Ach wie fang ich bloß am besten an.
Bis vor einigen Jahren war ich so ein gelassener Mensch. Ich hätte schwören können, dass ich eine ganz tolle Frau bin wenn es um Beziehungen geht - so rücksichtsvoll, verständnisvoll und locker. So selbstbewusst und gerade dadurch so unendlich angenehm zu handhaben. Keine großen Ansprüche, Forderungen oder Regeln - nur ein Fan von Liebe, Treue und Ehrlichkeit.
Meine letzte Beziehung hat mich hierbei etwas zerrüttelt. Gerade weil meine Ansprüche nicht die größten waren, war ich mit einem Mann zusammen, den die meisten Frauen nicht einmal mit dem Arsch ansehen würden. Er war klein, nicht der schönste, völlig unerfahren und unreif, unselbstständig, arbeitslos, ziel- und orientierungslos, verschuldet - eigentlich so ziemlich alles, was man sich nicht von seinem Freund wünscht. Doch ich stand mitten im Leben, mir ging es gut, vielleicht hab ich mich deshalb in eine Beziehung mit so einem kaputten Menschen gestürzt. Ich wollte ihm die Freuden des Lebens zeigen, hab ihn schnell bei mir einziehen lassen, ihm ein unglaublich schönes Leben beschert, ihn finanziell unterstützt und ihm - jede seiner Lügen abgekauft. Anfangs dachte ich, ein Mensch in seiner Lage, könne innerlich nur "gutherzig" sein, da er sich ja sein ganzes Leben lang nach Liebe gesehn hat. Aber der Schein trügte gewaltig.. er gaukelte mir lange vor, ein Konto zu haben, welches er nur noch nicht öffnen konnte um seine Schulden auszugleichen, erzählte mir von seiner schrecklichen Familie und wie grausam seine Mutter mit ihren Kindern umsprang. Von einer verrückten Exfreundin, die immer wieder vor seiner Tür stand weil sie mit der Trennung nicht zurecht kam und von korrupten Begebenheiten, wie zB.. dass ihm seine Mutter mit dem Rauswurf drohte, wenn er nicht sämtlichen Verdienst aus dem Beruf abdrückte. Er nannte es selber eine Teufelsspirale, aus der er nicht raus kam. Dass er so gern selbstständiger wäre, ausziehen würde, sich zu einem guten Mann machen würde der eines Tages eine Familie ernähren kann, aber dass es nicht funktionieren würde, da ihm seine Mutter ständig die finanziellen Mittel nehmen würde und er sonst auf der Straße sitzen würde.
In den darauffolgenden 1 1/2 Jahren durfte ich feststellen dass nichts von alldem richtig war. Ich lebte mit einem Mann zusammen, der in seinem ganzen Leben nie gearbeitet hatte, sowohl seiner Mutter - als auch mir im Anschluss auf der Tasche saß. Er beklaute mich, belog mich und bedrohte mich nach der Trennung mit dem Tod, sodass sogar die Staatsgewalt bei mir täglich ein- und ausging, weil selbst mein Freundeskreis Angst hatte, vor diesem Menschen, der "ohnehin nichts zu verlieren hatte".
Ich lebte dann also allein, lernte nach einiger Zeit wieder jemanden kennen. Jünger, wohnte weit weg, aber er gab mir ein gutes Gefühl. Dieses "Ich verstehe nicht wie dir ein Mensch jemals sowas antun konnte"-Gefühl, auf das mein Herz so sehnsüchtig wartete. Nach einiger Zeit führten wir eine Beziehung - und diese lief, aus meiner Sicht betrachtet sehr gut. Was ich anfangs nicht wusste ist, dass er mit der Entfernung dieser Fernbeziehung nicht klar kam und sich einredete, dass es ohnehin nicht funktionieren könne, auf solch eine Distanz. Dadurch versuchte er in den ersten Wochen seine Gefühle zu mir abzustellen und betrog mich - zwar nicht "real", jedoch über Whatsapp. Mit eindeutigen Bildern und Verleumdung meinerseits. Hardcore. Ich hatte damals zum ersten Mal in meinem Leben das Bedürfnis zu "schnüffeln", weil ich merkte dass etwas nicht stimmt. Vermutlich kam dieses Misstrauen noch von meiner alten Beziehung, in der ich sah, dass Männer sehrwohl grandiose Lügner sein konnten. Ich wurde bestätigt, als ich Nachts in sein Handy sah. Ich hab ihn direkt geweckt, natürlich massiv geweint - und er kämpfte um die Beziehung und beteuerte mir dass da nichts weiter gewesen wäre und es ihm so unsagbar Leid täte. Dass er einfach Panik hatte wegen der Entfernung und alles tun würde, damit ich bleibe. Im Anschluss folgte am nächsten Tag ein Gespräch mit seiner Mutter, die mich schon sehr ins Herz geschlossen hatte - und die mir erzählte, dass er ein Spätreifer Mensch sei, der in Beziehungen noch lange nicht die Erfahrung gemacht hat, die ich gemacht habe. Dass er diese Grenze überschritten hat aber sie weiß, dass ich für ihn die Eine bin. Dass sie mich anfleht, ihm diese Chance zu geben, wenn ich es schaffen könnte ihm zu verzeihen, weil sie weiß, dass ihr Junge mich abgöttisch liebt und so einen Fehler, nachdem er gesehen hat was auf dem Spiel steht, nie wieder tun wird.
Wochen folgten. Er ging nicht mehr mit seinen Kumpels in Discotheken, sondern blieb lieber zuhause und telefonierte mit mir in Skype. Er gab mir sein Passwort für Soziale Netzwerke, zeigte mir immer wieder wer in Whatsapp schrieb, meldete sich stets wenn er nachhause kam, oder morgens aufstand, wenn er schlafen ging, ja sogar wenn er sich nur etwas zu essen holte. Manchmal dokumentierte er seine Schritte mit Fotos, damit ich wusste, dass nichts seltsam ist.
Dafür bin ich ihm bis heute dankbar - das war vermutlich der Grund weshalb ich ihm verzeihen konnte.
Jedoch, lebe ich seitdem hinter einer Maske. Meine Eifersucht ist unendlich. Wenn er in Facebook online ist, ohne sich zu melden, sind da tausend Bilder in meinem Kopf, was er gerade anstellt. Wenn er in Whatsapp schreibt, ohne sich zu melden, frage ich mich instinktiv ob es wieder eine Chatsex-Bekanntschaft aus seiner Umgebung ist, oder eine Ex, oder eine von denen, mit denen er nur geschlafen hat. Jede davon geographisch in unmittelbarer Nähe - und ich, so unendlich weit weg.
Ich hacke dann meistens nicht nach. Wenn er sich tagsüber nur sporadisch meldet, erinnere ich mich direkt wieder an den Tag, an dem der Mist gebaut hat. Dann werde ich so unendlich traurig, ja beinahe panisch, weil ich - obwohl er eigentlich ganz normal - wenn auch weniger - schreibt, sofort denke dass etwas im Busch ist.
Manchmal platzt es dann aus mir raus. Dann werde ich selber total komisch, schreib nur noch kurze Phrasen zurück, sodass er direkt merkt dass etwas mit mir los ist. Und wenn ich dann anfange ihm zu sagen, dass es mir so vorkommt als wär wieder irgendwas nicht in Ordnung, dann ist er mit der Situation total überfordert. Innerlich denk ich wirklich, dass er mir treu ist und die Beziehung nicht nochmal aufs Spiel setzen würde - aber ich kann mit meiner Eifersucht einfach nicht umgehen. Ich stehe so unter Druck die ganze Zeit, weil ich so selten ausspreche was in meinem Kopf rum geht - weil ich einfach Angst hab, dass er irgendwann so genervt von meinem ständigen Eifersuchtswahn ist, dass er Scheiße baut, weil er mich nicht mehr aushält.
Ich würde so gern wieder so sein wie früher. Einfach vertrauen können, nicht immer nachsehn ob er online ist. Ich merke ja selber dass ich sowohl mir, als auch meiner Beziehung schade. Es gibt Tage, an denen ich so panisch weine, mich verletzen will, oder einfach nur schlafen will. Ich hab dann Putz-Attacken in der Wohnung, oder kaufe mir Dinge die ich nicht brauche um kurzzeitig abgelenkt zu sein. Ich rauche dann mehr als sonst und immer wieder erwische ich mich dabei wie ich mir an Wochenenden wo wir uns nicht sehen untertags sogar eine Flasche Wein öffne und mit diese bei sämtlichen Aktivitäten in der Wohnung wie einen Schatz mitschleppe. In diesen Momenten rede ich mir ein dass ich trinken muss, damit ich "lockerer" werde - nicht um auf alles zu scheißen - sondern seinetwegen. Damit ich lockerer bin und ihm nicht zeige dass ich eifersüchtig bin, damit er wiederum nicht genervt ist und ich wiederum nicht Angst haben muss dass ich damit alles zerstöre.
Ich bin so ein Wrack geworden! Ich habe damit begonnen mein gesamtes Umfeld zu belügen. Ich habe nie gelogen, zumindest nie bewusst und verletzend. Wenn mich heute eine Freundin anruft und fragt was ich abends mache, dann gaukel ich ihr stets vor dass ich schon jemandem bei irgendetwas helfen müsste. Meine sozialen Kontakte nehmen drastisch ab weil ich niemandem mehr meine Zeit schenke und lieber allein sein will. Wenn meine Eltern mich fragen wie es mir geht und was ich mache, erzähle ich ihnen Märchengeschichten von Shoppingtouren und Wein-Abenden mit meinen Mädels, wobei ich eigentlich nur weinend zuhause kauere und mein Handy auf lautslos stelle, damit mich in diesen Phasen keiner sieht und stört.
In der Arbeit, bin ich so "glücklich". Zuhause, bin ich so "glücklich". In meiner Beziehung, bin ich so "glücklich". Ich versuche mit allen erdenklichen Mitteln zu verheimlichen dass ich innerlich komplett kaputt bin. Ich war kurzzeitig sogar dabei, mich für eine Therapie anzumelden, kann diese jedoch zeitlich nicht mit meiner Arbeit vereinbaren. Und würde ich das machen, würde sofort auffallen dass bei mir eben icht alles okay ist. Ich hab in den vergangenen drei Jahren soviele Dinge getan die mir peinlich sind - mir Schnittwunden zugefügt, an Stellen die Menschen nicht sehen. Ich bin keine Aufmerksamkeitsgestörte Persönlichkeit. Ich will nicht öffentlich zeigen dass ich Hilfe benötige. Aber ich denke, ich würde sie dringend brauchen.
Wie komme ich denn bloß aus diesem Tief wieder raus?
Ich kenne dieses eifersüchtige Verhalten nicht so gut wie ichs gern würde. Wie stelle ich das wieder ab? Wie schaffe ich es wieder "die Alte" zu werden? Die, die ich leiden konnte - anstatt die, die ich mir schönsaufen muss?
Bin um jeden Tipp dankbar!