Ihr Lieben,
ich bin nun am Überlegen, ob ich eine Freundschaft beenden sollte, die am Anfang meines Studiums begann. Im Februar werde ich mein Studium beenden und mich auf das Staatsexamen vorbereiten; meine Freundin wird noch freiwillig ein Jahr länger studieren. Dies war auch der Grund für unseren ersten Streit. Sie verstand nicht, warum ich mein Studium in der Regelstudienzeit fertig machen wollte. Ich denke, dass sie das hauptsächlich gesagt hat, weil sie mich nicht mehr jeden Tag in der Uni sehen würde. Als ich sie auf ihre verletztenden Nachrichten hin zwei Tage lang ignoriert hatte (sie prognostizierte mir z.B. dass meine Beziehung in die Brüche gehen würde, weil ich keine Zeit mehr für meinen Freund hätte; keine großen Reisen mehr machen könnte, weil die Zeit zwischen Examen und Referendariat die einzige Zeit sei, wo man dies noch ihrer Meinung nach erleben könnte - "während des Berufsalltags würde man solche Reisen ja nicht mehr machen"), war ich ein nervliches Wrack. Ständig schrieb sie mir, dass sie sehen würde, dass ich online sei und terrorisierte mich mit Anrufen. Selbst meinem Freund schrieb sie und drängte ihn dazu, mich zu überreden, wieder mit ihr zu kommunizieren. Er blieb aber standhaft und sagte ihr, dass sie ihn da raus halten solle. Letztendlich rief sie sogar bei meinen Eltern daheim auf dem Festnetz an (ich wohne noch daheim). Zwei Tage später bat ich sie um ein Gespräch. Es hagelte nur Vorwürfe. Dass so noch keine von ihren Freundinnen mit ihr umgegangen sei und sich jemand anderes noch nie über ihre Art aufgeregt hätte (ich hatte angemerkt, dass sie mit ihren Eltern und ihrem Freund so reden könne, aber nicht mit mir - das war für sie der Inbegriff aller Frechheit). Dass solch ein Kontaktabbruch so gemein sei. Sie weinte am Telefon. Ich ließ mir ein schlechtes Gewissen machen.
Zu ihr: sie lästert gern über andere (dass dies und jenes nicht 'normal' sei - wie z.B. die Eltern ihres Freundes. Selbst wenn ich sage, dass ich diese nicht kenne und nicht über sie urteilen möchte, ignoriert sie das und sagt: "Du musst aber zugeben, dass es nicht normal ist, wenn man 6 Kinder hat und die 14-jährige Tochter noch im Bett der Eltern schläft!"), sieht sich 'Assi-TV' an (wahrscheinlich um sich von denen eindeutig abzugrenzen?), hat noch kein Mal bei mir übernachtet (ich hingegen zwei Mal - sogar ohne meinen Freund! Ich musste selbst an ihrem Geburtstag im Zimmer ihrer Schwester schlafen, weil ihr Freund bei ihr im Zimmer schlief, obwohl sie sich jeden Tag und jede Nacht sehen), sie erwartet für alles eine Gegenleistung (als ich aufgrund der Beerdigung meines Uropas nicht in die Uni konnte und ich sie bat, mir ihre Notizen zu schicken, blieb sie die Woche drauf daheim, sodass ich ihr die Notizen schicken könne - "das ist nur fair". Vor einer Woche war sie während des Semesters im Kurzurlaub mit ihrem Freund - ich sollte ihr meine Notizen schicken. Ich werde mich nicht auf ihr Niveau begeben und ebenso eine Gegenleistung erwarten.), sie fragt mich sehr oft über meine Zukunftspläne aus (wann zieht ihr zusammen? Wann habt ihr vor, Kinder zu bekommen? Kommt dein Freund an Weihnachten? Wieso arbeitest du nicht weniger, das schafft man doch kaum wegen des Examens? Machst du noch Zumba oder hast du das bereits aufgegeben?), sie geht ins Fittnessstudio und schickt mir ihre neuesten Laufergebnisse und wie viele Kalorien sie bereits verbrannt hat (sie ist wirklich sehr dünn, aber sie lästert über magersüchtige genauso wie über stämmigere Leute), sie schenkt gerne und viel (bereist Monate im Voraus bekomme ich Bilder meines Weihnachtsgeschenks), sie backt gerne und viel (sie nimmt mir oft etwas in die Uni mit), sie will oft etwas als Pärchengruppe unternehmen, sie lädt uns oft in ihre gemeinsame Wohnung mit ihrem Freund ein, sie macht bereits Pläne wie unsere Freundschaft nach meinem Studium weitergehen soll, ...
Das Problem: ich kann nicht gleich die Freundschaft beenden. Wir sehen uns mindestens zwei Mal die Woche in der Uni, weil wir die gleichen Seminare besuchen (sie müsste diese noch gar nicht besuchen, aber das wollte sie dennoch unbedingt - wegen mir?). An meinen oben genannten Ausführungen ist euch sicher bewusst geworden, dass sie mich nicht so leicht in Ruhe lassen würde. Ich habe zudem momentan wichtigere Dinge als Streitereien mit ihr. Sie würde einen Kontaktabbruch nicht verstehen, das habe ich bereits versucht. Meistens entwickeln sich Streits über WhatsApp, im echten Leben geht es. Ach ja: gestern lud sie uns für Freitag ins Kino ein. In der Nachricht darauf fragte sie allerdings wortwörtlich: "Warum fährst dann das ganze Wochenende zu deinem Freund hin wenn ihr eh beide lernen müsst dauernd?".
Es sind diese kleinen Nachrichten, die irgendwie komisch sind und die ich so nicht von anderen Freunden kenne. Ich schreibe ihr nur noch selten und gehe meistens nicht auf ihre Treffensvorschläge ein. Sie versteht dies aber nicht und wird nur noch aufdringlicher. Würde ich ihr dies sagen, dann hätte ich in der Uni und auch daheim keine ruhige Minute mehr.
Am Anfang unserer Freundschaft war noch alles relativ harmonisch. Erst nach und nach zeigte sie ihren Charakter und öffnete sich. Sie hat zwar auch andere Freunde an der Uni, aber an mir scheint sie einen besonderen Narren gefressen zu haben. Die anderen regen sich auch nicht über sie auf. Reagiere ich über? NIEMAND meiner Freunde und meiner Familie kann sie leiden. Jeder fragt mich immer, wie ich es mit aushalte. Eins steht fest: ein sofortiges Beenden der Freundschaft funktioniert nicht; dadurch könnte ich mich nicht mehr auf mein Studium konzentrieren. Sie würde auch während des Seminars keinen Halt vor Gesprächen machen. Ich könnte euch noch so viel mehr erzählen...