Hallo Tobero, ...
ich glaube, Du beschreibst eine Geschichte wie sie gar nicht so selten ist.
2 Menschen kommen zusammen, stellen fest, dass sie ganz gut miteinander auskommen und die Beziehung nimmt ihren Lauf. Eine berufliche Entwicklung findet statt, man baut sich zusammen was auf, Kinder kommen dazu und alles geht seinen normalen Gang. Haus, Job, Kinder, Einkommen, Urlaub, Freizeit, Freunde ... alles im grünen Bereich und höchstens marginale Anlässe zu Beanstandungen.
Und doch taucht irgendwann zumindest bei einem die Frage auf: Bin ich jetzt da, wo ich hin gewollt hab?
Diese Frage stellt sich derjenige, der Unzufriedenheit in sich spürt.
Man überdenkt sein Leben und die wichtigste Beziehung darin und stellt erschrocken fest: Upps, wir sind mittlerweile Lichtjahre voneinander entfernt. Man stellt fest, dass man sich vor langer Zeit verloren hat, weil man das Gespür für den anderen, für seine Entwicklung verloren hat (wenn es denn jemals da war). Und dann steht man vor einer Situation wie Du jetzt.
Deinem Beitrag entnehme ich, dass Du vermutlich der zufriedenere Part in Eurer Beziehung warst und wenn dem so ist, dann besteht häufig ja keine Notwendigkeit, sich in Reflektion zu üben, denn man möchte den status quo ja gar nicht verändern. Der Mensch ist eine träge Masse und überwindet sein Phlegma nur, wenn der Ertrag höher als der Aufwand erscheint, aber welchen Ertrag habe ich, wenn ich doch eigentlich zufrieden bin.
Deine Frau war wohl nicht in diesem Maße zufrieden und hat es aber anscheinend vermieden, dies zu kommunizieren (ist ja wohl auch ein häufiges Muster bei Frauen, sich in diese Rolle zu fügen) und hat stattdessen akribisch Tagebuch geführt.
So setzt sich die Spirale in Gang, die 2 Menschen immer weiter voneinander entfernt.
Ihr habt Euch vor langer Zeit verloren und was (hauptsächlich wohl Deine Frau noch) hält, sind die praktischen Gesichtspunkte.
Ich denke, es ist sehr schwierig, aus dieser Situation wieder zusammen zu finden und ich hab da ehrlich gesagt auch keine vielversprechenden Ansatzpunkte, aber Du solltest aufhören, Dir Gedanken darüber zu machen, wer was Schuld war, wer wie hohl ist usw.
Die Geschichte Eurer Beziehung haben zwei Menschen geschrieben und damit haben auch beide Verantwortung dafür und es bringt keinem etwas, Wertungspunkte in Sachen Schuld zu verteilen. Ich wehre mich immer dagegen, in diesem Zusammenhang von Schuld zu sprechen. Die Entwicklungen und Ereignisse, die es gegeben hat, geschahen immer im Zusammenspiel zwischen Euch - ohne den jeweils anderen geht es nicht.
Vielleicht könnt Ihr im Nachhinein in Gesprächen Eure Vergangenheit aufarbeiten und so ein nachträgliches Verstehen des anderen erreichen und vielleicht gibt es dann irgendwo wieder ein Licht am Ende des Tunnels.
Deine Frage, ob Du ein emotionsloser, hohler Mann bist, empfinde ich als 'fishing for compliments', denn Du weißt ja selber sehr genau, dass Du es nicht bist. Deine Emotionen hast Du am Anfang des Beitrags beschrieben und wärest Du hohl, könntest Du Deine Situation nicht so gut schildern, sondern verstündest überhaupt nicht, was um Dich herum passiert.
Aber als Aufhänger ist der 'hohle Mann' gut, denn er hat ja auch mich zum Lesen Deines Beitrags bewegt :-)
Einen lieben Gruß
Larsen
P.S. Würde mich ein jüngerer Mensch fragen, was man in einer Beziehung beachten sollte, würde ich ihm raten, es ähnlich wie meine Schwester zu machen. Ich hab sie mal gefragt, wie sie die mehr als 20 Jahre, die sie nun mit meinem Schwager zusammen ist, so gemeistert haben, dass sie sich nicht verloren. Sie sagte mir, dass sie von Anfang an darauf geachtet hätten, jeden Tag ein wenig Zeit nur für sich zu haben, um sich auszutauschen und über die Entwicklungen, Gedanken und Gefühle des anderen auf dem laufenden zu bleiben und sich eben nicht zu verlieren. Mein Schwager sah das wohl ähnlich und es hat zumindest bis heute funktioniert. Davor, dass sie schon mit Anfang bis Mitte 20 auf diesen Trichter gekommen sind, ziehe ich den Hut.