Der wichtigste Schritt
so sehe ich das jetzt ist der, daß Du eine Entscheidung triffst und WIRKLICH DAHINTERSTEHST UND SIE AUCH DURCHZIEHST. Ich kenne das nur zu genau: ich habe mich immer wieder von ihm "getrennt", weil ich wußte, daß das das einzige Mittel war, um wieder mehr Zeit und Aufmerksamkeit zu kriegen. Natürlich hab ich mir das nie eingestanden, natürlich hat es auch jedesmal weh getan, aber insgeheim wußte ich doch, daß er irgendwann diesen Schmerz wieder auffangen wird. Tja, so ist das nun mal, wenn man sich selber was vormacht und nicht ehrlich zu sich selber ist. Der Betrüger merkt das instinktiv, schließlich kennt er das Spiel ja ebenso gut und weiß, wie er dabei funktionieren muß...
Er hat es nie anders erlebt, sowohl von zu Hause her, als auch von der Geliebten: ein bisschen Streß, den muß man jetzt mal aussitzen und hinterher geht alles weiter wie gewohnt.
Ich habe jetzt mehr als ein Jahr "Warteschleife" hinter mir. Im Prinzip hatte keiner von uns Schluß gemacht, er hatte sich irgendwann mal wieder zurückgezogen, nur hab ich ihn nicht wie üblich zeitnah "zurückgeholt". Was mich dabei verrückt gemacht hat war, daß ich eben keine Entscheidung getroffen hatte, sondern mich mehr oder weniger immer noch seinen Spielregeln gefügt habe. Es gab immer wieder Versuche seinerseits Kontakt aufzunehmen, ich war superstolz diese immerhin ignorieren zu können, aber eigentlich war es nichts als eine Fortsetzung des Spiels: "mal gucken, wie lange es noch dauert, bis sie wieder weichgekocht ist". Dadurch war ich immer noch verstrickt und die Wut auf ihn und die bohrenden Fragen hörten nicht auf. Wenn ich ganz ehrlich bin, dann hab auch ich mir während dieser Zeit immer noch etwas vorgemacht. Zwar hab ich es offiziell so deklariert, "daß diesmal wirklich Schluß ist" und vor allem mir das eingeredet, aber ich wußte doch, daß mir immer noch ein Hintertürchen bleibt. Ich weiß wie er tickt, daß ich nur einmal wieder auf eine SMS reagieren muß und "ich hab ihn wieder". Daraus entstand aber auch eine
Riesenwut und ein fortwährender Wunsch nach Genugtuung. Im Prinzip waren diese gegen mich selbst gerichtet. Ich war wütend, weil er immer noch mein komplettes Fühlen und Denken bestimmt hat, weil doch eigentlich er immer noch die Spielregeln vorgegeben hat, weil das Spiel immer noch nicht beendet war...
Ich hatte Angst, daß ich bei einer Begegnung wieder schwach werden könnte, also hab ich mich dahinter versteckt, daß es das beste sei ihn zu ignorieren. Es war keine Angst vor ihm, sondern Angst vor meiner eigenen Inkonsequenz. Die einzige Möglichkeit dem zu begegnen war, mich dieser Situation zu stellen, vor ihm zu stehen und endlich das zu tun, wovor ich mich die ganze Zeit gedrückt habe: AUCH DAS ALLERLETZTE HINTERTÜRCHEN ZU SCHLIESSEN !!!
Ich habe mich mit ihm getroffen, er hat mir wieder mal das blaue vom Himmel versprochen, er hat mich zugeschüttet mit Liebesbeteuerungen und mir vorgejammert, wie schrecklich das Leben ohne mich sei, daß es ohne mich nicht gehe, ich bin die Liebe seines Lebens, die tollste Frau der Welt und natürlich wird diesmal alles ganz anders.
Auch hat er meine Einwände ignoriert. Zuerst war ich wütend, weil ich dachte, er hört mir gar nicht zu, der nimmt mich nicht ernst. Es war egal was ich sagte, er machte einfach stur weiter. Erst ein paar Tage später hab ich erkannt, daß das nur eine natürliche Reaktion seinerseits war: er dachte, das Spiel geht weiter wie gewohnt; meine Ablehnung war doch früher nichts anderes als reine Kocketterie und letztendlich die Aufforderung: "erobere mich".
Es ist erst vorbei, wenn DU Dir sicher bist, wenn DU es auch so meinst, wenn Du sagst "Du willst nicht mehr", wenn DU Deinen Weg erkannt hast und konsequent ohne ihn gehst. Dann ist es egal, was er tut oder wie er es sieht, denn er hat endlich keinen Einfluß mehr auf Dein Leben. Die Selbstbestimmung bleibt beim Geliebtendasein einfach auf der Strecke, die Demütigungen und Zurückweisungen fordern irgendwann ihren Preis. Wenn man sie zurückholt, macht sie zunächst Angst - schließlich wird man auch schmerzhaft mit der Nase auf seine Fehler und Schwächen gestoßen. Erst wenn man sie dann tatsächlich wieder hat, durchblickt man seine Position. Sie ist die Basis für das allerwichtigste überhaupt: ehrlich zu sich selbst zu sein. Das wunderbare ist dabei zu erkennen, daß es einen nicht niederdrückt auch seine Schwachstellen zu sehen, sondern daß man diese auch annehmen und prima mit ihnen leben kann, weil man endlich nicht mehr immer nur woanders ist, nicht mehr ständig darauf bedacht ist, den vermeintlichen Anforderungen einer anderen Person zu genügen und immer wieder erkennen zu müssen, daß man diese nicht erfüllen kann. Das ist das, was einen so lange klein hält: nie ist man genug.
Erst wenn man lernt, wieder auf das zu gucken, was man selber will und was einem selber gut tut, erkennt man, daß man selber auch ein ANRECHT darauf hat, mehr zu sein als eine "Zweitfrau", daß man mehr und besseres verdient hat. Und daß es nicht einfach nur eine Schwäche des Betrügers ist, sondern eine Nichtachtung und Unverschämtheit seines Umfeldes (damit beziehe ich die betrogene Frau ein), daß er sich nicht entscheidet und seine zwei Leben auf Kosten anderer lebt. Ich jedenfalls werde niemals mehr bereit sein, eines anderen Menschen Zeche zu zahlen.