Ich habe in Westafrika aus beruflichen Gründen eine Zeit lang gelebt und habe mehr binationale Beziehungen geführt als mit Landsleuten.
Binationale Beziehungen können mehr Reibungsflächen haben als Beziehungen zwischen Menschen derselben Kultur. Wenn man sich aber liebt und miteinander auskommen will und eine gewisse Reife und Fähigkeit zur Selbstreflexion besitzt, dann wird man es vermutlich schaffen, die Unterschiede zu überwinden und auf einen gemeinsamen Nenner zu kommen. Es ist in binationalen Beziehungen so wie in allen anderen auch: Wenn einer sperrt und die Sache verunmöglicht, klappt es nicht. In einer binationalen Beziehung gibt es noch mehr Spielwiesen (sprachliche Missverständnisse, sogenannte aufgebauschte kulturelle Unterschiede, wenngleich letztere ohne Zweifel existieren) für diverse Spielchen, wenn man denn hinterhältig oder irgendwie sonderbar ist.
Ich habe in Afrika und in Indien gelebt und treffe auch hier oft Menschen aus fremden Ländern oder mit einer fremdländischen Herkunftsfamilie und ich stelle mir schon immer die Frage, ob jemand aus dem Kontakt mit mir einen finanziellen oder anderen Vorteil ziehen kann (Aufenthaltserlaubnis oder Ähnliches). Die Erfahrung hat gezeigt, dass das leider wichtig und nötig ist. Aber: Ich habe auch sehr viel echtes Interesse und echte Gefühle erlebt und man merkt, wie ich denke, schon den Unterschied, wenn man nicht ganz naiv und einfältig ist. Es ist, denke ich, schon wichtig, sich den vorbehaltlosen Geist zu bewahren. Ich kannte beispielsweise einmal einen Inder, der an mir interessiert war, der mir Kleinstbeträge penibelst zurückgab, und sich keinesfalls anlasten lassen wollte, Geld von mir zu wollen und der jedesmal empört reagierte, wenn ich meinte, er könne sich diesen kleine Betrag doch behalten, weil er doch genug andere Dinge für mich getan hätte. Meine Freunde, die ihn damals noch nicht kannten, warnten mich aber davor, dass der Inder vermutlich bald damit beginnen werde, mich um Geld zu bitten. Darüber musste ich in diesem Zusammenhang laut auflachen, denn nichts lag diesem Inder ferner als Geld von mir zu wollen. Mein Rat: Augen auf, nicht blauäugig sein, auch kulturelle Unterschiede nicht unterschätzen, selbst wenn es sich "nur" um die Herkunftsfamilie handelt, aber den Menschen auch eine Chance geben und nicht neurotisch misstrauisch sein.
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