Hallo
Nun muss ich auch mal was dazu sagen. Ist schon interessant was man hier liest.
Also, ich war zu alten Zeiten SAS Soldat in der Ostarmee.
Große Wahlmöglichkeit ob man geht oder nicht gab es kaum. Entweder 18 Monate Armee, oder 2 Jahre Bautrupp, was eher wie ein Strafkommando behandelt wurde.
Also musste eigentlich jeder gehen. Einzig über die Dauer wurde entschieden.
Da ich mich nicht länger Verpflichten wollte als diese 18 Zwangmonate, bat man mich mehrfach zum „Gespräch“ ... um es mal nett auszudrücken. Ich hatte eine saubere Weste und keine Verwandtschaft im „feindlichen Kapitalismus“ und somit war ich ein kleines Sahnestückchen. Da ich aber dem Druck der „Gespräche“ stand hielt, wandelte sich die nette Atmosphäre in weniger gute Stimmung und man wollte mich für meine Untat bestrafen.
Erst drohte man mir mich mit 28 zu holen, wenn ich Familie habe und das ich dann „an den Arsch der Welt“ geschickt wurde. Tja ... zog auch nicht. Meine Reaktion darauf: Bitte schön, ich freu mich drauf.
Dankbarerweise überlegte es man sich und holte mich schon 1 Jahr später.
Was folge waren 18 Monate Horror. 4 Wochen normale Grundausbildung, dann 3 Monate härterer „Feinschliff“ mit allerhand Psychospielchen.
Dann ging es raus. Ich war in all der Zeit nur 3x zu Hause. Von den 548 Tagen war ich über 350 Tage nur draußen unterwegs. Am Ende noch 4 Monate Kasachstan. Ohne das mich übrigens jemand dazu fragen musste. Du warst Soldat und fertig. Wahl gab es nicht.
Man wurde einige Monate vorher informiert, noch mal Ausbildung für den Einsatz dort und ab ging es im Güterzug.
Es war die schlimmste Zeit meines Lebens.
Das Fazit am Ende. Ich hab ein Auge zu 80% eingebüßt. Dank Strahlung ist Kinder zu zeugen kaum mehr möglich. Da lebt fast nix mehr. Aber ICH lebe. Das ist an Ende wichtig.
Ich musste am letzte Tag unterschreiben, das ich okay bin und gesundheitlich unversehrt.
Man zwang mich und alle anderen dazu und das unter der Androhung dann nicht entlassen zu werden. Natürlich wollte jeder weg und ich auch. Es hätte im Osten sowieso nie irgendeine
Entschädigung gegeben.
In den Tagen draußen, hatte ich natürlich kein Bett. Man schlief, wann und wo es eben ging. Mir gehörte lediglich eine Zeltplane und eine Decke. Darunter schlief ich. Egal ob es nass oder kalt war. Und das mitunter 9 Wochen am Stück. Zusammen eben fast 350 Tage.
Im Winter bin ich mit den Stiefeln am Erdboden festgefroren.
Hat jemand eine Ahnung wie es ist bitterlich zu frieren, aber nicht in 10 Minuten den warmen Bus zu betreten, sondern mit dem Wissen, dass noch 3 Wochen vergehen, bis man einen warmen Raum betritt?
In den wenigen Tagen in der Kaserne freute man sich wie ein kleiner Junge in einem Bett schlafen zu können. Sauber, trocken und warm. Endlich duschen ... es gab nur einen Hahn, Kaltwasser.
Oft aber waren wir nur wenige Tage dort, dann ging es wieder raus.
Kontakt zur Welt draußen gab es kaum. Wenn ich „unterwegs“ war und Feldpost schrieb,
musste ich sie sammeln und sie war oft lange Tage dann unterwegs.
Selber Post bekam man kaum. Wir waren ja in der Pampa und immer woanders. In der Kaserne dann konnte man anrufen. Handy gab es ja nicht, also nutze man die Telefonzelle im „Objekt“. Ach so, die war nur 1 Stunde am Tag geöffnet und viele standen Stundenlang an. Naja, es waren ja nur 2000 Mann für diese eine Möglichkeit. Aber es gab eh kaum Telefone zu Hause und so hielt sich der Andrang in Grenzen. Ausgang bekam ich logischerweise nur wenn ich mal in der Kaserne war. Ich kann es an einer Hand abzählen. Ansonsten draußen war Montag, wie Sonntag ...man vergaß im laufe der endlosen Wochen.
Gehirnwäsche ... man schlief mit der AK47 im Dreck. Munition ... scharf.
Einziger Höhepunkt des Tages: Der Abendliche Sandmann im Kofferradio Kurzwelle.
Einige hatten Kinder und sie wusste, dass sie jetzt gerade auch den Sandmann hören. Ein Gefühl wie „zu Hause“ sein.
Ich hab mich sehr verändert in dieser Zeit. Man schaffte es zwar nicht mich zu brechen, aber man gab mir etwas mit, was ich nie wieder vergessen werde.
Ich sah Menschen sterben. Ich verlor Kameraden mit denen man einen Tag vorher noch lachte. Selber hatte ich mehrmals Glück (zuviel?) aber Zeugnisse dieser Zeit trage ich auf ewig an meinem Körper. Ich weiß nicht, wie oft ich für Sekunden taub war, wenn der Knall durch den Körper jagt und einem Nadelstiche bis in die Zehenspitzen versetzt.
Ich hab Männer kennen gelernt, die zum Bettnässer wurden. Männer die dem Druck nicht standhielten und Selbstmord begingen. Ich hab Männer kennen gelernt die nicht mehr begriffen wie es ist „draußen“ zu leben, als Zivilist.
Waren es Männer? Nein, wir waren Jungs die hier her mussten.
Ich saß Weihnachten in eine Einzelzelle im Keller, weil ich selber unter psychischen Stress durchdrehte. Ich war nur wenige Tage in der Kaserne und meine Freundin besuchte mich am Heiligen Abend. Aber man lies sie nicht zu mir. Ich hatte sie Monate nicht gesehen ...
Seit der Zeit da draußen, hat das Wort „Durst“ eine neue Bedeutung für mich. Wenn man so weit ist, dass man aus eine Schlammpfützen mit den Händen ein paar Tropfen rettet um sie zu trinken, dann hat das nichts mehr damit zu tun was ich heute mal erlebe, wenn ich Durst habe.
Wenn man nach wachen Tagen und Nächten unter extrem Stress, im Stehen einschläft, hat das nichts mehr mit der Müdigkeit zu tun, die ich heute manchmal habe.
Ich weiß nicht, die Zeit damals hat mich mehr geprägt als alles davor und danach.
Sie hat mich vom Jungen, zum Mann gemacht. Zu welchem Preis nur ...
Als ich endlich entlassen wurde, erkannten mich meine Verwandten auf der Straße nicht mehr, so sehr hatte ich mich verändert. Hausbewohner schauten mich ungläubig an, ob ich denn wirklich ...
Ich bin still geworden nach dieser Zeit. Es dauerte fast 1 Jahr bis ich mich wieder „eingelebt“ hatte und auch ein Lachen in mein Gesicht zurückfand.
Dennoch streiche ich diese Zeit nicht aus meinem Leben.
Es ist alles lang her, aber vergessen werde ich das nie. Ich war damals 19 Jahre alt.
Sehe ich heute die Bundeswehr ..... da lache ich mich tot.
Man sollte das Geld sparen und lieber Zivilschutz zur Pflichtzeit machen.
Da hat das Geld wenigstens noch Sinn.
Die alten Zeiten sind zum Glück Vergangenheit und 9 Monate Wehrdienst in der Bundeswehr sind wohl mehr Abenteuerurlaub als alles andere.
Lass ihn gehen und hab nicht solche Bedenken. Er wird sicher nicht in solche Situationen kommen, wie ich sie so jung erleben musste. Ja, ein wenig erzogen wird er dort schon werden. Aber das kann und sollte auch Dir später zugute kommen. Es ist auch seine Entscheidung. Lass ihn in seiner „Abenteuerwelt“ stolz sein. Das wird ihn nicht verändern.
Keine Angst, Du bekommst ihn so zurück, wie Du ihn abgibst.
Liebe Grüße
Stromer