Hallo ihr Lieben,
ich würde mich freuen, wenn jemand hierzu vllt etwas beitragen kann, der gleiches erlebt und erfolgreich bewältigt hat.
Mein Freund (32) und ich (27) sind nun seit drei Jahren zusammen. Wir sind ziemlich schnell zusammengezogen, vor einem Jahr haben wir ein Haus gekauft.
Wir beide sind sehr verschieden.
Mein Freund ist sehr entspannt, ruhig und hat wenig Ziele im Leben, wenn man es so negativ darstellen möchte. Er selbst sagt, er ist halt genügsam. Er möchte irgendwann mal heiraten, Kinder und einen Hund haben, das wars. Er hat eine große Clique, die sich in unregelmäßigen Abständen (ich würde sagen alle drei Monate einmal) zum Feiern trifft. Ansonsten gibt es da nicht viel, was ihn interessiert. Er hasst es Entscheidungen zu treffen und schiebt dies immer wieder auf.
Ich selbst bin eigentlich das genaue Gegenteil dazu. Ich habe oft das Gefühl mein Leben ist zu kurz für all die Sachen, die man unternehmen kann. Ich bin tendenziell unentspannt, stehe immer unter Strom und bin gerne aktiv. Ich habe zuhause immer mehrere größere Projekte gleichzeitig am Laufen, was mir Freude bereitet, bin gerne unterwegs und probiere neue Sachen aus. Entscheidungen, auch sehr wichtige, treffe ich sehr schnell und oft impulsiv. Manchmal ärgere ich mich im Nachhinein ein wenig über mich, richtig bereut habe ich aber noch nichts.
Nun war dies bis zum Hauskauf eigentlich eine Kombi, die sich recht gut ausgleicht. Ich hab ihn angetrieben, er hat mich runtergeholt.
Der Hauskauf hat jedoch eine Vielzahl an Entscheidungen von uns verlangt. Die Verantwortung war riesengroß. Die Handwerker haben sehr viel Mist gebaut, viel lief falsch.
Meinem Freund fiel es schwer, Entscheidungen zu treffen, vor allem unter Zeitdruck. Und so habe ich alle Entscheidungen getroffen, denn Schockstarre hilft ja nicht.
In dem letzten Jahr stand unsere Beziehung regelmäßig kurz vorm Absturz, denn auch wenn es sich herrlich liest, wenn der Partner zu allem Ja und Amen sagt: Wer will das schon? Außerdem war die Belastung mit den tausenden zu bewältigenden Aufgaben auch für mich zu groß. Bat ich ihm, mir zu helfen, etwas abzunehmen sagte er stets: Ich versuchs ja. Aber gab ich ihm dann konkrete Aufgaben wie "Ruf einen Tischler an und gib ein Regal in Auftrag" musste ich wochenlang hinterher und hab es im Endeffekt selbst erledigt. Und das obschon sowohl hier beispielsweise die Maße als auch das Material des Regals bereits fest stand.
Erschwerend kam hinzu, dass ich seinerseits überhaupt keine Wertschätzung bekam für all die Aufgaben, die ich bewältigte.
Ich weiß nicht wie, wir haben viel geschrien, geweint und immer wieder hat jemand die Koffer gepackt. Aber wir haben es irgendwie gepackt. Wir sind nun enger zusammen, als vorher und mein Herz sagt mir jeden Tag, dass ich mit diesem Mann alt werden möchte. Dennoch habe ich Angst vor der Zukunft.
Ich habe mich damit abgefunden, dass ich diejenige bin, die organsiert. Er sagt selbst auch immer, dass ich einfach schneller bin in vielen Dingen.
Es gibt mittlerweile Aufgaben, die wir uns teilen. Wie Katzen füttern, Spülmaschine ein- und ausräumen, Wäsche aus dem Trockner holen und weghängen. Und es gibt Aufgaben, die nur er übernimmt, ohne dass ich jemals etwas dazu sagen muss. So achtet er immer darauf, dass die Mülltonnen an die Straße kommen. Er mäht den Rasen, wenn er gemäht werden muss. Er holt die Post aus dem Briefkasten. Und er bewässert jeden Abend die Pflanzen.
Vor einigen Wochen haben wir eine Radtour zu seinen Eltern unternommen und ich war das Wochenende davor nicht da. Da hat er einfach, ohne dass ich etwas sagen musste, eine Route zusammengestellt, wo wir langfahren können. Ich musste mich um gar nichts kümmern, nur ihm hinterherfahren. Ich war so platt und froh, dass ist seit Ewigkeiten nicht mehr passiert.
Dies liest sich vielleicht lächerlich, für mich ist das ein riiiiiiesen Fortschritt.
Nichtsdestotrotz bin ich mit dem Ist-Zustand nicht glücklich. Beispiel: Er möchte sich ein neues Auto kaufen, einen Kombi. Den können wir auch gut gebrauchen. Ich erinnere ihn mehrmals wöchentlich daran. Wir haben uns bereits auf ein ganz bestimmtes Modell einer ganz bestimmten Marke eingeschossen. Er weiß wie viel km das Auto haben sollte, wie viel es maximal kosten soll, in welchem Umkreis es stehen sollte und so weiter. Alle Randdaten sind fix. Dennoch sucht er nun seit etwa drei Monaten. Und sein altes Fahrzeug muss dringend verkauft werden. Wenn ich ihn frage, warum er nicht richtig schaut, sagt er: "Das richtige war bisher nicht dabei." Wenn ich dann schaue und ihm eins zeige, sagt er: "Ja, das hab ich auch schon längst gesehen. Aber ich hab den Verkäufer noch nicht angeschrieben." Wenn ich dann frage, warum nicht (im Nachtdienst hat er zB mehrere Stunden freie Zeit, daran scheitert es also nicht), dann sagt er, weiß ich nicht.
Ich werde schier wahnsinnig.
Anderes Beispiel. Unser Garten muss bepflanzt werden. Anmerken muss man hier, dass ich sehr gerne im Garten bin und mir die Gestaltung Spaß macht, ihm nicht.
Vor etwa zwei Monaten haben wir ein riesiges Beet ausgehoben. Obschon er eine Abneigung gegen Gartenarbeit hat, sagt er, dass er gerne ein pflegeleichtes großes Beet, das Sichtschutz bietet, haben möchte. Er ist mit mehr oder weniger bereitwillig zu einer Gartenschau gefolgt. Ich habe ihm gesagt: Schau diese und diese Pflanze finde ich gut. Er sah dies ebenfalls so.
Die Pflanzen, die wir uns aussuchten, hätten eigentlich im Juli gepflanzt werden müssen. Ich spreche regelmäßig an, dass wir zum Gärtner müssen, um die Pflanzen zu besprechen und zu bestellen. Er spricht dies und ähnliche Dinge NIEMALS von selbst an.
Wir entscheiden gemeinsam - dieses und jenes möchten wir kaufen / möchten wir unternehmen. Für die Umsetzung der Pläne bin dann ich verantwortlich.
Dies betrifft Dinge wie den Garten, ein Auto, Freizeitgestaltung. Insgesamt ist es mir einfach zu wenig. Wenn ich mit ihm darüber spreche, sagt er, dass er es weiß, dass solche Dinge nicht so gut laufen und dass er sich Mühe geben wird. Aber es ändert sich nichts!!!!!
Wenn ich ihn frage, ob es was mit seinem Problem Entscheidungen zu treffen zu tun hat, dann sagt er: "Wenn mir etwas wirklich wichtig ist, dann kann ich mich auch entscheiden." Ich weiß jedoch genau, dass dies nicht so ist. Er würde das nur nie zugeben. Es gab bereits ein zwei wichtige Situationen, wo eine Entscheidung dringend notwendig war. In der einen Situation habe ich ihm täglich "in den Arsch getreten" bis er aktiv wurde. In der anderen Situation hat er sich einfach nicht entschieden, und dass hatte verheerende Auswirkungen.
Was mache ich nun, wenn ich einmal heiraten möchte? Seine Problematik Entscheidungen zu treffen betrifft nämlich auch uns. Er sagt er möchte unbedingt heiraten und das glaube ich ihm auch. Wenn ich ihn frage wann, sagt er, keine Ahnung, in ein paar Jahren. Gleichzeitig sagt er, dass er NACH der Hochzeit Kinder haben möchte und ein junger Vater sein möchte. Halte ich ihm den Widerspruch vor, sagt er Dinge wie: "Ja ist dann so."
Ich weiß einfach nicht mehr, was ich tun soll.
Um den Konflikt beizulegen, gibt es entweder die Möglichkeit, dass ich meine Erwartungshaltung anpasse. Das habe ich bereits getan, weiter runterschrauben kann ich es nicht mehr. Bleibt also nur die andere Möglichkeit: Er muss sein Verhalten ändern. Mehr Eigeninitiiative ergreifen. Dinge, auf die er eigentlich keine Lust hat, an denen er jedoch nicht vorbeikommt (wie zb zum Gärtner gehen), erledigen. Wie schaffe ich das?
HILFE!