe weiterführen kann. Ich glaubte, dass mein Leben einfacher wäre, wenn ich zusätzlich zu der o.g. Entscheidung, nicht mehr darüber nachdenken müsste, wann ich S. das nächste Mal sehen könnte bzw. darüber grübeln müsste, ob er mich auch so sehr liebt wie ich ihn. Zudem will ich mich unabhängig von S. von meiner Ehe trennen, schon allein um ihm die Verantwortung dafür zu ersparen. Ich weiß ja selbst am besten, wie das ist.
Schöner Plan!! So ein Quatsch natürlich würde ich mich nur wegen ihm von meinem Mann trennen!!
Ich vermisse ihn so sehr, möchte wissen wie es ihm geht und ob er mich noch liebt. Ich bin zutiefst traurig und kann nur noch an ihn denken. Er meldet sich verständlicherweise nicht bei mir, vielleicht ist er ja auch froh, dass all dies ein Ende hat. Und so wende ich all meine Kraft auf, ihn nicht anzurufen oder bei ihm vorbei zufahren.
Ich weiß so vieles nicht und habe solche Angst vor der Zukunft. Ich hasse mich für das, was ich getan habe. Ich habe meinen Mann, meine Freunde, meine Familie und meine Arbeitskollegen (die von all dem nichts wissen, auch wenn S. längst woanders arbeitet) und auch S. so oft angelogen, bloß um meine ureigensten Interessen nachzugehen.
Außer meine beste Freundin weiß keiner von meiner Affäre, deshalb suche ich Euren Rat .. .