Keine Angst...
Als ich vier Monate mit meinem heutigen Mann zusammen war, ist er für drei Monate nach Kanada gegangen. Mit einem Kollegen, um zu reisen. Während dieser Zeit musste ich mir von unserem Umfeld einiges anhören, so von wegen, was er denn dort ohne mich mache und wahrscheinlich liege er dort schon mit einer anderen im Bett und so. Wir waren damals beide noch sehr jung und ich hatte noch nicht viel Lebenserfahrung. Aber ich vertraute ihm einfach. Sicher, manchmal verunsicherten mich diese Bemerkungen ziemlich, aber tief in meinem Herzen habe ich ihm einfach vertraut. Als ich ihn dann am Flughafen abholte, war mir sehr mulmig, ich fragte mich, wie es sein würde. Und es war komisch... Er kam mit sovielen neuen Eindrücken und Erlebnissen nach Hause, so überschäumend, so fasziniert und vollgepackt mit schönen Erlebnissen. Sachen, die ich nicht nachvollziehen konnte, weil für mich die drei Monate einfach weitergelaufen sind mit Schule und Alltag.
Manchmal schmerzte es mich, wenn er erzählte, dass er am liebsten noch gar nicht nach Hause gekommen wäre, aber ich entdeckte bald, dass das mit mir selber nichts zu tun hatte. Wir haben auch aufgrund der Zeitverschiebung nicht viel voneinander gehört in diesen drei Monaten, Handys waren damals noch nicht aktuell.
Ich liess ihn dann einfach erzählen, reden. Immer wieder, schaute immer wieder mit ihm die vielen Fötelis an, liess mir hundert Mal alles erklären. Und ich glaube, dass es das beste war. Er brauchte das, um all die Erlebnisse verarbeiten zu können. Es war zuerst schwer für ihn, sich wieder im Alltag zurecht zu finden. Dadurch, dass ich Interesse für ihn und seine Erlebnisse zeigte (und das Interesse war wirklich echt, auch wenns manchmal auch schmerzte), kamen wir uns näher, die anfängliche "Kluft" gleich nach seiner Rückkehr war bald verschwunden. Und ich spürte, wie sehr er darauf brannte, mir alles zu erzählen.
Was ich damit sagen möchte, es braucht vielleicht etwas Toleranz, er wird sich zuerst wieder im Alltag zurecht finden müssen und durch die unterschiedlichen Erlebnisse während dieser drei Monate wirst du vielleicht am Anfang so etwas wie eine DIstanz spüren. Aber glaube mir, das werdet ihr schnell überbrückt haben. Und wenn du dich seinen Erzählungen hingibst und daran teilnimmst, dann sehe ich da überhaupt keine Probleme. Bei meinem Mann und mir wars jedenfalls so. Und als ich ihn viel später mal auf meine damaligen Gefühle ansprach, kam heraus, dass er diese "Kluft" nie so gespürt hat, wie ich, dass er während der ganzen Heimreise einfach nur darauf gebrannt habe, mir alles erzählen zu können, mich daran teilhaben lassen zu können.
Und einige Jahre später nahm er mal eine Saison-Stelle im benachbarten Ausland an. Es war sein grosser Traum und ich unterstützte ihn dabei, auch wenn mir die Trennung während dieser Zeit weh tat. Ich ging ihn so oft wie möglich übers Wochenende besuchen. Und auch da kam aus dem ganzen Bekanntenkreis und von vielen Lästerern immer wieder mit Bestimmtheit, dass unsere Beziehung das nicht überstehen werde. Das sei eine Beziehungsprobe und das mache die Beziehung kaputt. Da gäbe es so viele Versuchungen und keiner könne das ja kontrollieren. Und auf mich, die Daheebliebene, wurde natürlich von der Dorfbevölkerung ein Auge geworfen, ob da nicht plötzlich fremde Männer bei mir ein und aus gingen. All die Gerüchte.
Aber auch das waren alles nur Gerüchte. Ja, wir haben uns während dieser beiden Auslandaufenthalte beide weiterentwickelt. Jedes hat eigene Erfahrungen gemacht, hat neues entdeckt und sich verändert. Aber die Nähe zueinander ist geblieben. Ganz egal, was sich all die Aussenstehenden für Beziehungsprobleme "gewünscht" haben, wir konnten ihnen diese Sensation und die Bestätigung "Ich habs ja gewusst und schon immer gesagt, dass das nicht gut geht", nicht geben. An unserer Liebe und unserer Zusammenghörigkeit haben auch die unterschiedlichen Erfahrungen nichts geändert. Im Gegenteil, es kann auch eine Bereicherung sein, wenn man die unterschiedlichen Erfahrungen akzeptiert, und Interesse an den Erlebnissen des Partners zeigt. Und zwar gegenseitig. Der Daheim-Gebliebene hat weniger zu erzählen, aber auch sie möchte einiges erzählen.
Das erste Wiedersehen war schwerer als das zweite, weil wir uns damals noch nicht lange kannten und somit die Beziehung und das Vertrauen noch sehr jung waren.
Wie lange seit ihr beiden zusammen? Freu dich einfach ganz fest auf das Wiedersehen, geniesse das Kribbeln im Bauch, den Zeitpunkt, wenn ihr euch wieder in die Arme schliessen könnt!
Gruss Fratz12