Loyalität
...dazu einmal ein paar Worte von Pascal Mercier (Nachtzug nach Lissabon)
"LEALDADE POR
Die Gründe, aus denen heraus Loyalität entstehen kann.
Schuld am anderen, gemeinsame Entwicklungsschritte; geteiltes Leid; geteilte Freunde; (...); Gemeinsamkeit der Ansichten; gemeinsamer Kampf gegen außen; gemeinsame Stärken, Schwächen; Gemeinsamkeit im Nähebedürfnis; Gemeinsamkeit des Geschmacks; gemeinsamer Hass; geteilte Geheimnisse; geteilte Phantasien, Träume; geteilte Begeisterung; geteilter Humor; geteilte Helden; gemeinsam getroffene Entscheidungen; gemeinsame Erfolge, Misserfolge, Siege, Niederlagen; geteilte Enttäuschungen; gemeinsame Fehler.
Er vermisse auf der Liste die Liebe, sagte Gregorius. O'Kelly's Körper spannte sich und für eine Weile war er hinter dem Rausch wieder ganz wach.
"Daran glaubte er nicht, Mied sogar das Wort. Hielt es für Kitsch. Es gebe diese drei Dinge, und nur sie, pflegte er zu sagen: Begierde, Wohlgefallen und Geborgenheit. Und alle seien sie vergänglich. Am flüchtigsten sei die Begierde, dann komme das Wohlgefallen, und leider sei es so, dass die Geborgenheit, das Gefühl, in jemandem aufgehoben zu sein auch zerbreche. Die Zumutungen des Lebens, all die Dinge, mit denen wir fertig werden müssten, seien einfach zu zahlreich und zu gewaltig, als dass unsere Gefühle sie unbeschadet überstehen könnten. Deshalb komme es auf die Loyalität an. Sie sei kein Gefühl, meinte er, sondern ein Wille, ein Entschluss, eine Parteinahme der Seele. Etwas, das den Zufall von Begegnungen und die Zufälligkeit der Gefühle in eine Notwendigkeit verwandle. Ein Hauch von Ewigkeit, sagte er, nur ein Hauch, aber immerhin.
(...)
Später, als wir wieder in Lissabon waren, beschäftigte ihn oft die Frage, ob es auch etwas gibt wie die Loyalität sich selbst gegenüber. Die Verpflichtung, auch vor sich selbst nicht davonzulaufen. Weder in der Vorstellung noch in der Tat. Die Bereitschaft zu sich zu stehen, auch wenn man sich nicht mehr mag."