Ich (29) lebe mit meinem Freund/Lebensgefährten seit 7 Jahren zusammen. Seit eineinhalb Jahren ist er beruflich 1000 km weit weg von mir stationiert,
wir versuchen, uns aber regelmäßig und so oft wie möglich zu sehen (ca. alle 3-4 Wochen für 2-3 Tage).
Nun ist es so, dass wir beide Schauspieler sind und beide viel zu tun haben, deshalb habe ich ursprünglich gedacht, dass eine Fernbeziehung
kein Problem sein wird, weil wir sowieso keine Zeit für jemand anderen haben würden. Für den Fall, dass einer von uns in sexuelle Nöte geraten
sollte, war ausgemacht, dass man durchaus eine Affäre haben darf, es dem anderen aber weder erzählen soll, noch sich dabei verlieben.
Mein Problem ist, dass ich mich ohne Affäre in einen Kollegen verliebt habe, mit dem ich regelmäßig zusammenarbeite und mit dem ich
vor Monaten eine Liebesszene spielen musste (nicht, dass ich das nicht schon mit 100 anderen Männern sowas gespielt hätte).
Hier beginnt das Drama (ja, wir sind alle hochsensible Künstler):
Mein Freund hat beim Sex mitbekommen, dass etwas nicht stimmt, weil ich die ganze Zeit an den anderen denken musste und wollte.
Daraufhin gabs eine Aussprache, bei der ich ihm das mit der Verliebtheit eingestanden habe. (Um hier kurz auszuholen: mein Freund ist
ein echt hypersensibler Mensch mit Launen, die nicht immer so leicht zu ertragen sind. Er ist im Grunde genommen ein schwermütiger
Charakter mit großem Weltschmerz und einer ungesunden Mischung aus Selbstliebe und Selbsthass, der sich nie genug ist und penibel
arbeitet. Ich bin eher das Gegenteil, meistens fröhlich und gedankenlos und auch in großen Stresssituationen gelassen. Natürlich bin ich fasziniert von ihm und von seinem Talent,
öfters geht mir sein Getue aber auch arg auf die Nerven. Und natürlich prallen in unserer Arbeitsweise oft Welten aufeinander. Weiters
besteht ein gewisser Konflikt in puncto Karriereplanung, die bei mir nicht weniger ehrgeizig ist, als bei ihm, nur dass ich halt eine Frau bin,
und hier neben dem Arbeits- und Alterungsdruck [ja, der ist echt gschissen in der Branche] auch noch die innere biologische Uhr fleissig tickt.
Als ich mich in ihn verliebte, wollte ich ihn unbedingt Ruhe, Fröhlichkeit und Unbeschwertheit beibringen, was bis zu einem gewissen Punkt auch
funktioniert hat, aber er ist halt von Grund aus unausgeglichen. Vielleicht sollte ich ihn zur Schilddrüsenuntersuchung schicken.)
Nachdem ich also erklärt hatte, dass ich mich in den Kollegen (den er auch kennt und nett findet) verknallt hätte, brach er zusammen
(was mich verwunderte, ich hatte damit gerechnet, dass er mich rausschmeißen würde) und hat mich angefleht, ihn nicht zu verlassen usw.
Es war echt schlimm, er konnte sich nicht beruhigen, bis ich ihm halt erklärte, es sei nicht so schlimm und vermutlich nur vorübergehend,
weil ich soviel Stress gehabt hätte in der letzten Zeit usw. und dass ich ihn nicht verlassen werde. (Man sollte vielleicht noch hinzufügen,
dass mein Freund in seiner momentanen Arbeitssitution nicht besonders glücklich ist und das eine große Belastung für ihn ist, was ihn
vermutlich zu diesem flehentlichen Bitten veranlasst hat). Er war extrem unglücklich, weil wir ja eigentlich in absehbarer Zeit eine Familie
gründen wollten und ich war auch unglücklich und wir haben uns also wieder zusammengefunden.
Aber dann musste er wieder fort und meine Gefühle für den anderen sind auch wiedergekommen und belasten mich furchtbar und mein schlechtes Gewissen drückt.
Immerhin spiele ich mit dem Kollegen sehr häufig und sehe ihn immer wieder.
Und: ich befürchte, auch der Kollege hat mitbekommen, dass ich mich in ihn verliebt habe und dass er der ganzen Sache nicht abgeneigt ist.
Er ist meinem Freund in vielen Belangen sehr ähnlich, aber grundsätzlich fröhlicher und sorgloser im Charakter, weniger penibel und
er ist ein fantastischer Klavierspieler. Ich glaube ehrlich, dass es bei dieser Liebesszene nicht nur bei mir "klickte". Er weiß aber natürlich,
dass ich einen fixen Freund habe und wir haben über diesem Punkt nie ein Wort verloren. Und in meinem Kopf befindet sich nur die ganze Zeit dieses was-wäre-wenn Spiel...
Und noch was wirklich schlimmes: ich würde ein Projekt bekommen, dass ich auch aus künstlerischen Gründen irrsinnig gerne machen würde und bei dem ich wieder extrem viel
mit dem Kollegen zusammenarbeiten müsste. Ich könnte mir dafür auch jemand anders aussuchen, aber mit ihm funktioniert es künstlerisch am allerbesten (schon geprobt),
weil wir extrem gut miteinander harmonieren. Aber ich weiß nicht, wie ich das meinem Freund beibringen soll und wie er darauf reagieren wird. Ich würde das Projekt wirklich gerne machen, habe aber
Angst, dass ich mich nicht im Griff habe. Und wie reagiere ich darauf, wenn mein Freund es mir verbieten sollte?
Ich weiß eigentlich überhaupt nicht, was ich machen soll.
Wenn mein Freund Karriere machen sollte, was er und auch das Publikum wirklich verdient hätten und was ich ihm wünsche, dann wäre er nie zu Hause. Ich wäre quasi
sein Hafen, sein Angelpunkt, sein Hintergrund, seine gute Fee, seine treue, fürsorgliche Ehefrau - naja... und schlimmer noch, wenn er keine
machen sollte, säße er immer daheim und wäre immer unglücklich und unausgeglichen... Diese Vorstellungen bedrücken mich. Aber ich hab ihn wirklich gerne
und ich möchte ihn auf keinen Fall hängen lassen und ich möchte auch nicht, dass er unglücklich ist. Ich habe außerdem echt Angst, dass er sich etwas antut, wenn
ich von alleine sagen würde, ich gehe. Er hat auch familiär außer mich nur seinen Vater und wenige Freunde außerhalb meines Freundeskreises, da er
ja wie gesagt, schon lange weg von zuhause ist. Ich fürchte, er würde sich versaufen.
Tut mir leid, für diese langwierige Ode, es klingt wie bei einer 12-jährigen - aber es ist nunmal alles kompliziert. Vermutlich kann man in dieser Patsituation nur alles falsch machen.
Aber vielleicht kann mir jemand mit neutraler Sichtweise auf das ganze Towuhabowu und mehr Lebenserfahrung einen Rat geben, was ich nun machen soll oder zumindest, was ich nicht machen sollte.
Vielen Dank und liebe Grüße aus dem gefühlsverworrenen Künstlermillieu...