Puh,
Mädel, ich weiß genau, wovon du sprichst...
Vor fast einem Jahr habe ich einen Mann kennengelernt, der mir aus einer schwierigen Lebenslage Mut geben konnte und mich wieder zum lachen gebracht hat. Wir waren "Bekannte", bis ich von seiner Seite mehr entnahm. Ich ließ mich auf ihn ein, mit dem Gedanken, ein Abenteuer zu erleben.
Voilá: Aus dem Abenteuer ist eine glückliche Beziehung geworden und der kleine Unterschied von 36,5 Jahren ist schon lange kein Thema mehr.
Weißt du, mit ihm zusammenleben zu wollen und ihn wirklich zu lieben, ist eine Sache. Die andere jedoch ist, sein Leben und die Menschen um einen damit automatisch in ein anderes Eck zu stellen. Und das wird dir bevorstehen, weil man es drehen und wenden kann wie man möchte- aber ein normales Paar werden ihr nie sein. Und ihr werdet auch nicht als ein solches behandelt werden, was nicht immer leicht ist. Am schwierigsten ist das Aufeinandertreffen mit den jeweiligen Familien. Und eines möchte dir auch gesagt sein: Der Beziehung(!) wegen würde ich niemandem dazu raten. Der Liebe wegen jedoch schon, weil es nichts schlimmeres gibt, als greifbar nahes Glück, dass man aus vorhersehbaren Hürden nicht einmal versucht zu ergreifen.
Ich möchte es so sagen: Wenn es wirklich etwas mit Liebe zu tun hat, lebt man die Partnerschaft bald wie jede andere, lernt über Blicke und Sprüche hinwegzusehen und scheut sich auch nicht, nach der Hand der anderen zu greifen. Ich möchte aber auch nicht leugnen, dass es schwieriger ist, die Harmonie aufrecht zu erhalten. Es GIBT Probleme und die Differenzen WERDEN sich nicht immer sanft bemerkbar machen. Aber wenn man das in den Griff bekommt, in dem Bewußtsein, es nicht mit "alltäglichen Problemchen" zu tun zu haben, schafft man auch das.
Ich bin schon mehr als einmal aufgelöst und heulend daheim gesessen und habe mich gefragt, warum ich es mir absichtlich so schwer mache und nicht einfach ein normales Beziehungsleben führen kann. Aber dann weiß man wieder, dass man liebt und die Gedanken werden zweitrangig.
Der Aspekt, dass du ihn überleben würdest, schlimmsten Falls als Pflegerin herhalten musst, ist ein nicht außer Acht zu lassender. Dass du mit diesem Mann keine Familie haben wirst, sollte dir ebenfalls bewußt sein.
Mein Freund machte sich teilweise Vorwürfe, mir mein Leben zu blockieren. Ehrlich: ein Fünkchen Wahrheit ist an der Sache, und das braucht man nicht erlebt zu haben, um das verstehen zu können. Nur werfe ich eine Frage in die Runde: Wenn ich mir, am Beginn meines Lebens, den Kopf zerbreche über Familie (die noch mind. 15 Jahre Zeit hat) oder was-nicht-alles-passieren-könnte, und dafür jemanden aufgebe, der mein Leben mit anderen Dingen (Erfahrung, Weisheit, Persönlichkeit etc.) berichert und den ich lieben gelernt habe, bin ich dann mit 50 glücklich, wenn ich auf das zurückblicke, an dem mein Herz so gehangen hat? Ist es das, dass ich mir nun jemanden in meinem Alter suche(n muss), bei dem ich genauso wenig die Sicherheit habe, dass er mir ewig bleibt, und dafür einen Mann versäume, der mir vielleicht mehr mitgibt als ein anderer das in diesem Moment schaffen würde?
Ich gebe dir einen Rat und das gilt auch für ihn: Eine Ehe zu führen, die als gescheitert gilt- und in seinem Fall ist sie das wohl- ist für alle Beteiligten eine Show, mit der keiner glücklich wird. Wenn du nun 50 wärst, würde er dann auch zögern? Wenn du davon ausgehst, dass er dich liebt und es keine reine Neugier mit Jungbrunnen im Set ist, muss er verstehen lernen, dass er sich zwar um deine Zukunft sorgen kann, du aber in diesem jetzigen Moment nur mit deiner Entscheidung glücklich sein wirst. Dann wird auch eine Beziehung klappen und er wird seine Prioritäten überdenken müssen.
Ich war immer der Meinung, dass man in einem guten Leben niemandem etwas schuldig bleiben und auch mit keinen Gefälligkeiten austreten sollte. Wenn es sein Herz will, wird er auch sein Leben mit mitte 60 nochmal neu umkrempeln.
Laaange Rede, gaaanz kurzer Sinn ;) :
Scheiß auf die anderen, die Menschen, die dich kennen und lieben werden hinter dir stehen, von den anderen brauchst du nichts zu wissen! Und wenn die Liebe groß ist, findet ihr einen Weg, sie zu leben. Denn niemand hat hierzu Richtlinien entwickelt, es ist eure Freiheit zu entscheiden, was ihr mit diesem Leben macht. Aber egal was es ist, glücklich soll es euch machen und dafür sollte man auf nichts verzichten müssen! :)