julian_12729250Es ist schwer
Liebe Bine,
ja, mir geht es ähnlich. Dann ist es auch so, dass man meint, man hätte Abstand gewonnen und plötzlich gehen einem doch wieder die Erinnerungen an die schönen Momente durch den Kopf. Dieses Partnerverhalten wird übrigens auch in dem Buch sehr gut beschrieben. Dadurch, dass der Bindungsängstliche keine wirkliche Bindung zulässt, hält er die Beziehung immer auf einem Niveau, dass es nie in die "ruhigere" Phase eintritt, in der man sich wirklich voll vertraut und man sich sicher sein kann, egal ob man sich sieht oder nicht. Der Partner wird sich immer an die schönen Momente erinnern und wird das, was nicht gestimmt hat, verdrängen (weil er möglicherweise selbst eher anklammernd ist). Das Ganze hängt meist mit der Kindheit zusammen, korrekt, aber in meinem Fall waren es eher schlechte Erfahrungen mit vorherigen Beziehungen. Diese Ängste kann man aber leichter in den Griff bekommen und daher glaubte ich, dass - wenn sie bereit dazu wäre, das Problem zu sehen und zu akzeptieren, wir noch eine allerletzte Chance hätten.
Ich war selbst einmal Raucher. Jeder, der einmal eine Sucht hatte, weiß, wie sehr einem da Ratschläge von außen auf den Keks gehen können. Irgendwann hat mir ein Freund einfach diese Buch zum Abgewöhnen geschenkt und er meinte, ich kanns ja mal in den Schrank stellen und irgendwann lesen, wenn ich dazu Lust hätte. Wenn nicht wäre das auch ok. Er hatte sich das Rauchen dadurch abgewöhnt. Genauso habe ich das in diesem Fall jetzt auch gemacht. Wenn aber derart krass mit Ablehnung reagiert wird, weiß ich, dass keinerlei Bereitschaft da ist, etwas zu ändern. Damit habe ich die letzte Hoffnung begraben.
Ich glaube, dass ein Brief an Deinen Freund dasselbe bewirkt hätte. Er wird möglicherweise gar nicht mehr an DIch denken, weil er sich neuen Verdrängungsmechanismen zugewandt hat. Das Ergebnis wäre für Dich wahrscheinlich eine weitere Enttäuschung, manchmal auch nach einem kurzen Aufflammen. Ich denke, dass Du das richtig erkannt hattest.
Ich unterhalte mich vermehrt mit unterschiedlichen Personen, die ganz unterschiedliche Lebensmodelle pflegen. An diesem Punkt denke ich tatsächlich viel darüber nach, mit welchem Lebensmodell man lange Zeit glücklich sein kann. Die einen sagen z.B. "Wenn Du nur eine Wahrheit von Buddha annehmen kannst, dann wirst Du niemals mehr Schmerz empfinden: Alles, was einen Anfang hat geht zu Ende". Jedoch mag ich dem nur bedingt zustimmen, denn ich glaube immer noch und das ist, was ich mir wünsche, dass es den einen Menschen gibt, mit dem man bis zu seinem Tod glücklich sein kann. Andere wiederum haben diese Hoffnung aufgegeben, leben für sich selbst glücklich und führen eine total offene Beziehung. Im Grunde kam ich hierher und will genau dies nicht mehr ! Aber scheinbar wird es immer schwerer, diese Nadel im Heuhaufen zu finden.
Wenn man eins sagen kann, dann, dass diese Begebenheiten und erfahrener und vielleicht lebensfähiger machen. Außerdem bewirken sie eine Selbstreflexion, die man vielleicht zuvor niemals gemacht hätte. Meine Vermutung ist, dass wir uns durch Erfahrung weiterentwickeln und möglicherweise müssen wir das einfach für uns erkennen und sehen, dass das, was passiert ist, so passieren musste.
Sorry, dass ich meine Gedanken hier so ausbreite. Wie Du siehst, versuche ich auch gerade, mich wieder zu finden. Also jetzt machen wir Folgendes: wir gehen raus und setzen uns heute mit einem guten Buch in die Herbstsonne, trinken heute Abend einen guten Wein und tun das, was uns gut tut !
Alles Gute,
Chris