Um mich kurz vorzustellen :) Ich bin 19 und habe gerade mein Abitur gemacht.
Mit meinem Freund (22) bin ich seit 8 Monaten zusammen. Er ist lieb, verständnisvoll und die Art von Kerl, die meine beste Freundin lachend als "Pussy" bezeichnet.
Ich selber nehme ihn immer in Schutz, er ist eben nun mal kein Macho sondern sehr schutz- und hilfsbedürftig. Ehrlich gesagt bin ich froh, dass er so ist wie er ist und kein Machogehabe an den Tag legt. Machos gehen nämlich meiner Meinung nach gar nicht. :/ Außerdem möchte ich auch eher ruhigere Kerle, die einen gewissen Grad an Tiefgründigkeit aufweisen. Aber wie auch immer...
Ich habe meinen Freund eben letzten Sommer kennen gelernt. Er fand mich sofort süß, ich ihn eben auch. :)
Nur manche Dinge erfährt man über einen Menschen erst relativ spät. So hat er mir sehr früh erzählt, dass sein Vater gestorben ist als er noch ziemlich jung war. Fazit: Seine Mutter tut alles für ihn, und er ist leider nicht wirklich eigenständig. Er hat sich als Jugendlicher vollkommen zurückgezogen und sich seine Freundeswelt übers Internet aufgebaut. Dort war er eben in diesen Chats wie Knuddels oder Habbo Hotel aktiv. Und zwar so, dass er 24 Stunden vor dem PC saß. Er hat über diese Chats Freunde gefunden, die ihm wichtiger waren als alles andere. Seine PC-Welt war einfach alles für ihn.
Dann hat er mich kennen gelernt und gemerkt, dass es auch außerhalb dieser Chats etwas gab. Er hat aufgehört sich in diesen Chats herumzutreiben (ohne dass ich deswegen etwas gesagt hatte) und hat begonnen sich seine Welt im realen Leben aufzubauen, statt im Internet.
Nur was von dieser "Chat-Zeit" geblieben ist, sind seine seltsamen Chat-Freunde. Und hier beginnt mein Problem.
Es ist 3 Uhr nachts, wir fahren von der Disko nach hause. Sein Handy klingelt, eine Frau ist dran und fragt ihn stockbesoffen, ob er sie liebt. Er wirft einen entsetzten Blick zu mir und lallt zurück, warum sie um diese Uhrzeit anrufe. Ich war misstrauisch, was ja völlig normal ist.
Nach einigen Gesprächen zwischen mir und meinem Freund ergab sich dann, dass es sich um eine dieser Chat-Freundinnen handelte. Natürlich wäre da nichts, sie wären beide nur Freunde. Letztlich stellte sich heraus, dass er auch wirklich Recht hatte. Nur fing diese wundervolle Chat-Freundin immer öfter an ihn mitten in der Nacht (wenn sie richtig schön dicht war) anzurufen und vollzulallen. An Weihnachten, Silvester und auch zu Uhrzeiten, an denen ich wirklich gerne hätte schlafen wollen. : )
Irgendwann war diese Sache ausgereizt. Ich redete ruhig mit meinem Freund darüber, dass mich diese nächtlichen Telefonate und ihr Zugespamme (z.B. "Es ist 3 Uhr Nacht, thihi. Und ich schreib dir <3333<3<3<3") an ihn nervten und dass ich mir Sorgen machte. Und er verstand und brach allen ernstes den Kontakt zur Chat-Freundin ab. Grund zum kompletten Kontakt-Abbruch war wohl die Tatsache, dass SIE nicht einsah mit ihren häufigen nächtlichen Anrufen und lästigen "<3"-SMS an meinen Freund aufzuhören. Sie war beleidigt, ich wäre eine Zicke, etc.. Sie könne jedem so viele Herzchen-SMS schreiben, wie sie will und wann sie will.
Meine Reaktion darauf war ein Gähnen. Ich bin ein sehr ruhiger Mensch und auch mit sowas kann man mich emotional nicht ansatzweise bewegen. Wenn es ein Problem gibt, wird nett darüber geredet. Und ich bin natürlich bemüht, jedem seinen Freiraum zu geben. Ich möchte schließlich auch meinen Freiraum haben. Außerdem zeugt dies von Vertrauen zum Partner. Aber zurück zum Thema. Der Kontakt zu dieser Chat-Freundin wurde eben abgebrochen und zwar vollkommen. Meinem Freund war die Sache auch peinlich.
Irgendwann später kam dann heraus, dass mein Freund auch seine Exfreundin über diese Internet-Chats (habbo Hotel) kennen gelernt hatte. Die Ex lebte am anderen Ende Deutschlands und sie hatten sich in ihrer ganzen Beziehung (1 Jahr) genau 2 Wochen gesehen. Laut meinem Freund war diese Beziehung keine wirkliche Beziehung und hat ihn nie glücklich gemacht.
Auch zu ihr hat er keinen Kontakt mehr, schon seit längerem.
Doch wie sich herausstellte, hab es noch eine super Chat-Freundin von ihm, mit der er heute noch schreibt. Er hat sich nie getraut mir dies zu sagen, da ich damals so von den derben Anrufen und SMS-Fluten der anderen Chat-Freundin genervt war. (Diese SMS-Fluten, etc. habe ich sehr lange schweigend hingenommen. Doch als die besagte Chat-Freundin eben meinen Freund besoffen fragte, ob er sie liebt, da war mir klar: Ich will das nicht).
Diese andere Chat-Freundin, mit der er eben noch schreibt, ist angeblich ganz nett und alles ist nur auf freundschaftlicher Basis. Das glaube ich ihm aufs Wort, er traut sich nämlich nicht mich zu belügen.
Nur fühle ich mich auch seltsam beeinflusst durch die passive Lebensweise meines Freundes. Er hatte also eine Fernbeziehung vor mir, in die er sich verliebt hat, bevor er sie gesehen hat. Er ging nie aus dem Haus, hat 24 Stunden Habbo Hotel gespielt, er kann nichts alleine machen, er ist alleine nicht überlebensfähig. Außerdem kuscht er so schnell. Er verheimlicht mir harmlose Dinge aus Angst, die Beziehung könnte für mich nicht perfekt sein. Doch durch dieses Verheimlichen seinerseits (die Fakten stören mich ja nicht, er kann mir alles gerne erzählen), fühle ich mich etwas hintergangen.
Ich habe mit ihm schon darüber geredet, aber er tut es immer noch. Er hat keine Ahnung von der Zukunft, flieht vor allem Unangenehmen.
Ich sehe darin eben leider keinen festen Halt. Normalerweise bin ich emotional sehr stabil, aber momentan leide ich. Vor ein paar Wochen habe ich erfahren, dass mein Vater tot krank ist und bald sterben wird. Außerdem habe ich keine Ahnung, was mich mit dem Studium erwartet. Eigentlich sollte es für mich ein völlig neuer Lebensabschnitt werden, aber ich möchte andererseits auch meinen Freund nicht im Stich lassen. Doch braucht er mich wirklich? Oder braucht und will er lieber eine bunte Internet-Fassade mit vielen Chat-Freundinnen, die er als gleichwertig und als Gesprächspartnerinnen ansieht.
Diese Chat-welt ist eben nicht mein Ding, genauso wenig wie die Eigenschaft sich in alternative Welten zu flüchten.
Ich möchte ihm ein glückliches Leben bieten, doch ich weiß nicht wie. Er liebt mich über alles und leidet unter Minderwertigkeitskomplexen (er hätte mich laut ihm nicht verdient, ich wäre zu gut für ihn, ich wäre zu verständnisvoll für ihn, ich wäre zu hübsch für ihn......).
Egal wie oft ich mit ihm rede und ihm das auszureden versuche, es klappt nicht. Ich weiß einfach nicht, wie ich ihn glücklich machen kann. Damit meine ich nicht das spontane Glück, sondern eine innere Zufriedenheit.
Er sagt zwar, ich wäre alles für ihn und bevor er mich hatte, war er nur traurig. Aber... kann ich wirklich dafür sorgen, dass er diese alte Trauer ablegt? Diese Schüchternheit und Ängstlichkeit?
Er wirkt immer traurig, zurückgezogen und hält sich für etwas Schlechteres. Vielleicht hat er sich deshalb auch vor den PC verzogen, weil er in der "realen Welt" kein Glück fand.
Ach ja. heute chattet er eben nicht mehr. Er spielt dafür nur noch Videospiele und flieht so vor der Realität : )
Mein Problem:
Kann ich, wo ich in der realen Welt lebe und nicht vor Schmerz und Leid fliehe (im Gegensatz zu ihm) so jemanden wie ihn überhaupt glücklich machen?