Danke für diese Diskussion, Hotte1966
so macht es tatsächlich Spass, mit dir zu diskutieren, Jürgen. Und ich fühle mich diesmal auch nicht angegriffen.
Ich gebe dir in vielen Punkten Recht, die du dargelegt hast. Deine Definitionen von "berechnend, naiv und dumm" in Bezug auf diesen Fall treffen meines Erachtens durchaus zu.
Aber ich bleibe dabei, mir steht es nicht zu, ihr das an den Kopf zu werfen. Sie will einen Weg aus ihrer Situation finden (zumindest habe ich ihr Post so interpretiert) und es hilft ihr nicht, wenn ich sie beschimpfe. Und wenn ich ihr nicht hätte helfen wollen, dann hätte ich gar nicht geantwortet.
ABER ich habe mitnichten irgendwo in meiner Antwort ein "Schulterklopfen", Jürgen oder ein "ist doch nicht so schlimm" oder "kann ja mal vorkommen". Diese Stelle müsstest du mir in meiner Antwort schon zeigen.
Ich habe auch nirgens behauptet, dass es einen schmerzfreien oder "sauberen" Weg aus der Situation gibt. Der Weg, den ich aufgezeigt habe, verlangt von ihr den Schmerz des schnellen und totalen Schnitts mit dem Mann, den sie liebt - aber nicht bekommen wird. Bei diesem Weg wird sie leiden, anfangs sogar ziemlich stark - und ich kann nicht beurteilen, wie leidensfähig Hirse2 ist.
Der in jedem Fall gekniffene ist der Ehemann. Für ihn gibt es nämlich gar keine Lösung, die ihn nicht beeinträchtigt. Das löst beim Leser ein Gefühl von Ungerechtigkeit aus, denn er ist nun mal der Betroffene (im wahrsten Sinn des Wortes). Verlässt sie ihn, muss er mit all den Emotionen klar kommen, die das bei ihm auslösen wird; bleibt sie, dann ist er vielleicht auf Dauer nur der Notnagel. Im ersten Fall hat er die Chance, neu anzufangen - im zweiten Fall kann man für ihn nur hoffen, dass er es nicht merkt - oder selbst auf den Trichter kommt, dass seine Ehe am Ende ist. Da gebe ich dir völlig Recht, eine "saubere" Lösung gibt es nicht.
Tja, die Sache mit dem Kind. Du hast einen emotionalen Blick auf den Fall. Du hast selbst geschrieben, dass dich die Daten "bewegt" hätten. Das ist kein Grund, dich zu verteufeln, auch nicht, dass du dieses Verhalten verantwortungslos hältst. Es ist nur eine andere Herangehensweise als meine. Warum, weshalb, wieso dieses Kind entstanden ist, was die Motivation dahinter war, schwanger zu werden, das weiß ich nicht, weil Hirse2 es nicht geschrieben hat. Ich weiß nur, dass es dieses 18 Monate alte Kind gibt - und dass es ihre Pflicht ist, in ihre Entscheidungen das Wohl dieses Kindes mit einzubeziehen.
Schwangerschaften entstehen aus vielerlei Gründen. Natürlich aus dem Wunsch nach Krönung einer Partnerschaft und Liebe. Aber auch: aus dem mehr verzweifeltem Wunsch nach Liebe, nach Nähe, nach gebraucht werden. Aus dem Wunsch heraus, eine Partnerschaft zu retten, die eigentlich nicht mehr rettbar ist, was man sich aber nicht eingestehen möchte. Aus der Panik vor dem Alter und der biologischen Uhr, aus dem Zugeständnis an den Partner, weil der unbedingt eines möchte und und und. Verstehe mich nicht falsch, bis auf den ersten Grund sind das alles irrationale, z. T. verantwortungslose, verzweifelte Gründe. Welcher hier zutrifft, weiß ich nicht und da maße ich mir auch kein Urteil an. Es macht mich auch nicht fassungslos, weil ich weiß, dass Menschen im zwischenmenschlichen Bereich nicht reflektiert und rational handeln.
Der letzte Punkt - wo kein Kläger, da kein Richter. Ja, das stimmt. Dann gibt es Straffreiheit. Dann hat aber auch keiner einen Schaden, Jürgen. Auch die oder der Betrogene nicht. Das ist das, was die allermeisten Fremdgänger anstreben. Und wenn es raus kommt - der berühmte dumme Zufall - dann heißt es, Verantwortung übernehmen für das eigene Handeln. Fremdgehen ist eine Freiheit, die man sich herausnimmt, dazu muss man dann auch stehen.
Es hat mich gefreut, Jürgen - auch wenn mir klar ist, dass wir in der Bewertung von "Fremdgehen" wahrscheinlich wirklich weit voneinander entfernt liegen.
Gruß, Jane