Mein Mann und ich sind seit 5 Jahren miteinander bekannt und seit 2 Jahren verheiratet. Seit einem halben Jahr habe ich einen Zweitwohnsitz, aber ich wohne zeitweise auch im gemeinsamen Haus (steinigt mich bitte nicht für die Inkonsequenz). Ich möchte mich scheiden lassen, aber ich habe absolut keinen Rückhalt, wenn es hart auf hart kommt.
Nach meinem Studium war es sehr swchwer für mich, eine adäquate Stelle zu finden. Als Kulturwissenschaftlerin hat man es leider nicht leicht, auch nicht mit ausgezeichneten Zeugnissen und Referenzen. Ich musste leider Jobs annehmen, die unter meinem Ausbildungsniveau waren, und habe mich zudem aufgrund der Notwendigkeit selbständig gemacht, um Geld zu verdienen und unabhängig zu bleiben. Erst jetzt, drei Jahre nach dem Studium, habe ein wirklich gutes Jobangebot, das mich auch fachlich herausfordert.
Unser Kernproblem war schon immer "Geld". Ich stamme aus einer gutsituierten Familie (beide eltern Akademiker), habe jedoch aufgrund schwerwiegender persönlicher Differenzen keinen Kontakt mehr zu meinen Eltern. Er hingegen stammt aus einer einfacheren Familie, in der das Lebensmotto das "Hocharbeiten" galt, hatte jedoch das Glück, dass seine generöse Mutter ihm fast ihr gesamtes Erbe vermacht hat. Während meine Eltern prinzipiell vermögender waren als seine, hat er dennoch immer mehr Besitztümer gehabt. Und obwohl ich ein Einzelkind bin und er einen Bruder hat, kann ich gut mit anderen Menschen teilen, er aber überhaupt nicht. Hinzu kommt, dass er, während meiner Jahre der engagierten Jobsuche und Selbständigkeit, stets einen gutbezahlten, krisensicheren Arbeitsplatz innehatte.
Von Anfang an offenbarte er, dass es ihm unmöglich ist, zu teilen. Im Grunde denke ich mit einem Lächeln daran: den Cappucchino beim ersten Date wollte er tatsächlich nur hälftig bezahlen. Während vieler Jahre der Beziehung ist er sage und schreibe nur ein einziges Mal mit mir zusammen einkaufen gegangen und hat mir eine Tasche gekauft, aber das war mir aufgrund seines ablehnend-gezwungenen Verhaltens so unangenehm, dass ich den Verlauf nicht nochmals wiederholen möchte. Manche Situationen sind noch weniger scherzhaft. Auch innerhalb unserer Ehe herrschen klare "Geldverteilungen": was ich verdiene, gehört mir, und wenn ich darüberhinaus Geld benötige, muss ich es ihm zurückzahlen. Auch das ginge noch an, doch es nimmt grössere Ausmasse an. Während meiner Phase der Selbständigkeit, als es nicht so gut lief, terrorisierte er mich fast. Er wird sofort aggressiv, sobald er den eindruck gewinnt, dass ich nicht genug "einbringe" und etwa von ihm abhängig werden könnte. Als ich z.B. einmal eine Kooperation ausschlug, weil ich ein ungutes Bauchgefühl dabei hatte, hat er mich angebrüllt und mit Blicken und Gesten schikaniert. Noch gestern wurde er aggressiv, weil er derzeit viele Rechnungen zu bezahlen hat und ich beruflich noch nicht so etabliert bin, dass ich ihn unterstützen kann.
In Gedanken nannte ich ihn schon manchmal "Zuhälter". Das ist böse und unangemessen, ich weiss. Aber es scheint doch so, dass er nur mit einer sehr vermögenden oder exorbitant gut verdienenden Frau ein glückliches Leben zu führen imstande ist. Heute ist mir etwas passiert, was mir die Dringlichkeit unseres Problems bewusst gemacht hat. Ich arbeite neben dem neuen Job noch auf 400-Eur-Basis selbständig. Aufgrund seiner fortgesetzten Szenen wegen angeblicher Geldknappheit habe ich nun meinen Kooperationspartner entgegen meiner ursprünglichen Absicht mit einem unaufgeforderten Arbeitsauftrag "überfahren", woraufhin er verständlicherweise sehr ungehalten reagiert hat. Ich schäme mich fast für mein Verhalten, denn eigentlich bin ich weder materialistisch, noch unhöflich, aber der druck lässt mich unangemessen handeln. Durch diesen anhaltenden Terror, aber wohl auch meine eigene Unfähigkeit, mich dem zu entziehen, reagiere ich schon nicht mehr so, wie ich das von mir gewöhnt bin und wie es situationsangemessen ist.
Ich habe manchmal Angst, nicht seelisch gesund bleiben zu können, wenn ich in dieser Ehe bleibe. Nein, ich werde NICHt geschlagen, aber ich habe seit Jahren nicht mehr gelacht. Ich fühle mich wie ein Dienstbote, der missachtend behandelt wird. Andererseits habe ich tatsächlich Existenzängste, wenn ich mich trenne...so sicher ist die berufliche Perspektive nun auch nicht...es ist einfach alles ungewiss.