juno_876007Es sind nicht alle gleich ...
Hallo,
was mich an den Diskussionen hier stört, ist, dass alle Menschen, die fremdgehen, über einen Kamm geschoren werden. Die notorischen Fremdgeher, die ständig und ohne jegliche Gewissensbisse betrügen, werden mit denen, die es nach langer Beziehung zum ersten (und evtl. einzigen) Mal tun, in einen Topf geworfen. Fremdgegen und Fremdgehen ist zweierlei!
Und darum vermisse ich, dass hier so selten versucht wird, nach der individuellen Ursache fürs Fremdgehen zu forschen. Die ist nämlich bei jedem unterschiedlich! Bei vielen (vor allem den Männern) ist es natürlich die Lust auf Abenteuer und fremde Haut und da stimme ich den meisten "Moralaposteln" auch zu, dass man diesen Trieb allein schon aus Rücksicht auf seinen Partner im Griff haben sollte. Aber bevor man zu einer Pauschalverurteilung greift, sollte man im Einzelfall erstmal klären, was denn aus Sicht des Fremdgängers wohl die Ursache für ihre/seine Affäre war.
Dass die Ehe nicht mehr stimmen kann, wenn man den Wunsch hat, fremdzugehen, ist auch so ein kindisches Pauschalurteil. Genau so habe ich mit 20, 30 auch gedacht. Ich höre mich heute noch sagen "Wenn man sich in jemand anderes verliebt oder jemand anderen begehrt, stimmt es in der Beziehung nicht mehr". Und daran habe ich felsenfest geglaubt. Heute, nach 22 Jahren Ehe, kommt mir dieser Satz vollkommen unreif und naiv vor. Man kann sehr wohl einen Lebenspartner gefunden haben, mit dem man einzig und allein zusammenleben will und den man liebt, achtet und respektiert und trotzdem den Wunsch nach einer Affäre verspüren. Ich habe mal einen Satz gelesen, an den ich heute wirklich glaube: "Nur wer schon 25 Jahre verheiratet ist, weiß was Liebe ist".
Ich kenne beide Seiten, wurde nach 22 Jahren sehr vertrauter und glücklicher Ehe erstmalig (was ich meinem Mann auch glaube) betrogen und habe danach meinerseits meinen Mann ebenfalls erstmalig betrogen.
Und jetzt widerspreche ich Skyeye und ChrissyChrissy ganz entschieden: Eine Beziehung, die durch einen (EINMALIGEN) Seitensprung oder eine EINMALIGE (auch längere) Affäre kaputtgeht, hatte keinen echten Bestand. Eine wirkliche, echte und tiefe gegenseitige Liebe ist etwas unglaublich seltenes und vermutlich wird sie nicht allzuvielen Menschen zuteil. Aber niemals wird sie durch Fremdgehen zerstört. Wenn 2 Menschen sich einig sind, die Liebe ihres Lebens gefunden zu haben, dann überwindet diese Liebe auch den Schmerz und die ungeheuerlichen Verletzungen, die ein Betrug mit sich bringt. Ich habe mehrere Beispiele dafür in meinem Freundeskreis. Diejenigen, die sich wirklich lieben, sind noch zusammen und bei den anderen war die Affäre nur der Auslöser für die Trennung, aber nicht der wahre Grund. Darum ist der Satz "Du kriegst die Quittung, wenn du fremdgehst, weil dich dein Partner dann verlässt" totaler Unfug. Du hast deinem Partner ungeheuerlichen Schmerz zugefügt und mit dem Wissen um diesen Schmerz und den Gewissensbissen musst du den Rest deines Lebens leben. Das ist wahr und sicher auch eine gerechte Strafe. Aber wenn dein Partner dich wirklich LIEBT, dann bleibt er bei dir und wenn er geht, dann hat er dich halt nicht wirklich geliebt. Und das ist es, was sich hier manche nicht eingestehen wollen und sich stattdessen lieber selbst belügen.
Dies alles soll keine Rechtfertigung fürs Fremdgehen sein und ich habe Respekt vor denen, die der Liebe ihres Lebens ein Leben lang treu bleiben können. Respekt aber keine Hochachtung. Wenn ein Mensch sich sehr nach etwas sehnt, dann glaube ich, dass diese unerfüllten Wünsche irgendwann anfangen zu "stinken" und das Leben vergiften, nicht nur das eigene, sondern auch das des Partners. Und DAS ist dann der Anfang vom Ende der Beziehung.
Ob man mit seinem Partner über seine Wünsche reden muss; hier ist ja immer von "Fairness" die Rede, ist wirklich eine Einzelfallentscheidung. Ich persönlich würde es heute lieber nicht mehr erfahren, wenn mein Mann nochmal den Wunsch hätte, fremdzugehen. Der Partner bleibt ja immer, so vertraut er einem auch ist, ein eigenes Wesen und auch wenn man glaubt, man hätte schon alles an ihm verstanden, entdeckt man plötzlich Dinge, die einem vollkommen fremd sind. Das ist beim ersten Mal ein Schock und beim zweiten Mal eine Erkenntnis, die einen reifer und weiser macht. Heute lasse ich meinem Mann diese verborgenen Wesenszüge, die ein Teil von ihm sind. Und wenn die Alternative ist, "fremdes" entdecken und sehr verletzt sein oder lieber nicht entdecken und ruhig weiterleben, dann würde ich mich für die zweite Alternative entscheiden.
LG