Hallo ihr Lieben,
ich nutze dieses Forum, um Rat zu erhalten. Einen guten Tipp, Zuspruch und um mal alles von der Seele zu bekommen. Ich weiß manchmal wirklich einfach nicht weiter...
Um euch das Verständnis zu erleichtern, will ich zunächst die Personen, um die es gehen soll vorstellen. Das sind mein Freund und ich. Anschließend kurz zu "unserer Geschichte" und danach schildere ich das Problem.
Also da bin ich, 26 und Studentin mit zwei Nebenjobs. Ich mache gerade mein Examen (ja, bald bin ich Lehrerin) die stressigste Zeit in meinem Leben. Ich bin ein sehr entspannter Mensch, aus der Ruhe bringt mich eigentlich gar nichts. Ich hatte eine tolle Kindheit und auch sonst lief es in meinem Leben immer alles ganz gut. Wahrscheinlich hab ich nen kleinen Schaden, weil ich mal von einem Mann verprügelt und zum Sex gezwungen wurde aber das hab ich gut überwunden und inzwischen ist mir das eigentlich ziemlich egal. Vielleicht kommt daher mein "Problem", dass ich sehr gefühlsbetont bin und mich nach Liebe sehne. Ich kuschle extrem gern und brauch auch diese Geborgenheit. Genau so gern hab ich auch Sex und lache viel mit meinem Liebsten. Ich liebe ihn über alles und bin wirklich glücklich mit ihm.
Dann ist da er, 33 und in einer höheren Position bei einer Bank. Seine Kindheit war das, was man niemandem wünscht. Vater hat die Familie verlassen, als er noch ein Baby war. Er wuchs allein mit der Mutter auf, die in Schichten arbeitete und nie Zeit für ihn hatte. Er hat sich weitestgehend allein versorgt... vom Freund der Mutter verprügelt, die die Augen vor alle dem verschloss. Seine wenigen glücklichen Momente hatte er, wenn er Vater und Großeltern besuchte. Dann starb die geliebte Oma, das scheint er bis heute nicht überwunden zu haben. Er war als Kind und Jugendlicher sehr übergewichtig, hat aber toll abgenommen und sieht hervorragend aus. Er ist immer unzufrieden mit sich. Hinzu kommt, dass er ein totaler Pascha ist. Nicht, weil er faul wäre. Viel mehr glaube ich, dass er das umsorgt werden braucht, weil ihm das als kleiner Junge einfach gefehlt hat. Ich denke, das liegt an der mangelnden Liebe und Zuwendung in seiner Kindheit. Er ist geschieden, nach 3 Monaten Ehe..sie hat ihn betrogen und ist heimlich still und leise einfach ausgezogen. Eigentlich bestand sein Leben nur aus einer Aneinanderreihung von negativen Ereignissen, die ich hier nicht alle aufzählen will Fakt ist, er ist ein toller und liebevoller Mann, trotz aller Hindernisse.
Nun zu unserer Geschichte und dem Problem:
Es begann mit zwei Profilen auf einem bekannten Singleportal. Ich hab ihn angeschrieben, weil sein Profiltext so witzig war :) Irgendwann wurden Handynummern getauscht und nachdem er einen Monat nicht nachgelassen hat, sich immer und immer wieder zu melden, haben wir uns getroffen. Ich fand ihn irgendwie nicht toll und er..naja. Sagen wir, ich war wohl sehr charmant ;) Schlussendlich wollte ich ihn aber doch wiedersehen. Er war so bemüht und hat um mich geworben, wie nie jemand zuvor. Nicht mit Geld und Geschenken... mit Worten und Taten. Ich konnte nicht anders und hab mich unsterblich verliebt. Schon nach einigen Wochen Beziehung bin ich zu ihm gezogen, ich war bei unserem Kennenlernen bereits auf Wohnungssuche und er hat es unbedingt gewollt. Ich war erst skeptisch aber am Ende hat mein Herz gesagt, dass es das richtige ist. Inzwischen sind wir 9 Monate zusammen und haben wirklich Pläne für die Zukunft. Es ist alles wunderschön...
... wenn da nicht ab und an eine Seite an ihm auftauchen würde, die so gar nicht in das wunderschöne Bild passt. Ich schildere einfach mal einige Situationen. Das ist einfacher, als zu versuchen, es zu erklären.
Zugegeben, ich bin sehr ungeschickt. Ich lasse oft Dinge fallen und verschütte Zeug, ich tue mir weh oder dann und wann versehentlich anderen. Ja, ich bin ein Tollpatsch, wie er im Buche steht aber hey, ich hab mal gehört, das so kleine Macken Menschen sympathisch machen!? Nun denn.. es gab mal einen Moment, in dem wir nebeneinander im Bett lagen und ich mich umgedreht hab und zack, ihm den Ellenbogen in die Rippen gehauen. Ja, das tat sicher weh aber war keine Absicht und ich hab mich entschuldigt aber er ist total ausgerastet. Hat mich beschimpft und wollte mich rauswerfen. Ich hab geweint und gefleht und durfte schließlich bleiben aber am nächsten Morgen sollte ich gehen und er wollte mich nie wieder sehen. Später nahm er das zurück und erklärte, dass das Erinnerungen an den brutalen Freund der Mutter wach rief. Ich verstehe das wirklich. Ich bin studierte Pädagogin und weiß, wie wichtig die Erfahrungen der Kindheit für das ganze weitere Leben sind aber ist das nicht überzogen?
Weiterhin ist es oft bei kleineren Konflikten, die ja in jeder Beziehung mal auftreten so, dass er scheinbar nie gelernt hat, seine Probleme auf normalem Weg zu lösen. Es wird immer die Stimme erhoben (niemals die Hand!!), immer laut, immer beleidigend, immer drohend. Ich sei dumm, er würde mich rauswerfen, er säße immer am längeren Hebel... und und und. Ich versuche immer stark zu sein, ein ums andere Mal. Wenn er fertig gemeckert hat, sage ich ihm dann auch jedes Mal ruhig aber deutlich, dass das so nicht geht. Dann schmollt er und ist schließlich einsichtig. Er entschuldigt sich und dann ist die Sache wieder gut. Aber ich weiß einfach nicht, wie viele dieser Worte mein Herz noch ertragen kann. Versteht mich nicht falsch, 97,9% der Zeit ist er ein absoluter Traum. Fürsorglich und liebevoll, seht bemüht und immer ehrlich. Aber wenn dann mal eine Situation auftritt, in der es zu einem Konflikt kommt, kann er damit so gar nicht umgehen. Ich habe immer Verständnis, erkläre ruhig, dass es so nicht geht und ja, ich weine dann auch viel. Manchmal denke ich, dass er mich nicht liebt. Denn wie kann man so zu jemandem sein, den man liebt? In letzter Zeit häufen sich diese Momente. Er hat viel Stress an der Arbeit, den er nicht bewältigen kann und da will ich ihm eine Stütze sein aber am Ende bin ich doch nur die Dumme. Egal, was ich tue.
Wenn ich mich beim gemeinsamen Fernsehabend an ihn kuscheln will, sagt er in letzter Zeit sehr häufig, dass ich mich aufdränge, er Freiräume braucht...er weist mich ab. Ich bin einfach verzweifelt. Ich will ihm diesen Freiraum ja geben aber wie viel davon ist zu viel und gefährdet die Beziehung?
Jeder sagt mir, ich soll einfach gehen. Ihn verlassen und mir ne Wohnung suchen. Aber das kann nicht die Lösung sein. Jemanden, der in sich drin so kaputt ist und krampfhaft nach Liebe und Anerkennung und wahrscheinlich auch sich selbst sucht, den lasse ich nicht allein mit sich. Ich liebe ihn und will ihm helfen aber da bin ich am Ende eben doch "nur" Lehrerin und keine Psychologin. Und nein, ich bin nicht naiv. Ich sehe die Dinge sehr klar und weiß, dass es auf Dauer so nicht bleiben kann aber da ist eine Trennung keine Option. Wir lieben uns und da muss es einen gemeinsamen Weg geben.
Danke fürs Lesen... astheniea