Mir ist aufgefallen daß viele Leute, wenn sie von ihrer großen leibe sprechen, meistens eine unerfüllte Liebe meinen.
Kann es sein, dass nur solche Lieben perfekt sind?
Unerfüllte Liebe hat es ja leichter: Sie muss dem Alltag nicht widerstehen. Sie muss sich nicht ums Müllruntertragen, um Arbeitslosigkeit, Morgenmuffelismus und fiese Schwiegermütter kümmern. Man stellt sie auf ein Regal, staubt sie gelegentlich andächtig ab und ist froh, dass man sie hatte.
Erfüllte Liebe muss so viel mehr können: Sie muss trösten und beistehen, sie muss nach 20 Jahren noch sexy sein, sie muss Kinderkrankheiten überstehen und Behördenärger und das gemeinsame Aussuchen von Wohnzimmervorhängen. Sie muss Tage überstehen, an denen mich jeder nervt, inklusive meinem Schatz. Sie ist darum nicht immer eine "große Liebe". An manchen Tagen ist sie klein und versteckt sich. An manchen Tagen hat man keine Zeit für sie und muss sie in den Kühlschrank packen. Sie wird, durch unlösbare Probleme und kleine Lügen und Streit, manchmal ganz schön schmutzig, so dass man sie gelegentlich in die Waschmaschine stecken muss. Wenn sie das übersteht, dann war's eine stabile Liebe.
Als ich meinen Lebensgefährten getroffen habe, war's überhaupt nicht wie im Film. Auch die Geschichte, wie wir zusammen kamen, taugt nicht für Hollywood, und keiner von uns dachte damals an "ewige Liebe". Es ist nicht einmal eine "einzige Liebe" - ich kann auch andere lieben, das weiß ich und hab's auch getan. Und eine "perfekte Liebe" ist es schon gar nicht.
Aber nach so vielen Jahren - wenn man jeden Tag eine kleine Liebe hatte, vielleicht ergibt das zusammengezählt auch eine ganz große Liebe?
LG
miriane