Hi!
Ich habe Deinen Text mit sehr gemischten Gefühlen gelesen und möchte Dir einige Ratschläge mit auf den Weg geben.
Bedenke bitte, dass sich die Erwartung an einen Menschen immer mit der Form der Beziehung zu ihm ändert. An einen guten Freund hast Du sicher ganz andere Ansprüche als an Deinen Partner. Absprachen nützen leider sehr wenig, denn gegen das Gefühl "Da hätte er aber mal dran denken können..." kannst Du nichts machen.
Genauso ist es mit den grundsätzlichen Gefühlen. Du schreibst so schön, Du hättest es in der Hand, wie weit Du gehst. Das stimmt leider nur für den aktiven -handlungsbezogenen- Teil. Du kannst sicher entscheiden, wie oft und lange Du ihn siehst, ob Du mit ihm Essen gehen möchtest oder aber auch die Nacht mit ihm verbringst. Was Du sicher nicht in der Hand hast, ist, ob Du Dich wieder in ihn verlieben wirst. Das passiert oder es passiert nicht.
Und wenn Du Dich verliebt hast und ihr wieder eine Beziehung habt, ist die erste Erwartung "Sei ehrlich und treu und zuverlässig". (Das kommt Dir sicher aus div. Kontaktanzeigen bekannt vor, oder? ;-) Es wird immer geschrieben, weil es sich um wünschenswerte "Tugenden" handelt, die für eine stabile Partnerschaft welcher Art auch immer unerlässlich sind).
Ich will nicht grundsätzlich ausschliessen, dass eine zweite Beziehung mit einem Expartner klappen kann, aber Du solltest Dich keiner Illusion hingeben.
Die Tatsache, dass ihr euch gut versteht, ist normal und sollte kein Indikator für ein zukünftiges gutes Verstehen sein. Ihr kennt euch länger, hattet ein intimes und auch vertrautes Verhältnis, habt also eine gemeinsame Vergangenheit. Klar, dass man den anderen kennt und ihn versteht. Und in Anfängen einer jeden Beziehung werden die meisten Menschen zum Frauen-/Männerversteher, rücken sich so ein wenig ins rechte Licht für den anderen.
Und der Satz "mit keiner anderen wäre er so glücklich gewesen" würde mich persönlich sehr misstrauisch machen. Welche Erwartungshaltung hat er an Dich? Was erhofft er sich von einer Beziehung zu einem Menschen, dessen Vertrauen er anscheinend schonmal enttäuscht hat? Wie lange wird es dauern, bis er feststellt, dass Du ihn doch nicht so glücklich machen kannst, wie er es sich wünscht? Wirst Du auf dem Prüfstand stehen? Wenn ja, wie lange? Wenn nein, hat er dann also doch nicht die Hoffnung, Du würdest ihn glücklich machen? Wie steht es mit seiner Fähigkeit, sich selbst glücklich zu machen? Lebt er gern allein? Oder fühlt er sich einsam? (Hier wäre es interessant zu wissen, ob er in der Zwischenzeit eine Beziehung hatte und wie lange diese evtl. vorbei ist und warum diese Beziehung nicht gehalten hat)
Und auch Dir möchte ich sagen, dass das Attribut "Traummann" sicher schön ist, aber immer nur punktuell gesehen werden kann. In Bezug auf Vertrauen kann er wohl kaum Dein Traummann sein, oder? Und wenn Du über Deine 2 Gesichter schreibst, kommt ihn mir die Frage hoch, ob es sein könnte, dass ein anderer Mann evtl. das harte und abweisende Gesicht in Dir gar nicht auslösen würde... Das ist zumindest mal einen Gedanken wert, finde ich.
Wenn Du Dich tatsächlich auf eine zweite Beziehung mit ihm einlassen solltest, mach Dich frei von dem Gedanken, dass es eine wirklich neue Beziehung ist. Das geht nicht, denn die Zeit der Trennung ist einfach zu kurz, in dieser Zeit kann niemand zu einem "neuen" Partner werden.
Eine Trennung hat immer (!!!) 4 Phasen:
Trauer, Wut, Akzeptanz und Neuorientierung. Wenn ich Deine Zeilen lese, würde ich Dich in Phase 3 einordnen, mit Resten aus Phase 2, denn ich lese auch ein Stück Wut auf ihn und den Vertrauensbruch heraus. Wenn ich das alles nun einfach mal logisch angehe, wäre doch die Phase der Neuorientierung eigentlich das Ziel, oder? Und welcher Mensch dreht so kurz vorm Ziel um und stellt sich wieder an die Startlinie?
Ich will Dir mit meinen Zeilen sicher nicht grundsätzlich abraten, aber ich möchte, dass Du Dir Gedanken machst, und zwar wirklich rationale Gedanken. Und lasse Dich nicht nur von Deinem Bauch leiten oder von Sprüchen wie "Wenn man's nicht ausprobiert hat..." Man muss nicht alles im Leben ausprobieren, und schon gar nicht, wenn es um Gefühle geht. Vllt machst Du einfach mal einen Zettel mit Pro und Contra, um den rationalen Teil zu visualisieren, den emotionalen Teil kannst Du sowieso nicht mehr ändern.
Ich wünsche Dir, egal, welche Entscheidung Du triffst, ganz viel Glück!
LG,
LaCajita