Der Klassiker
Erstmal Glückwunsch euch beiden für das, was ihr aufgebaut habt.
Trotzdem, selbst daß ich dich nicht kenne, meine ich, daß du deine Leistung zu hoch bewertest. Beruflicher und auch privater Erfolg haben eine ganze Menge mit Glück zu tun. Erfolg ist stets eine Mischung aus eigener Leistung, als auch dem Glück, mit den richtigen Eigenschaften zur richtigen Zeit am richtigen Ort gewesen zu sein. Den letzten Teil darf man im Moment des Erfolges nicht vergessen. Was du dir immer zu gute halten kannst, ist, aus den Chancen, die du hattest, das gemacht zu haben, was du erreicht hast. Das kann sogar heißen, daß deine Leistung mangelhaft war, denn vielleicht hätten deine Chancen mehr erlaubt.
Ihr seid beide erfolgreich, sie als Mutter, du als Berufstätiger. Dein Erfolg findet in der Außenwelt Anerkennung, ihr eigener eher nicht. Ich habe manchmal den Eindruck, daß besonders Frauen selbst ihre eigene Rolle als Mutter abwerten, schließlich ist unsere Generation auch in einem Umfeld aufgewachsen, in dem die Frau um berufliche Gleichberechtigung kämpfte, und die klassische Hausfrau das Stigma der unmodernen Frau bekam.
Nun forderst du ihre Anerkennung. Dabei bist du ein klasse Denkmal für ihre eigene, nicht gehabte Karriere. Sie reagiert, in dem sie ihre eigene Rolle als besonders hart darstellt. Das tun einige Frauen, und da ist besonders in den Kleinkindzeiten auch eine Menge dran, außerdem leiden sie individuell unterschiedlich stark unter Streß. Das ist einfach von Mensch zu Mensch anders, also stelle das für deine Frau nicht in Frage.
Deine Frau braucht deine Anerkennung, dringend. Du selbst solltest erkennen, daß dein beruflicher Erfolg eher eine Folge der Tatsache ist, daß du die Rolle des berufstätigen übernommen hast. Das ist ungefähr so sinnvoll wie stolz sein darauf, daß du braun geworden bist, weil du nach Spanien geflogen bist, und sie nicht.
Zudem bist du, als Mensch insgesamt gesehen, wieder nicht erfolgreich. Du meinst, weil du für materiellen Wohlstand sorgst, könntest du Glück zu Hause erwarten. Das funktioniert so nicht! Du lieferst viel von etwas, was nicht bestellt wurde. Sie will dich zu Hause (auch wenn du eigentlich einen bequemen Job hast, ohne Reisen, und deine Arbeitszeiten und Fahrtwege sind offensichtlich eher locker), und du gibst ihr das nicht. Das ist, wie ein Super Kuchen liefern an jemanden, der gerne einen Salat gehabt hätte. Dein Kuchen kann so bewundernswert gewesen sein wie er will: Er wurde nicht verlangt. Deine Frau mag den Karrierehengst, aus dem du dein Selbstbewusstsein ziehen willst, möglicherweise garnicht so sehr wie du glaubst.
Für dich sind das doch eher positive Eindrücke. Deine Frau würde dich mit weniger Geld vielleicht mehr lieben. Sie bewundert deinen Erfolg vielleicht sogar, kann dir das aber nicht geben, ohne daß ihr eigener Erfolg bewundert wird. Letzteres bleibst du ihr mit deiner sie abwertenden, vergleichenden, und sorry, aber ziemlich hochnäsigen Art, schuldig. Auch dein Text legt großen Wert darauf darzustellen, daß du alles richtig gemacht hast, und deine Frau unverständlich reagieren würde.
Tut sie meiner Ansicht nach garnicht. Sie will deine Anerkennung. Und statt dessen forderst du ihre. Dir mangelt es an Selbstbewusstsein, sonst würdest du über deine Errungenschaften nicht reden müssen, und könntest ihre Erfolge stehen lassen.
Abschließend, ich kenne AD(H)S aus eigener Familie, das ist fordernd, aber keineswegs unmöglich. Auch ist es nicht unmöglich, einen Haushalt zu schmeißen. Genausowenig ist es unmöglich, Betriebswirt zu sein, und damit ein Haus zu finanzieren. Das tun etliche andere auch, sowohl Frauen als auch Männer.
Also bilde dir auf dich und auf deine Situation nicht allzuviel ein, und besonders nicht auf deine Erfolge (eckst du mit der Art nicht in der Arbeit ebenfalls unter deinen Kollegen - also nicht den Chefs, sondern den "Peers" - an?). Auch nicht auf die deiner Frau. Und versuche mehr, sie zu verstehen.
Du hast einen Anerkennungskampf angezettelt, mit deiner "fordernden Art" (meinem Eindruck nach deinem Text, eher eine Art, deine Umgebung abzuwerten, vielleicht mangelndes emotionales Selbstbewusstsein deinerseits). Deine eigenen Errungenschaften sind dabei trotz des beruflichen Glanzes eigentlich eher banal. Jetzt setzt ihr euch gegenseitig unter Druck, wer wem wie viel Anerkennung schenkt, und du bist gerade dabei, das Kräftemessen zu verlieren. Weil du deine banale Position, wenn man sie für das Leben als ganzes bewertest und nicht nur beruflich, erst noch klar werden musst.