Es gibt wichtigeres...
Hallo,
Ich erkläre mal kurz meine Familie, was Bildung angeht:
Ich bin 19, beginne im Herbst mein duales Studium. In meiner Familie ist es so:
Großeltern väterlicherseits im Krieg geflohen, nur Grundschule besucht, Opa war Schlosser, Schmied und Lokführer bei einem Salzberg.
Mein Vater und seine Brüder haben alle studiert.
Mütterlicherseits haben eigentlich alle studiert.
Die älteren Frauen haben zwar nicht studiert, weil es ja damals einfach nicht so war, aber dafür alle einen Beruf gelernt, meist Krankenschwester.
In der Generation meiner Mutter gibt es mehrere Professorinnen und Professoren, die zum Teil in Japan und den USA gearbeitet haben. Ansonsten haben auch alle anderen studiert, auch meine Mutter und ihre Schwester.
Meine eine Schwester schließt nächstes Jahr ihre Ausbildung ab und möchte danach in der Richtung studieren (war sich vorher nicht sicher ob das Studium was für sie ist und hat daher erst mal Ausbildung gemacht). Meine andere Schwester schreibt gerade ihre Bachelor Arbeit vom dualen Studium.
Mein Freund kommt aus einer Familie, die man 1zu1 ins RTL-Nachmittagsfernsehen stecken könnte.
Mehre Kinder von mehreren Vätern (dann teilweise kein Kontakt, nur Stress untereinander,...), total ungebildet, Allgemeinbildung gibt es dort überhaupt nicht, Tischmanieren nicht existent (auch im Restaurant) und der Meinung Studenten liegen dem Steuerzahler nur auf der Tasche, besonders wenn sie noch BAföG bekommen. (dabei wussten sie bei Nachfrage nicht mal was BAföG ist!)
Er hat einen mittleren Hauptschulabschluss und eigentlich nur, weil er gerade neu auf die Schule gekommen war die Berechtigung bekommen, den Realschulabschluss zu machen. Die hatten da beide Augen zugedrückt bei manchen Noten. Den Realschulabschluss hat er dann mit nicht gerade guten Noten geschafft.
Seine Eltern waren dagegen, dass er den Realschulabschluss gemacht hat, weil er ihnen so ein Jahr länger auf der Tasche lag.
Da frage ich mich echt, wie mein Freund es geschafft hat, überhaupt so weit zu kommen.
Er hat auch jetzt seit einem halben Jahr keinen Kontakt mehr, seine Mutter hat ihm nicht mal zum Geburtstag gratuliert.
Zudem hat er 3 Jahre nach der Schule nur gejobbt, weil er Geld braucht und fängt erst jetzt eine Ausbildung an.
Teilweise ist das echt schwierig, weil er einfach immer auffällt, wenn er mit bei meiner Familie ist.
Egal ob beim Essen, Unterhaltungen oder auch schon dem Verhalten in der Öffentlichkeit.
Zudem werde ich vermutlich immer mehr verdienen als er.
Manchmal nervt es mich auch, dass ich eben nicht ganz so "hohe" Unterhaltungen mit ihm führen kann, aber dafür hat er von anderen Themen, die ihn interessieren, total viel Ahnung.
Wir finden trotzdem immer genug, worüber wir uns unterhalten können.
Man muss halt nur bei so großen Unterschieden wie bei mir diese "Zweifel"-Phase überstehen. Denn wenn man nur drüber nach denkt ob die Beziehung halten kann und es nicht wirklich versucht, dann klappt es auch nicht.
Wir schaffen es jetzt schon fast 2 Jahre und es wird immer einfacher.
:arrow: Warum ich das alles schreibe:
Wir kommen wirklich aus verschiedenen Schichten und schaffen es, weil wir uns lieben.
Ich weiß, dass in meiner Familie über mich geredet wird, meine Großeltern mütterlicherseits sind gegen unsere Beziehung.
Meine andere Oma hingegen freut sich einfach das wir glücklich sind, für sie ist das viel wichtiger als die Meinung anderer.
Bei dir ist es einfach so, dass du doch als Mensch gleich bleibst, egal was du machst.
Du verlernst deine Erziehung ja nicht, nur weil du jetzt eine Ausbildung machst.
Vielleicht gewöhnst du dir an mit weniger Fremdworten zu reden, weil nicht jeder in der Ausbildung sie versteht, aber das macht dich ja nicht dümmer oder so.
Wenn du die richtige findest wird sie dich so lieben, wie du bist!