Mein Freund und ich sind beide 37, seit ziemlich genau fünf Monaten zusammen. Mein Freund war mehrere Jahre verheiratet und ist seit gut einem Jahr geschieden. Allerdings bin ich nicht die erste Freundin nach seiner Ex-Frau, weil die beiden jahrelang getrennt waren. Für mich ist es die erste ernsthaftere Beziehung, ich war in der Hinsicht ein Spätzünder. - Seit etwa einem Monat läuft es nicht mehr so rund.
Es gibt verschiedene Punkte, die das tägliche Zusammenleben ziemlich erschweren. Wo soll ich da bloss anfangen?
Zum einen habe ich den Eindruck, dass wir in der Kinderfrage nicht gleicher Meinung sind. Für mich ist klar, dass ich irgendwann einmal Kinder möchte. Mir ist auch bewusst, dass ich nicht mehr allzu lange damit warten kann. Er hingegen scheint nicht so begeistert von der Idee zu sein. Er sagt zwar, dass er sich Kinder vorstellen kann, schränkt aber gleichzeitig ein, dass er sich nicht komplett umstellen möchte wegen der Familie (d.h. am liebsten gar nicht). Ich bin der Ansicht, dass es in dieser Frage keine Kompromisse geben darf, denn sonst wird früher oder später einer der Partner mit der Beziehung todunglücklich sein. - Ich befürchte, dass er mich so lange hinhalten will, bis es für mich aus rein biologischen Gründen zu spät ist.
Ein anderes Problem ist, dass ich zur Zeit arbeitslos bin und finanziell nicht gerade auf Rosen gebettet bin. Es ist für ihn nicht denkbar, dass er sich meinen veränderten Bedingungen anpasst. Er kann offensichtlich nicht verstehen, dass ich etwas kleinere Brötchen backen muss. Nein, stattdessen drückt er mir einen Tauchkurs und Tauchferien in Dahab aufs Auge. (Er bezahlt alles, aber ich will das nicht, schliesslich käme ich gut ohne diese Ferien zurecht und war bis anhin finanziell immer selbständig. Abgesehen davon, dass ich mit dieser Destination absolut nichts anzufangen weiss und überhaupt nicht der Typ für Strandferien bin.)
Das ist ja auch so ein Problemchen. Ich habe mich auf seinen Wunsch hin für einen Tauchkurs angemeldet, hatte letzten Sonntag meine erste Tauchlektion - und auf einer "Tiefe" von 1.5 Meter eine Panikattacke. Ich muss zugeben, dass mir meine finanzielle Situation ganz schwer im Magen liegt. Ich finde diese Unsicherheit extrem belastend. Und wenn ich mich in der Situation auch noch damit beschäftigen muss, meine eigenen Instinkte zu übertricksen, dann ist das für mich einfach zu viel. Leider sieht er das nicht ein, sondern versucht es rein rational zu erklären. Und bietet mir gleichzeitig an, dass wir über das Osterwochenende üben können.
Damit sind wir beim nächsten Problemfall. Seine Familie hat sich "netterweise" für den Karfreitag eingeladen. Seine Schwägerin fand, dass es jetzt an mir sei, die Familie zu bekochen, nachdem sie an Weihnachten gekocht hatte. So kommt es, dass ich am Karfreitag das zweifelhafte Vergnügen habe, für fünf Erwachsene und zwei Kinder zu kochen. Es versteht sich von selbst, dass mein Freund dabei keine allzu grosse Hilfe ist. Ganz zu schweigen davon, dass die Einkäufe über mein Budget gingen, das sowieso schon ziemlich strapaziert ist, weil ich ja arbeitslos bin.
Natürlich denkt mein Freund bereits ans Zusammenziehen und Heiraten. Es versteht sich von selbst, dass wir eine gemeinsame Wohnung suchen, sobald ich einen neuen Job habe. Und es ist auch glasklar, dass ich meine eigene Wohnung, in der ich mich sehr wohl fühle, verkaufe. Er stellt sich vor, dass sich seine Mithilfe am gemeinsamen Haushalt mit Staubsaugen und Wäsche-Aufhängen erledigt hat. Es ist mir auch klar, dass man einander helfen muss. Und ich habe ihm aus freiem Willen angeboten, dass ich ihm seine Wäsche mache. Das geht noch, solange ich zu Hause bin und nicht arbeite. Aber wie sieht das denn aus, wenn ich wieder einen Job habe? Lässt er sich dann von mir einfach bedienen?
Dazu kommt, dass ich - im Gegensatz zu ihm - ein sehr emotionaler Mensch bin. Ich gehe gerne auf meine Mitmenschen zu, es fällt mir auch entsprechend leicht, neue Kontakte zu knüpfen. Er ist da schon ganz anders. Ich hatte vor einigen Wochen den Fehler gemacht, ihn mit zu einer kleinen Brunch-Einladung (insgesamt 7 Leute) mitzunehmen. Während der ganzen Zeit sass er praktisch schweigend da und nach nicht einmal drei Stunden signalisierte er, dass er gehen wolle. Wenn ich also mit meinen Freunden abmache, dann muss ich also alleine hingehen, weil er sich so daneben benimmt. Aussicht auf Besserung besteht keine. Er nimmt sich nicht einmal die Mühe, sein Verhalten gegenüber meinen Eltern oder meiner Schwester zu ändern.
Ich bin momentan so am Ende meiner Kräfte, dass ich ihm gesagt habe, dass er die Einladung seiner Familie rückgängig machen soll und dass ich das Osterwochenende alleine bei meinen Eltern verbringen werde. Ich kann einfach nicht mehr.
Soll ich eine Beziehungspause einlegen? Bringt das was? Oder soll ich mich gleich trennen? Was macht mehr Sinn?
P.S.: Eigentlich liebe ich ihn. Und es würde mir sehr weh tun, ihn zu verlieren. Ich weiss auch, dass er mich ebenfalls liebt. Aber reicht das auch für eine Beziehung?