Nachdem ich viel im Forum gelesen habe, möchte ich nun auch meine Geschichte erzählen.
Ich bin seit 10 Jahren mit meiner Frau zusammen und seit 6 Jahren verheiratet. Aus der
Ehe sind zwei Kinder hervorgegangen. Die Ehe lief scheinbar harmonisch und wenn ich zurückblicke
war es eine schöne Zeit. Bis ich feststellte, dass ich meine Frau nicht liebe!
Ein paar Worte zu mir: Ich bin seit meinem 17 Lebensjahr ohne Unterbrechung in Beziehungen. Früher im
jugendlichen Leichtsinn waren die Beziehungen meißt relativ kurz, aber liefen immer nach dem gleichen
Muster ab. Ich bin immer mit voller Wucht in die Partnerschaft und habe mein Gegenüber auf Händen getragen,
mein ganzes Umfeld vergessen und vernachlässigt. Dann kam urplötzlich der große Knall und ich war weg.
Warum das so war, habe ich nie hinterfragt!
Dann lernte ich meine Frau kennen und das war meine erste lang andauernde Partnerschafft. Nach drei Jahren
lernte ich ein anderes Mädchen kennen und schwupp - von heute auf morgen - war ich wieder weg. Nach ca. 2
Wochen kam ich natürlich wieder reumütig zurück und ich bekam meine zweite Chance. Das lief auch so gut, dass
wir geheiratet haben und letztendlich zwei Kinder auf den Weg brachten.
Leben gut, Karriere gut, Familie gut...dann kam mein Zusammenbruch. Zuerst wieder der Fluchtreflex, den ich
aber durch die Erfahrungen und auch wegen meiner Verantwortung in den Griff bekam. Ich möchte bemerken, dass
keine andere Frau in dieser Situation eine Rolle spielt. Ich habe aus meiner innerlichen Not meiner Frau
meine Gefühlswelt offen gelegt und natürlich viel Porzellan zerbrochen, als ich ihr sagte, dass ich nicht weiß
ob ich sie liebe. Die Entwicklung in mir ging ihren Lauf. Ich kann es schwer erklären, warum ich so fühle, aber ich
versuche es.
Weil ich nicht weiter wußte, aber auchg nicht davon laufen wollte, bin ich in professionelle Betreuung gegangen und
da fing es an: Kindheit, Selbstwert, Unterbewußtsein...Dinge mit denen ich mich mein Leben lang nicht beschäftigt
habe. Die Fragen: Was sind deine Lebensziele? Liebst du dich selbst? Wurdest du geliebt? Das war für mich bis vor kurzem
alles Psychoquatsch. Nun ja, heute sprudeln die Erkenntnisse gerade zu raus, mal mehr mal weniger, aber es wird vieles
klarer. Um es kurz zu fassen: Ich wurde in meiner - wohlbemerkt behüteten - Kindheit nicht geliebt. Mein Vater war nicht da
und meiner Mutter kann ihre Zuneigung nur durch materielle Zuwendungen zeigen. Bei einem Kind löst ein solcher Mangel unter
Umsatänden eine Abspaltung dieses emotionalen Bereichs aus. Die Festplatte wird einfach gelöscht. Deshalb kommen manche Frauen erst mit 40 Jahren darauf, dass sie in jungen Jahren missbraucht wurden, reiner Selbstschutz. So war ich nicht fähig
mich selbst zu lieben, ein Selbstwertgefühl zu entwickeln. Nicht zu verwechseln mit Selbsbewußtsein. Das führte dazu, dass ich in eine Rolle geschlüpft bin und mich um das Wohlergehen meiner Partner bis zur Selbstaufgabe zu kümmern, um Liebe zu
empfangen. Für mich ist es das größte Glücksgefühl zu sehen, wenn ich andere glücklich mache.
Dabei habe ich mich selbst vergessen, mir nie Räume geschaffen und habe jetzt einen gewissen burnout.
Naja, ich habe mir mit dem Einverständnis meiner Partnerin - um die Beziehung zu retten - die Freiräume so gut es ging genommen. Was übrigens tierisch schwer ist, wenn man das viele Jahre nie gemacht hat. Nur in der Ruhe hat man die Möglichkeit neuer Erkenntnisse zu bekommen. Ich habe festgestellt, dass mein "Lebensmodell" nicht mit dem meiner Frau übereinstimmt. Ich möchte schlichtweg alleine Leben. Das ist keine Flucht, sondern das bin ich. So war ich als Kind, das sind meine schönsten Erinnerungen. Einsamkeit. Hört sich etwas seltsam an, aber da möchte ich hinkommen. Eine Partnerschaft in der jetzigen Form ist mit mir nicht möglich. Und nur in diesem alleine sein, kann ich all meine eigenen Probleme erst bearbeiten und lösen.
Natürlich kann man jetzt wieder denken: So ein Schwein, lässt Kind und Kegel einfach sitzen. Bloß wegen den paar Problemchen. Klar, kann man das so sehen. Auf der anderen Seite haben ich und meine Frau vielleicht noch 30/40 Jahre vor uns und es ist kein Egoismus, darüber nachzudenken, ob der momentane Lebensweg der richtige ist. Man lebt nur einmal. Jede Trennung birgt für beide auch ein Neuanfang. Solange man versucht vernünftig miteinander umzugehen.
Ich rede natürlich mit meiner Frau auch über meiner Innenwelt und es ist natürlich brutal, da sie mich liebt und sieht, wie ich mich langsam entferne, aber manchmal gelingt es auch mit den besten Vorsätzen nicht die Beziehung aufrecht zu halten...wenn man den Partner nicht liebt, nicht bedingungslos annehmen kann und dieses Gefühl nicht kommt, vielleicht nie da war.
Tja, das ist meine Situation. Keine Geliebte, nicht vom Partner hintergangen...und trotzdem scheint alles zu zerbrechen, was gestern noch normal war. Das war von mir bestimmt keine Absicht!
Alles Liebe an alle die mit ihrer Beziehung kämpfen und ich wünsche die Kraft und den Mut für richtige Entscheidungen!
Ob ich die richtigen Entscheidungen treffe, weiß ich auch erst in ein paar Jahren...