Guten Abend!
Seit nun längerer Zeit lese ich hier ab und zu mit. Mangelnde Aufmerksamkeit des Partners oder der Umwelt und das daraus offenkundige Bedürfnis, geliebt zu werden, scheint wohl in der menschlichen Natur zu liegen. Wird dieses Bedürfnis schließlich befriedigt, sollte doch eigentlich alles in Butter sein. Tja könnte man zumindest annehmen.
Ich bin an einem Punkt in meinem Leben angelangt, an dem ich so gut wie alles erreicht habe, was ich mir immer wünschte. Ich hab eine tolle Frau, zwei süsse Mädchen, einen Hund, ein hübsches Häuschen und bisschen Geld auf dem Konto. Wenn da nicht diese Frage in meinem Kopf wäre. Die Frage, was meine Frau überhaupt an mir liebt. Schon diese Frage impliziert ja, dass es gewisse Eigenschaften an mir sein müssen, was meine Frau dazu veranlasst, "Ich liebe Dich!" zu sagen. Wäre ich also dieselbe Person, nur mit anderen Eigenschaften, würde sie das dann noch immer zu mir sagen? Oder anders gesagt, würde ich z.B. morgen ins Kasino gehen, spielsüchtig werden, die Kohle verbraten, aus Frust dann vielleicht auch noch mit dem Alkohol anfangen, so richtig abstürzen, dass die Nachbarn mit dem Finger auf uns zeigen, würde sie mich dann noch immer lieben?
Bei meinen zwei Mädchen hab ich da weniger Zweifel. Schon deswegen nicht, weil sie in ihrem Alter ihren Papa sowieso für den grössten halten, und egal was kommt, ich immer ihr Papa sein werde. Aber meine Frau? Wenn ich dann am Grillabend aufgedunsen neben dem Mann ihrer Freundin (meiner Ex) sitze, während er immer noch pflichtbewusst seine Rolle des starken Beschützers und Familienernährers spielt? Sich das Blatt auf einmal gewendet hat?
Manch einer mag jetzt sagen, "Na dann seh halt zu, dass es gar nicht erst so weit kommt!" Hab ich auch nicht vor mein Freund! Nur fühl ich diese Leere, die ich dann spüren würde, bereits jetzt. Als wäre ich ein Rennpferd, dass nur solange alle Aufmerksamkeit genießt, solange es gewinnt. Aber wenn es sich ein Bein bricht, oder einfach keine Lust mehr hat, von A nach B zu laufen, als Wurst endet. Was ist all die Zuneigung im Vorfeld dann überhaupt wert?
Neulich hab ich mir bei einem Kumpel "Terminator 2" angesehen. Einer meiner Lieblingsfilme, als ich noch Kind war. Am Ende des Films bittet Arnold die Mutter von John, ihn an einer Art Flaschenzug in den flüssigen Stahl hinabzulassen, da er sich nicht selbst vernichten kann. Der kleine John fleht unter Tränen den Terminator an, nicht zu gehen und bei ihnen zu bleiben. Diese Gefühle kauft man dem Jungen an dieser Stelle ab, obwohl der Junge im Film wie auch auch der Zuschauer weiss, dass der Terminator nur eine Maschine ist, die darauf programmiert wurde, den kleinen John zu beschützen, und nicht mal Gefühle für ihn hat. Allein das genügt, um wiederum bei John und seiner Mutter Gefühle der Zuneigung, vielleicht sogar der Liebe zu erzeugen. Was ja eine Bankrotterklärung an die Liebe im allgemeinen wäre. Diese und andere Gedanken bringen mich leider zu der Überzeugung, dass ein Mensch nur die Vorstellung lieben kann, die er von einem anderen Menschen hat. Da aber kein Mensch eins ist mit der Vorstellung anderer von sich, wird Liebe, wie sich der Mensch das im tiefsten Inneren wünscht, wohl immer eine Illusion bleiben.
Danke für's lesen! ("Danke" zu sagen erzeugt bei Mitmenschen übrigens die Vorstellung von Demut des Gegenübers, was ihm Sympathien einbringen kann, obwohl er diese gar nicht verdient;)