Hallo!
Ich mache auf Grund von Beziehungsproblemen gerade die schwerste Phase meines Lebens durch. Ich gehe zwar zu einem Psychologen, musste aber auch schon in die Notaufnahme des Krankenhauses, weil ich kurz davor war, mir das Leben zu nehmen. Daher erhoffe ich mir einfach ein wenig Erleichterung davon, dass ich meine Geschichte hier offenlege.
Nachdem ich in meiner ersten Beziehung mehrfach betrogen wurde (war von 17 bis 20), habe ich ein sehr starkes Bedürfnis nach Treue aufgebaut. Dieses Ideal habe ich dann in einer Frau gefunden, die meine zweite Freundin werden sollte. Sie hatte vor mir noch nie eine Beziehung, geschweige denn körperlichen Kontakt zu anderen Männern. Allerdings war diese Beziehung komplett anders, als man sich das vorstellt. Ihre Familie ist extrem gläubig und die Ausübung des Glaubens hat im Laufe der Jahre immer mehr sektenartige Züge angenommen. Ihre Mutter hat ihr Leben diktiert und so durften wir mit fortwährender Dauer unseres Zusammenseins immer weniger teilen, da ich als Ungläubiger gesehen wurde, der sie säkularisiert. Wir durften weder im gleichen Bett oder Raum übernachten, noch in den Urlaub fahren oder sonstiges. Weitere Details des Irrsinns lasse ich jetzt mal aus, es ist jedenfalls unglaublich, was durch missbrauchte Macht im Glauben alles angerichtet werden kann. Trotzdem habe ich über etwa sechs Jahre an ihr festgehalten, da meine Gefühle und mein Wunsch nach dieser "Reinheit" so stark waren. Auch, dass sie sich mehrfach von mir getrennt hat (wie ich mir dachte und wie sie mir auch später bestätigt hat auf Anordnung ihrer Mutter), konnte mich nicht davon abbringen, weiter an uns zu glauben. Als sie dann ein Auslandssemester in Israel gemacht hat und ihre Mutter ihr androhte, sie zu verstoßen und keinen Kontakt mehr zu ihr zu haben, wenn sie die Beziehung zu mir aufrecht erhält, trennte sie sich ein weiteres Mal von mir mit den Worten, dass dies definitiv die letzten Worte sein werden, diie wir jemals in unserem Leben wechseln. An diesem Punkt, nach sechs Jahren Enttäuschung, Schmerz, Irritation war ich dann erstmals so weit, dass ich mich gezwungen habe, umzudenken und vielleicht einen anderen Lebensweg einzuschlagen.
Zu dieser Zeit habe ich eine andere Frau kennengelernt. Mit ihr war alles komplett anders. Ich konnte meine Liebe leben, alles war so frei und nach Jahren der Trauer und Finsternis kam wieder Freude und Licht in mein Leben. Auch hat sie mit ihrer lebensfrohen Art viel besser zu mir gepasst. Natürlich verlief auch hier nicht alles nur rosarot, was mehr an mir als an ihr lag, weil ich dieses Reinheitsideal noch nicht komplett abgelegt hatte. Aber Perfektion ist nicht das, was ich von einer Beziehung erwarte. Ich war einfach unglaublich glücklich, endlich Liebe leben zu können und meinen Lebenswillen, der durch die kontrollierte und schreckliche Zeit vorher sehr abgenommen hatte, wieder aufzutanken.
Nach etwa einem Jahr meldete sich aber urplötzlich meine vorherige Freundin aus dem Nichts wieder mit der Info, dass sie mir etwas sagen müsse. Ich war perplex und gleichzeitig voller Angst, weil all die alten Emotionen wieder hochkamen, die Wunden wieder aufplatzten. Ich erzählte meiner neuen Freundin davon, weil ich der Meinung war, dass wir eine gute Basis haben und sie das aushalten sollte. Sie reagierte auch erst mit Verständnis, aber wie sich später herausstellte, riss das auch bei ihr alte Wunden auf, da sie ihr vorheriger Freund mehrfach betrogen hatte. Meine Ex-Freundin erzählte mir dann, dass das System bei ihnen zu Hause aufgelöst sei, ihre Mutter einen Nervenzusammenbruch hatte und in Therapie ist. Ohne es auszusprechen wollte sie mir auch signalisieren, dass sie nun endlich wieder mit mir zusammensein will. Ich merkte aber, dass ich gefühlstechnisch ganz klar bei meiner neuen Freundin war und das nicht ging. Diese war aber nicht zuletzt auf Grund der Enttäuschung darüber, dass ich das Gespräch mit meiner Ex-Freundin wahrgenommen hatte, sehr gekränkt und ist schließlich lange Zeit alleine auf Reisen gegangen. Das wiederum hat mich extrem verletzt, da sie auf all ihren Reisen vorher Affären hatte und ich den Antritt der Reise als klaren Entschluss gegen mich gesehen habe. So kam es schließlich auch, auf der Reise hat sie sich von mir getrennt. In dieser Zeit hatte ich dann wieder Kontakt zu meiner vorherigen Freundin, aber mir wurde schnell bewusst, dass wir, obwohl sie sicher eine tolle und liebenswerte Frau ist, viel weniger gemeinsam haben als meine neue Freundin und ich. Als diese dann von der Resie zurückkam, hatten wir eine turbulente Zeit, denn ich habe hart um sie gekämpft und wollte ihr zeigen, was sie für mich bedeutet. Es war ein ständiges Hin und Her von ihrer Seite, in dem sie sich ab und an von mir getrennt hat, dann wieder umgedacht usw. In einer dieser Beziehungspausen hat mich meine Ex-Freundin, die inzwischen zum Praktikum im Ausland war, kontaktiert. Sie war auf Heimatbesuch, wollte aber nicht bei ihren Eltern sein, da durch das, was in der Vergangenheit passiert ist, das Vertrauensverhältnis gestört war. Ich muss dazusagen, dass meine Ex-Freundin eine absolut friedfertige Person ist. Wenn es einen Menschen auf der Welt gibt, auf den die Redewendung "Dieser Mensch würde keiner Fliege etwas zu Leide tun" zutrifft, dann ist sie es. Ich hatte so viel Mitleid mit ihr, dass ich sie habe bei mir übernachten lassen. Wir haben sehr, sehr lange geredet über alles, was geschehen ist und irgendwie ist es dann passiert, dass wir miteinander geschlafen haben. Ich wollte es nicht, da meine Gefühle nicht gestimmt haben und ich gedanklich natürlich immer noch ganz stark bei meiner neuen Freundin war, obwohl sie sich von mir getrennt hatte. Es war einfach eine Dummheit von mir. Meine Ex-Freundin wollte mir vielleicht auch zeigen, dass sie sogar bereit ist, eine Grenze zu überschreiten für mich, denn früher war Sex natürlich auf Grund des Glaubens komplett tabu. Sie ist dann zurück zu ihrer Praktikumsstelle ins Ausland gefahren, ich habe mich mit meiner neuen Freundin nochmal lange unterhalten, wir haben uns zusammengerauft und die Beziehung neu aufleben lassen. Es war daraufhin wirklich sehr gut, wir waren beide glücklich und ich war so froh, nach all dem Chaos endlich einen Weg gefunden zu haben.
Dann kam allerdings der Tag, an dem mir der Boden unter den Füßen weggerissen wurde. Meine Ex-Freundin meldete sich mit der Nachricht, dass sie schwanger sei. Es war in der oben beschriebenen Nacht passiert. Was sich seitdem ereignet hat, kann sich jeder denken und bedarf keiner langen Beschreibung. Meine neue Freundin ist unglaublich stark verletzt und will nichts mehr mit mir zu tun haben. Meiner Ex-Freundin geht es ebenfalls sehr schlecht, weil sie weiß, wie es um meine Gefühle steht. Zudem wollte ich immer ein Vater sein, der verantwortungsbewusst ist und sich auf sein Kind freut. Das kann ich aber beim besten Willen nicht, da ich das Gefühl habe, das Kind mit der falschen Frau zu bekommen und gleichzeitig die Liebe meines Lebens verloren zu haben. Dazu noch die Schuldgefühle gegenüber allen beiden Frauen und natürlich auch gegenüber dem ungeborenen Kind. Es ist alles so unglaublich hart. Ich war wie eingangs gesagt schon kurz davor, mir das Leben zu nehmen. Ich weiß natürlich, dass das keine Lösung ist und allen, gegenüber denen ich Schuldgefühle habe, überhaupt nicht hilft. Aber ich bin so am Boden, so verzweifelt, ich möchte einfach nicht mehr sein. Meine Absicht war es, niemanden zu verletzen und nun habe ich alle so unglaublich stark verletzt inklusive mir. Die Frau, die ich liebe, fühlt sich verständlicherweise betrogen und kann mir nichts mehr glauben, auch wenn es definitiv so war, wie ich es hier beschrieben habe. Warum schlägt mir das Leben so sehr mit der Faust ins Gesicht, nimmt mir all mein bisschen Glück? Ich will doch gar nicht viel. Nur meine Liebe leben können. Ich müsste mehr erzählen, damit man alles in seiner ganzen Tiefe verstehen kann (z.B. habe ich auch große Schwierigkeiten mit dem Thema Bedeutungslosigkeit und Sinn des Lebens, etc.). Aber ich denke, dieser Abriss verdeutlicht schon den Grundsatz des Problems.
Kann mir irgendjemand sagen, wie ich aus diesem Dilemma jemals wieder herauskommen soll? Ich sehe keinen Ausweg, möchte es aber meinen Eltern nicht antun, dass sich ihr Sohn umbringt.