Ich (36) brauche dringend einen Rat von Aussenstehenden.
Ich bin seit 5 Jahren mit meinem Freund (34) zusammen, wir sind ein sehr gutes Team, verstehen uns gut, gehen sehr harmonisch miteinander um. Vor 2 Jahren ist unsere wunderbare Tochter auf die Welt gekommen, wir sind sehr glücklich mit ihr, auch wenn sich das Leben durch so einen kleinen Wurm natürlich drastisch geändert hat. Viel Zeit füreinander bleibt mir und meinem Freund nicht mehr, wir sind sehr auf die Kleine fokusiert und geniessen auch die Tatsache, dass sie so toll gedeiht... aber unsere selbstbestimmte Zeit bleibt dadurch natürlich auf der Strecke.
Mein Freund ist ein sehr sensibler, introvertierter Mensch. Ganz im Gegenteil zu mir, die ich lebendig und extrovertiert bin. Als wir uns verliebten, waren wir uns gegenseitig eine grosse Stütze in der jeweiligen Lebenssituation, heute glaube ich oft, dass wir vielleicht zu verschieden sind und dadurch in vieler Hinsicht einen Kompromiss leben??!! Unser soziales Leben ist geringer, als ich es mir häufig wünsche, er und ich können uns zwar gut unterhalten, aber ich muss die Diskussionen starten. Mein Freund verhält sich häufig abwartend und passiv, wodurch ich mich meist als Entscheidungsträgerin und Motor in der Beziehung erlebe. Andererseits ist er sehr verantwortungsbewusst, loyal, liebevoll, ein toller Vater, kreativ etc.
Eigentlich war ich in unserer Beziehung zufrieden, sehr ausgeglichen, so schien es mir.
Doch vor einem halben Jahr lernte ich einen anderen, jüngeren Mann (28) bei einem Arbeitsprojekt kennen. Ich erkannte direkt die Gefahr, die aus dieser Begegnung hervor ging, denn wir verstanden uns auf Anhieb, ich spürte, wir könnten uns ineinander verlieben. Als ich für das Arbeitsprojekt 2 Wochen nach Süddeutschland fahren musste und der junge Mann ebenso, erlebten wir eine leidenschaftliche Liebesaffäre. Ich fühlte mich, als hätte mich jemand nach einem langen tiefen Schlaf wach geküsst, verjüngt, erfrischt, verschönt, leidenschaftlich auf den Kopf gestellt. Ich war so glücklich, so verrückt nach diesem jungen Mann, dem es übrigens ganz genauso ging (nur verjüngen musste ich ihn nicht:)! Mir war klar, dass bei meiner Rückkehr nach Berlin diese Affäre ein Ende haben müsste. Wegen meiner Tochter, meines guten Mannes, wegen des ganzen Rattenschwanzes, der so einer Untreue folgen könnte, und dem ich nicht gewachsen war/bin. Und natürlich, weil man sein Leben doch nicht das Klo hinunter spült, nur weil einmal die Hormone durcheinander gewirbelt wurden.
In Berlin sah ich den jungen Mann noch ein paar mal, jedes Mal war es wie ein Rausch der Sinne, selbst wenn wir nur die Strassen entlang schlenderten.
Ich riss mich zusammen und beendete diese Treffen schweren Herzens, um mich auf meine Familie zu besinnen und hoffentlich heraus zu finden, was mich zu dieser Affäre bewegen konnte und um mir und meinem Freund eine 2.Chance zu geben. Ich erzählte ihm nicht von meiner Gefühlsverwirrung und meiner Untreue, jedoch führten wir lange Gespräche über uns, über unsere Wünsche, unsere Bedürfnisse, was uns in der Beziehung fehlt. Ich hoffte, dass die Affäre, die ich versuchte als Symptom der unterschwelligen Probleme mit meinem Freund an zu sehen (und nicht als....Liebe?!), endlich aus meinem Herzen verschwinden würde. Dass ich endlich wieder mit Haut und Haar und Herz und Libido zu Hause ankommen würde.
Glücklicherweise zog ich für ein weiteres Arbeitsprojekt für 2 Monate mit meiner Tochter aus Berlin fort, und ich war mir sicher, dass der Spuk bei meiner Rückkehr endlich vorbei sein würde.
Nun bin ich also zurück gekehrt, 10 Tage nun wieder in den eigenen vier Wänden...meine kleine Tochter ist überglücklich endlich wieder in ihrem Zimmer zu sein, Mama und Papa beieinander zu haben. Aber mein Herz ist sooo schwer. Ich vermisse den jungen Mann oder dass, was er bei mir ausgelöst hat, so sehr. Ich bin distanziert zu meinem Freund, der auch mit Distanz reagiert. Wir leben nebeneinaner her, überschütten die Kleine mit Aufmerksamkeit und Liebe, und ich sehne mich nach der Verliebtheit, dem Sex, dem Neuanfang, den der Andere für mich versprach.
Ich will meine Familie nicht zertstören, meine Tochter liebt uns Beide so sehr, mein Freund war immer so ein toller Partner - sollte ich die Zähne zusammen beissen und darauf hoffen, dass meine Gefühle endlich wieder zu ihm finden? Oder muss ich mit ihm sprechen, über das, was mich umtreibt, mich schweifen, träumen, sehnen lässt? Ich habe so Angst. Angst vor einem Leben im Kompromiss, aber auch Angst, zu zerstören, was doch eigentlich gut war! Kann mir jemand helfen? Hört das irgendwann auf, mit der Sehnsucht? Kann ich mich wieder in meinen Freund verlieben, auch, wenn es sich zur Zeit gar nicht so anfühlt? Was soll ich tun?