Hallo ihr Lieben,
ich habe ein Problem. Ich bin seit zweineinhalb Jahren in einer festen Beziehung, seit anderthalb Jahren wohnen wir zusammen.
In der Beziehung ist nicht immer alles gut gelaufen, ein Beinahe-Fremdgehen und eine Depression und lange Trauerphase auf seiner Seite haben auch mich nah an meine Grenzen gebracht. Guten Sex haben wir auch schon länger nicht mehr. Er klammert sich unglaublich an mich und würde eine Trennung niemals wollen, aber auch ich habe meine Zukunft schon recht fix mit ihm geplant, jetzt haben wir so viele Tiefs hinter uns und eine tolle Vertrautheit, das möchte ich sicher nicht einfach hinwerfen. Trotzdem ist es teilweise so, dass er einfach ein guter bester Freund ist, aber nicht mehr.
Besagter Kollege hat Projekte von mir betreut, also quasi eine Art Vorgesetzter, möchte sich aber beruflich umorientieren, ist gerade in der Bewerbungsphase und wird irgendwann in einen anderen Ort am anderen Ende Deutschlands umziehen.
An einem Wochenende waren wir einmal mit mehreren von der Arbeit feiern, und ich bin mit ihm näher ins Gespräch gekommen. Interessanterweise erst, als ich groß in die Runde verkündet habe, dass ich einen festen Freund habe. Als hätte ihm das die Scheu vor mir genommen. Wir hatten den Rest des Abends nur noch Augen füreinander, haben über uns und unsere Hobbys geredet, über die Arbeit, über unsere Zukunft, es war einfach schön.
Seitdem ist unser Kontakt allgemein etwas persönlicher, herzlicher. Wenn wir über Projekte reden, bleiben wir danach länger zusammen, verplaudern uns, grinsen uns an. Da ist definitiv schon ein bisschen Flirt bei.
Mein Kopfkino stellt sich ständig noch mehr vor, ich stelle die Beziehung seitdem mehr infrage, aber eigentlich ist es klar, dass wir keine Zukunft haben, dass es selbst brandgefährlich ist, in der Gegenwart miteinander etwas anzufangen. Solange er noch da ist, wäre es kritisch für meine Karriere, wenn er weg ist, dann ziemlich weit weg.
Wir arbeiten aktuell sehr eng zusammen, das heißt, ich werde seine letzten Monate fast täglich eine halbe bis eine Stunde Zeit mit ihm verbringen, was mich unglaublich glücklich macht, aber auch sehr traurig, weil mehr eben so gar nicht drin ist.
Jetzt laufe ich wie ein aufgescheuchtes Eichhörnchen durch die Gegend, trinke zuviel Kaffee, komme morgens zu früh zur Arbeit, gehe abends zu spät, bin extrem produktiv, nur um ihn mit Emails bombardieren zu können, was ich alles geschafft habe. Das persönliche halte ich strikt aus diesen Mails heraus. Trotzdem merkt er natürlich auch ein bisschen, dass ich aufgewühlt bin, hat mir mehr Pausen vorgeschlagen, sagt, ich soll das Wochenende nutzen, um herunterzukommen, teilt mir tags drauf mit, dass ich wohl sehr durch war, als ich ihm aufgedrehte Fragen gestellt habe..
Überdreht bin ich gerade sowieso. Normalerweise habe ich nie Lust, auszugehen, jetzt überlege ich schon, ob ich abends noch in eine Bar gehen könnte. Alleine.
Als ob der Verzicht auf Schlaf und ein Spiel mit Feuer irgendetwas besser machen. Gerne würde ich mich dem Kollegen nähern, bisher habe ich da strikt drauf verzichtet, ihn überhaupt auch nur zu berühren, oder ihn wegen persönlichen Dingen anzusprechen.
Vor allem habe ich gerade ein übergroßes Mitteilungsbedürfnis über dieses Thema, meine Freundinnen sind schon genervt, wenn ich stundenlang jede Regung dieses Kollegen beobachten und aufdröseln möchte.
Vielleicht deshalb schreibe ich hier, ich glaube, einen Rat kann ich mir nur selbst geben.
LG