Hallo zusammen.
Ich habe ein Problem. Ein Problem, das andere vielleicht nicht als Problem auffassen würden.
Ich bin seit fünf Monaten mit einem Mann zusammen. Er ist 37, ich bin 27. Wir verstehen uns sehr gut. Wir können stundenlang reden und haben wundervollen Sex. Ihr wisst schon.
Ich war vorher mit 23 Männern im Bett. Er mit 6 Frauen, darunter war eine für 16 Jahre seine Freundin. Für ihn war Sex und Liebe immer eins. Und ich spüre jetzt bei ihm zum allerersten Mal, was es bedeutet, Sex und Liebe zu verbinden und es ist für mich wie eine Offenbarung.
Und nun zu dem Problem.
Er kommt mit dem Gedanken nicht klar, dass ich 23 Typen hatte.
Ich bestätige ihm meine Liebe dauernd.
Es ist also nicht die Angst, mich an einen anderen Mann zu verlieren. Nein, es geht ihm vielmehr darum, dass er sich mir fern fühlt, weil wir was Sex angeht so unterschiedliche Erfahrungen und Sichweisen haben. Wie gesagt: Im Bett harmonieren wir.
Seine 16-Jahre-Beziehung hat ihn trotz aller Wir-bleiben-zusammen-Schwüre für eine oberflächliche, kurze Liebesaffäre verlassen hat. Damit brach sein Weltbild zusammen. Plötzlich kamen Erektionsstörungen. Die sind mit mir in der Regel kein Thema. Es sei denn, er denkt gerade an seine 23 Vorgänger.
Er kann nicht verstehen, dass ich Liebe und Sex getrennt habe. Er für seinen Teil fühlt sich selbst gehemmt. Seine Mutter trennte sich von seinem Vater, als er fünf war, und hatte nie wieder einen anderen Mann. Sie vermittelte ihm irgendwie, dass Männer und damit alles Männliche schlecht sei.
Wir haben versucht, an seinen Hemmungen zu arbeiten. Wir waren im Swingerclub und er war mit einer hübschen 27-Jährigen allein in einem Zimmer. Er fasste sie überall an. Eine Erektion kam nicht. Immerhin war er drei Tage danach entspannt und beschwingt. Am vierten Tag kamen die Ängste wieder.
Dann gingen wir zu einer Tantra-Massage. Er war alleine mit einer jungen Masseurin im Raum, sie massierte ihn zweieinhalb Stunden lang und brachte ihn am Ende zum Orgasmus. Ich wurde von einer älteren Dame massiert, um meinen Orgasmus scherte sie sich nicht. Da war ich zum ersten Mal eifersüchtig auf seine Erfahrung ich hätte auch gern einen Orgasmus gehabt. Meine Eifersucht legte sich, seine Ängste blieben.
Dann wollte er mich plötzlich mehrere Tage am Stück nicht sehen er sagte, er brauche Zeit für sich, um mit seinen Ängsten klarzukommen. Und außerdem würde ich diese negativen Gefühle ja hervorrufen.
Ich gab ihm die Zeit. Und als wir uns dann wieder sahen, fragte er, was ich davon hielte, eine offenen Beziehung zu führen. Ich hatte am Anfang unserer Beziehung schon mal gesagt, dass ich mir vorstellen könnte, ihm solche Freiheiten irgendwann zuzugestehen. Ich selbst würde das Bedürfnis, mit einem anderen Mann zu schlafen, - zur Zeit zumindest - nicht mehr haben. Der Sex mit ihm ist schließlich viel erfüllender als der mit den 23 anderen.
Ich sagte: Ja, gut. Meld dich wieder bei der Singlebörse an. Ich bin bereit. Von da an war es mit den Ängsten dann viel besser. Allein die Aussicht darauf, seine Jugend nachzuholen, schien ihm zu helfen. Vorgestern belebte er seinen Account auf der Seite wieder. Er schrieb zwei Frauen, er gab sich viel Mühe beim Formulieren, nahm sich Zeit. Bereits das wurmte mich irgendwie ich sagte es ihm. Als beide dann sehr persönlich zurückschrieben und er sich unheimlich darüber freute, merkte ich, wie sich ein ganz beklemmendes Gefühl in mir breit machte Angst, ihn zu verlieren, Ärger über seine kindlich-naive Freude, Eifersucht. Ich merkte auf einmal: Ihm wird es nicht ums bloße Rumgef***e gehen das zu ertragen fiele mir leicht -, sondern darum, eine echte, emotionale Verbindung mit den Frauen einzugehen. Was, wenn er sich verliebt? Er verliebt sich schnell. Er sagt, er würde bei mir bleiben. Aber wie kann er sich sicher sein?
Wir beschlossen, seine Chancen stünden besser, wenn er den Frauen nicht erzählen würde, dass er eine Freundin hat. Und nun sagt er, er will nicht lügen. Und fragt, ob wir uns für eine Weile trennen können.
Ich bin in einer Zwickmühle. Ich will, dass er sich bei mir mit all seinen Bedürfnissen frei entfalten kann. Der Gedanke, dass seine Wünsche unerfüllt bleiben und irgendwo in ihm ein schlechtes Gefühl schwelt, ist für mich UNERTRÄGLICH. Erstens könnte ich mich nicht mehr frei ausdrücken, denn jedes Mal, wenn er im Gespräch merkt, dass ich Sex und Liebe getrennt habe, macht sich in seinem Bauch dieses schlechte Gefühl breit. Zweitens würde er seine Wünsche unterdrücken und würde mir gegenüber womöglich auch vorsichtiger mit dem, was er sagt, werden.
Ich glaube, ich muss noch mal betonen, dass er ein sehr verbindlicher Typ ist, verantwortungsbewusst, hingebungsvoll, ehrlich, emotional, nachsichtig, lebensfroh und irgendwie tollpatschig-authentisch. Er ist kein ... kein Egozentriker. Davon hatte ich genug, die erkenne ich. Wir werden im Juni zusammenziehen, er will das. Er will auch Kinder mit mir zeugen.
Ich weiß nicht genau, was ich von euch hören will. Vielleicht eine neue Sichtweise auf die Dinge. Vielleicht einen Lösungsvorschlag. Vielleicht eine Bestätigung, eine Ermutigung, eine Warnung.