Hallo zusammen,
ich würde gern ein paar "neutrale" Einschätzungen meiner aktuellen Situation hören, da ich meiner eigenen Intuition und meinem Bauchgefühl im Moment nicht traue. Von meinem Kopf garnicht zu reden, der dreht völlig wirr im Kreis.
Seit inzwischen 8 Jahren lebe ich in einer Beziehung mit einem Mann. Unser gemeinsamer Start war etwas holprig, ich war noch in der Trennungsphase einer vorherigen Beziehung und zu Anfang war "Er" nur als "Trösterchen-Affäre" gedacht. Wir haben 300km voneinander entfernt gelebt, uns an den Wochenenden getroffen und die gemeinsame Zeit einfach genossen.
Das ging ca. 1 Jahr so, in dieser Zeit haben wir beide die sich entwickelnde Beziehung immer mal wieder in Frage gestellt (ich, weil ich nicht sicher war, ob ich so "nahtlos" von einer ernsthaften, langen Beziehung in die Nächste will. Er, weil er wohl lange nicht wirklich wusste, woran er bei mir ist).
Am Ende aber waren wir ein Paar, verliebt, glücklich und mit einem starken "wir haben so viel überstanden um hier anzukommen, wir können Alles schaffen!" Gefühl.
Etwa ein halbes Jahr später ergab sich für ihn beruflich die Chance, sich in meine direkte Umgebung versetzen zu lassen und wir haben uns für einen Sprung ins kalte Wasser entschieden und wollten zusammen ziehen.
Kurz bevor es soweit war, der Mietvertrag stand zur Unterschrift, bekam er "kalte Füsse" und machte in einer Hauruck-Aktion, in der ich ihn auch ganzschön unter Druck gesetzt habe, zu sagen was los ist, Schluß.
Etwa 1 Woche waren wir "getrennt", dann tat ihm Alles Leid und er bat mich um eine neue Chance.
Er bekam sie, wir zogen zusammen.
Etwa 2 Jahre ging Alles gut. Dann stand das Ende seiner Anstellung bevor (er war Berufssoldat) und fast zeitgleich teilten unsere Vermieter uns mit, das die Wohnung verkauft und vom neuen Eigentümer als Eigenbedarf beansprucht werden würde.
Er zog sich spürbar zurück, war verschlossen und wenn ich wissen wollte, was los war, reagierte er genervt. Früher (bevor wir uns kennen gelernt hatten) war es immer sein Traum gewesen, die die USA auszuwandern und jetzt begann er wieder, sich mit der Idee zu beschäftigen.
Nach einer Woche Urlaub bei Freunden ohne ihn teilte er mir bei meiner Rückkehr mit, das er sich von mir trennen und doch in die USA gehen wolle. Ich war geschockt, sagte ihm aber, das ich das akzeptieren würde, wenn es das ist, was er wirklich will. Ich machte ihm klar, das ich da sein würde solange er es auch so, schlug ihm sogar vor, für 4 Wochen in die Staaten zu gehen, um zu sehen wie sich sein Wunsch umsetzen ließe. Ich machte ihm klar, das es mit der Idee allein nicht getan ist und das er sich informieren und einen Plan machen soll.
Das Ende vom Lied, nach ein paar Wochen Angst, waren Tränen, Entschuldigungen und die Entscheidung, hier und bei mir zu bleiben. Er sagte damals, er habe sich für mich und die Beziehung entschieden.
Wir suchten eine neue Wohnung, fanden eine wunderschöne, zogen um. Alles fühlte sich noch besser an als zuvor. Bewusster. Ein weiterer Stolperstein, den wir gemeinsam genommen hatten....
Gute 4 Jahre ist das jetzt her. In dieser Zeit veränderte sich sein ursprüngliches "Heiraten ist nichts für mich" (mit dem ich mich arrangiert hatte!) zu einem "Würde ich heiraten, dann nur dich!" weiter zu "irgendwann heirate ich dich!". Wir sprachen über Kinderplanung, entschieden gemeinsam, die Verhütung abzusetzen....
Natürlich gab es Alltagsprobleme. Für ihn war es nach der langen Bundeswehrzeit und der freien Zeit danach schwer, im Berufsleben Fuß zu fassen und der Job, den er letztlich fand und den er immernoch hat, erfüllt ihn nicht wirklich und stresst ihn oft.
Aber im großen und ganzen würde ich sagen es ging uns gut.
Mitte letzten Jahres kam dann von meiner Schwester die Neuigkeit, das sie und ihr Freund im Sommer 2015 heiraten würden und kurz darauf verkündeten meine andere Schwester und ihr Partner, das sie schwanger sind.
Ich muss gestehen, das mich das emotional schon unter Druck gesetzt hat. Ich bin die älteste Schwester und meine Beziehung fühlte sich plötzlich so an, als würde sie nur ziellos dahin dümpeln... (schwanger geworden sind wir nicht da es bei mir leider medizinisch einige Hemmschwellen gibt)
Also fragte ich ihn eines Abends, ob es nicht schön wäre, zu Heiraten, wenn meine Schwester und mein zukünftiger Schwager, die in Australien leben, direkt nach ihrer Hochzeit nach Deutschland kämen. Alle könnten dann dabei sein und wir könnten gemeinsam feiern.
Er hat ja gesagt. Das er die Idee gut fände.
Wir haben sogar "gezankt", wer von uns seine Schwester als Trauzeugin bekommt.
Ein halbes Jahr lang haben wir....nein, um ehrlich zu sein eher ich... für die Hochzeit geplant. Obwohl er sich nicht massiv in die Planung eingebracht hat, so hat er doch Interesse gezeigt und uA mit meiner Mutter und mit seiner Schwester über die anstehende Hochzeit gesprochen und Alle hatten den Eindruck das er das tut, weil er es wirklich will.
Vor jetzt 6 Wochen begann er sich wieder zurück zu ziehen. Er setzte sich Abends sofort an den Rechner, im Bett war er zu müde für Irgendwas und auf die Frage was los sei, kam als Antwort er hätte im Moment in der Arbeit mega Stress weil Urlaub und Krank und überhaupt...
2 Wochen hab ich mir das mit angeschaut, nicht sicher ob ich ihn "anpiecksen" soll oder lieber in Ruhe lassen. Ich bin wie auf rohen Eiern um ihn rumgeschlichen und ihm damit wohl, im Nachhinein betrachtet, ziemlich auf den Senkel gegangen.
Nach 2 Wochen hab ich es nicht mehr ausgehalten und hab ihn Abends im Bett gefragt, was los sei. Als er wieder mit "Die Arbeit..." anfing, sagte ich ihm er solle mich nicht für dumm verkaufen, ich kenne ihn doch, ich merk doch das was nicht stimmt.
Darauf meinte er, er könne dazu jetzt Nix sagen, er könne grad nicht nachdenken, er wisse nicht was er grad fühlt.
Es folgte eine auf beiden Seiten eher schlaflose Nacht.
Als er am nächsten Tag nach Hause kam fragte er, ob wir reden können. Ich war sauer und hab mich ziemlich defensiv verhalten... und da sagte er, er glaubt er will die Beziehung beenden.
Beim letzten Mal, vor 4 Jahren, habe ich gelitten wie ein Tier. Ich kam nicht damit klar, das alle "Ich liebe dich" und "Ich will mit dir alt werden" und "ich will nie wieder ohne dich sein" von einer Sekunde auf die andere entwertet, für unwichtig erklärt, negiert werden sollten.
Also sprang in dem Moment erstmal mein Stolz an. Ich hab keine Träne vergossen. Ihn nur gefragt ob das sein Ernst sei. Als er sagte Ja habe ich gesagt er solle nur JA nicht auf die Idee kommen, mir in ein paar Tagen zu sagen, er hätte es sich anders überlegt.
Ich hatte das Gefühl keine Kraft für eine erneute, Alles erschütternde Sinnkriese zu haben. Nur etwa eine halbe Stunde eher fruchtloser Gesprächsversuche später bin ich erstmal zu einer Freundin verschwunden und dort auch über Nacht geblieben.
Am nächsten Tag habe ich während er nicht da war die nötigsten Sache gepackt und bin erstmal zu meiner Schwester, sicher das es das jetzt war und fest entschlossen, nicht schwach zu werden, ihm nicht nach zu laufen. Ich hatte die Nase voll!
Wieder hatte er sämtliche Zweifel, Sorgen und Ängste mit sich allein ausgemacht, mich komplett ausgeschlossen und mich dann vor vollendete Tatsachen gestellt.
Etwas über 1 Woche hatten wir garkeinen Kontakt und ich war felsenfest davon überzeugt, das es endgültig vorbei ist. Ich habe mir verboten, zu trauern. Habe nur den Mann gesehen, der mit mir unbewegtem Gesicht 8 Jahre vor die Füsse geworfen hat und nicht den, der mir vorher 8 Jahre lang gesagt und gezeigt hat, das er mich liebt. Ich habe sofort angefangen, Wohnungen zu suchen, bin mit Freunden ausgegangen, fest entschlossen mir und allen anderen zu beweisen, das ich sehr gut auch allein klarkomme!
Als wir uns das erste Mal getroffen haben, habe ich nur organisatorisches angesprochen, ihm von meiner ersten Wohnungsbesichtigung erzählt.... kurz, ihm gezeigt: es geht mir GUT ohne dich.
Danach waren ca. 2 Wochen komplette Funkstille (die mich endlos viel Kraft gekostet hat mich nicht zu melden!)
Ich war aus meinem Zuhause vertrieben (weil er in der Nähe im Gegensatz zu mir Niemanden hat, zu dem er gehen könnte) und hab einfach versucht, stark zu sein und darauf gewartet, das es vorbeigeht.
Dann, vor jetzt 1 1/2 Wochen, am Montag Abend, kurz bevor ich zum Sport los wollte, kam eine Nachricht von ihm auf dem Handy. Ob wir die Woche mal reden könnten.
Klar, sag ich, nur Heute geht nicht, ich bin auf dem Weg zum Sport. Lieber, schrieb ich (locker und witzig wie ich eben bin während es mir die Seele zerfetzt...) 1.5 Std. Folter beim Sport als rumsitzen und grübeln. Ich soll blos aufhören sonst kommt er noch mit.
Das ging eine Weile so hin und her bis irgendwann ein "Das war kein Scherz, ich vermisse dich furchtbar" kam.
Und danach, weil er NIE ernst bleiben kann, ein "komm doch nach dem Sport, ich mags wenn du außer Puste bist..." Bevor ich auch nur Antworten konnte kam "Vergiss es, ich bin ein Idiot, es tut mir leid!"
Darauf riet ich ihm kalt zu Duschen, ins Bett zu gehen und sich Morgen nochmal zu melden.
Was er auch tat. Am nächsten Abend trafen wir uns zum Reden. Es hat ein bisschen gedauert aber dann rückte er damit heraus, das er mich fürchterlich vermisse. Seine Hände haben gezittert so sehr hat er versucht, mich nicht zu berühren. Er sagte er sei ein Idiot und es tue ihm leid und ich hätte ja verlangt, das er es mir nicht sagt wenn er an seiner Entscheidung zweifelt. Aber er hätte das so eig. nie gewollt. An dem Abend wollte er nur reden, nicht Schluss machen. Er wisse selber nicht genau, wie das passiert ist. Er wisse auch immer noch nicht, was genau los sei. Er sei sich nach wie vor nicht sicher, ob die Beziehung noch Sinn macht. Aber er vermisse mich wie verrückt...
Mit einem Schlag hatte sich für mich die Grundlage meiner Trennungsverarbeitung komplett verändert.
Wenn er mich wirklich nicht mehr will kann ich all meine Kraft darauf verwenden, nach vorne zu sehen.
Aber so ist es nicht. Er wollte nicht Schluß machen, er vermisst mich fürchterlich, er zweifelt, hat Angst...
Und wem etwas vormachen: Ich liebe ihn. Habe ich, tue ich noch.
Im Verlaufe dieses Abends hat er mir viele Dinge gesagt, von denen ich erst in diesen Momenten gemerkt habe, wie lange ich sie schon nicht mehr von ihm gehört hatte.
Wie schön ich bin, wie unglaublich gut es sich anfühlt mich zu halten, das ich ihn verrückt mache....
Als ich gehen wollte bat er mich unter Tränen, über Nacht zu bleiben....und ich blieb.
Obwohl es vermutlich ein Fehler war: Wir hatten den besten, befreitesten, liebevollsten und ungehemmtesten Sex seit sehr langer Zeit und waren uns am Morgen einig: Zwischen uns ist das letzte Wort noch nicht gesprochen. Der Funke glüht noch und wir Beide wollen wirklich wissen, wieviel Zukunftspotential in unseren Beziehungstrümmern noch steckt.
Wir haben beschlossen zu reden, zu sehen wie wir uns fühlen, zu sehen wo es uns hinführt.
Für das folgende Wochenende (das grade vergangene) haben wir uns für Samstag Abend ins Kino verabredet.
Die 3 Tage bis dahin waren eine schrecklich-schöne Mischung aus Angst, Unsicherheit und einer ordentlichen Portion Schmetterlinge im Bauch.
Der Abend war schön und wir sind wieder im Bett gelandet, Arm in Arm eingeschlafen, alles hat sich gut angefühlt.
Am Sonntag Morgen allerdings sagte er mir, wenn wir wirklich herausfinden wollen, was noch dran ist an uns, sollten wir seiner Meinung nach bei den nächsten Treffen auf Sex verzichten, auch wenn ihm das sehr schwer fallen würde. Denn (O-Ton) "nach dem Sex fühlt sich immer alles gut und in Ordnung an" Zum Abschied sagte er mir, das er mich liebt.
Seit dem sind 3 Tage vergangen. An jedem davon hat er sich gemeldet. Für kommenden Freitag sind wir wieder verabredet. Wir wollen bei ihm (...in unserer bisher gemeinsamen Wohnung) kochen und essen und dann noch spazieren gehen. Und reden.
Ich habe angeregt, das wir wirklich schriftlich, jeder für sich, seine Erwartungen an eine erneute Beziehung, seine Ängste und das, was uns missfallen hat/in unseren Augen schief gelaufen ist festhalten sollen.
Wir haben im Moment beide große Ängste. Er sagt, für ihn bedeute sich wieder auf die Beziehung einlassen, das er von sich erwarten würde, mir die Sicherheit zu geben, mich nie mehr so zu verletzten (das hatte er nach der 1. fast-Trennung vor 4 Jahren auch schon gesagt) und das er sich sicher sein müsse, das er wirklich den Rest seines Lebens mit mir verbringen will.
Ich habe vor allem Angst, das wir zu schnell wieder im Alltag landen ohne an unseren offensichtlichen Kommunikationsschwächen zu arbeiten. Das er mich auch zukünftig wieder aus seinen Gedanken ausschließen wird.
Und - natürlich - Zweifel, ob ich mich wirklich noch einmal der Gefahr aussetzen kann, das so etwas wieder passiert. Ich weiß einfach nicht, ob und wie ich ihm wieder glauben kann, das er mich liebt.
Phu, viel mehr Text als beabsichtigt.
Falls irgendjemand das liest: Was denkst du? Wie siehst du unsere Chancen. Wie beurteilst du sein Verhalten? Bin ich auf dem besten Weg, mir etwas vor zu machen oder hat er "nur" eine Midlifecrisis (er wird dieses Jahr 40) und kalte Füsse und Stress?
Auf jeden Fall hat das aufschreiben schonmal gut getan!
verwirrt und so planlos wie selten:
Das Eichhörnchen