Ich fange am besten von vorne an.. es ist eine etwas längere Geschichte, wie aus einem Teenie-Film, einem Groschenroman o.ä. nur irgendwie echt und es macht mir Angst. ich bin jetzt mitte zwanzig, schließe demnächst mein Studium ab.. aber, wie gesagt, beginnen wir von vorne:
Am Anfang war meine allererste sehr sehr große Liebe...David. Wir kannten uns aus der Schule, ich war neu, zugezogen. wir waren in einem Jahrgang, verschiedene Klassen. Mehr als ein Jahr haben wir uns nur in der Pause auf dem Schulhof gesehen und keiner hat sich mehr getraut als zu lächeln und verlegen zu grüßen. Mir war schon sehr lang klar, dass wir zusammengehören, wir mussten nur warten. Irgendwann haben wir uns kennengelernt und verbrachten die erste große Verliebtheit miteinander. Wie in dem Lied "schönste Zeit" von Bosse.. er hat für mich Gitarre gespielt, wir haben Musik gehört und einfach nur auf Wiesen gelegen.. so eine Zeit, in der man vor lauter Glück manchmal heimlich geweint hat. Diese Masse an Gefühlen hat uns im Alter von 16/17 Jahren irgendwie überfordert, wir haben gestritten, uns vertragen, umeinander geweint und gekämpft und irgendwann, gerade mal nach einem halben Jahr, hat er mich verlassen. Dann kam der große Tiefpunkt. Ich wusste nicht mehr, was ich machen sollte, habe mich jeden Tag in den schlaf geweint, bei jedem Nirvana-Song hing ich wie ein Häufchen elend in der Diskoecke, hatte keine Lust mehr auf irgendwas. Keiner konnte mich aufheitern, auf jeder Geburtstagsfeier lag ich irgendwann draußen auf dem Rücken und habe in die Sterne geweint. Irgendwann hatte ich das Gefühl, ich könnte damit jetzt so langsam leben, habe wieder gelacht, gefeiert, mir andere Jungs angelacht und versucht, diesen ganz ganz kleinen Stich in der Brust zu ignorieren, wenn wir uns auf dem Schulhof gesehen haben. David und ich haben zwei Jahre nicht richtig miteinander und über uns geredet. Ganz am Ende der Schulzeit haben wir wieder angefangen, miteinander zu quatschen. In einem Jahrgang lässt es sich nicht vermeiden, dass man irgendwann einen ähnlichen Freundeskreis hat und miteinander feiern geht. Nach und nach gingen die Treffen nicht mehr von unseren Freunden aus, sondern wir haben die Initiative ergriffen, uns wiederzusehen und irgendwann berühreten sich ganz vorsichtig unsere Hände und ließen nicht mehr los. Er gestand mir unter Tränen, dass er das Schlussmachen direkt bereut hatte, mich monatelang vermisst und sich nicht getraut hat, auf mich zuzukommen, weil er wusste, wie verletzt ich war. "Ich liebe dich und ich wünsche mir nichts mehr als bei dir zu sein", hat er gesagt. Es war wie früher, es brach alles über uns her, wir teilten Musik, die Blumenwiesen, Lachen und Glück, waren nur irgendwie älter geworden, vernünftiger. Und ich hatte Angst! Die Zeit nachdem er mich damals verlassen hatte, war das schlimmste, was ich bisher in meinem Leben durchgestanden habe und ich hatte Angst, dass es plötzlich wieder genauso kommen könnte. Wie ein Schatten über allem lag meine Angst, das Vertrauen aufeinander war dahin, ich war mir unsicher und habe mich nicht getraut, mich völlig an ihn zu binden.
Und in dieser Zeit traf ich plötzlich Robin. Das war wie ein Schlag, der wunderschönste Mann mit den himmelblauesten Augen! Wir haben uns in meiner Lieblingsdiskothek getroffen, miteinander getanzt, nicht mtieinander gesprochen und durch großen Zufall ein paar Wochen später wiedergefunden. Wir haben uns zum Kaffeetrinken getroffen, ich wollte überhaupt nichts von ihm weil ich gedanklich noch sehr an David hing und er nichts von mir, weil er grad eine Beziehung beendet hatte.Wir haben uns unglaublich gut verstanden, von anfang an, wie man so sagt: eine Wellenlänge! ich wusste immer was er meint, wenn er mir das Leuchten von hellgrünen jungen Buchenblättern als seine Lieblingsfarbe definiert hat und er hat verstanden, wie ich mich fühle, wenn ich am Meer stehe und unbegründet Sehnsucht und einen Kloß im Hals bekomme, weil das Brausen der Wellen mich mitreißt. Wir haben uns immer wieder getroffen und uns war schnell klar, dass wir ein Traumpaar wären, wenn wir uns zu einer anderen Zeit kennengelernt hätten. Trotzdem haben wir uns - natürlich rein freundschaftlich - oft gesehen, stundenlang geredet, sind durch Wälder uns Wiesen gestromert und haben nach Monaten festgestellt, dass wir ohne einander nicht mehr können. Ich habe David für ihn vergessen. Robin und ich sind zusammengezogen, lebten zusammen, waren das perfekte Paar, erst nach zwei Jahren haben wir uns in die Augen gesehen und ein Ich liebe Dich geflüstert. Ich kann nicht mehr ohne ihn leben, er ist es einfach, niemand ist so eine perfekte Mischung aus bestem Freund, bestem Liebhaber, Vertrauen, Hingabe und Leidenschaft. Wir sind bald seit fünf Jahren zusammen und ich kann mir nicht vorstellen, dass es ein glücklicheres Pärchen auf der Welt gibt.
Und nachts, immer wieder, träume ich von David. Ich wache neben Robin auf und habe das Gefühl, als müsste mein Herz zerspringen. Treff ich David im Traum, bin ich glücklich, ihn wiederzusehen, ich wache auf und erschrecke mich selbst vor meiner Sehnsucht nach ihm, die ich soeben gespürt habe. Einmal im Jahr sehe ich ihn auf einem Jahrgangstreffen. Wir grüßen uns, haben gelernt miteinander umzugehen, unterhalten uns, versuchen einfach freundschaftlich zu sein, aber natürlich steht immer etwas zwischen uns. Wir sind uns nicht mehr ähnlich, haben unser Leben in völlig unterschiedliche Bahnen gelenkt und doch bin ich nervös, wenn ich weiß, dass er da ist. Ich erwische mich, wie ich seufze oder anfange flacher zu atmen wenn mein Zug an seinem Wohnort vorbeifährt. Und immer wieder laufen wir in meinen Träumen Hand in Hand und sind glücklich. Wir haben uns mittlerweile auch einfach so einmal - ganz ohne Jahrgangstreffen - auf ein Bier in der Stadt getroffen. Es war schön, ihn wiederzusehen. wir haben viel gequatscht, gelacht und uns ganz freundschaftlich mit einem "es war schön, dich wiedergesehen zu haben" verabschiedet. Ich war froh, ich dachte, wir könnten uns ja ganz normal anfreunden, er ist mir wichtig, ich möchte ihn nicht, so wie andere hundert Schulkameraden, aus den Augen verlieren. Aber wenn ich neben ihm sitze und sein typischer Geruch, nach Lederjacke, seinem deo und naja einfach ihm selbst halt, kommt mir in die Nase, spielt mein Herz, mein Verstand einfach alles völlig verrückt. Ich kann nicht mit ihm befreundet sein. Es fühlt sich so an, als klammere sich mein Herz an eine sehr weit vergangene Liebe, die es nicht mehr gibt und geben wird. Ich vermisse ihn, es sticht in der Brust, wenn er eine andere Freundin hat, ich möchte bei ihm sein und ihn gleichzeitig vergessen. Er soll aus meinen Träumen verschwinden, mich nicht verwirren, ich liebe Robin so sehr, er ist der einzige, mit dem ich mir ein Leben ausmale! ich fühle mich furchtbar, wie ein Teenager nur viel zu erwachsen für so eine Fotolovestory!
Was macht diese Narbe in meinem Herzen? Wie stopfe ich das Loch einer allerersten großen Liebe?