Ich bin 53 Jahre alt, seit 35 Jahren verheiratet und habe 3 erwachsene Kinder. Ich bin leitend berufstätig, ungeheuer lebenslustig, sportlich, optimistisch...
Mein Mann war schon immer der erste, pessimistische Typ, den ich mitreißen mußte. Aber ungeheuer zuverlässig.
Aber ich war nie ganz zufrieden in meiner Ehe, habe für ihn immer zurückgesteckt und auf vieles verzichtet. Manch einer wird sagen, selbst dran schuld.
Nun hat mein Mann vor 4 Jahren Prostatakrebs bekommen. Wir hatten immer ein reges Sexualleben, nach meinem 40. Geburtstag wurde es immer besser. Er wurde operiert undd danach ging nichts mehr. Keinerlei Errektion, dafür aber eine Inkontinenz. Wir haben uns 1,5 Jahrre bemüht, mit Ersatzmaßnahmen und auch mit Spritzen einigermaßen über die Runden zu kommen. Aber es ging einfach nicht, Ich lag danach in einer Urinlache und es gab mir keinerlei Lustgefühl, so ohne Errektion. Irgendwann sagte er mir: "Du mußt Dir einen Geliebten suchen, ich darf davon aber nichts wissen".
Ich war jetzt schon soweit, dass ich jeden Mann hätte anspringen können. Wahrscheinlich fiel die Abstinenz mit meinen Wechseljahren zusammen, ich war nur noch in Aufruhr. Habe dann im Internet nach einem Sexpartner gesucht und natürlich auch gefunden.
Der erste Partner war Masochist, ich lernte also SM kennen. Und lieben. Er flog zu Hause auf, wir haben uns getrennt. Ich habe weitergesucht und bin seit 1,5 Jahren mit einem Mann zusammen.
Mein Mann wurde indes immer mürrischer und lebensunlustiger. Nicht, das er etwas gemerkt hätte, aber ihm fehlte der Sex als Lebensantrieb.
Der schlimmste Tag war der Tag der Hochzeit unseres Sohnen. Ihm war die Musik zu laut und zu rockig, da mochte er nicht tanzen. Um 23.30 Uhr stellte er mir das Ultimatum, entweder sofort aufs Hotelzimmer zu gehen oder er führe sofort allein nach Hause. Ich habe geweint, bin aber mit aufs Zimmer. Da lag ich dann heulend und unten wurde weiter Hochzeit gefeiert. Das war der Höhepunkt, an dem sich bei mir etwas gewendet hat. Ich wollte nicht mehr zurück stecken, wollte endlich leben, weggehen, Leute treffen, lustig sein. Bisher hatte ich meinem "Sexpartner" immer gesagt, Trennung wäre keine Option für mich. Er hatte sich schon für mich getrennt.
Irgendwie wollte ich nur noch raus. Habe Vorträge von Robert Betz gehört. Und meinem Mann eröffnet, dass ich mich trennen möchte.
Oh Gott, was da vor 4 Wochen begann, ist die Hölle für mich. Er wollte sich sofort umbringen (er ist im Schützenverein). Ich mußte ihm den Waffenschrankschlüssel abnehmen. Ein Leben ohne mich ist sinnlos. Er rief sofort alle Freunde und Verwandten an, um ihnen zu sagen, dass ich fremd gegangen bin und ihn nun verlassen will. Kein Wort davon, wie er mich in den letzten Jahren behandelt hat.
Dann hat er mich 1 Woche lang bearbeitet. Und ich bin umgefallen. Aber jedes Mal, wenn etwas nicht so läuft, wie er will, will er sich umbringen. Er meint es ernst, ist nur noch ein Häufchen Elend, Panikattacken, kann nicht schlafen, klammert sich an mich.
Unsere Tochter ist Ärztin und versucht gerade, ihn stationär unter zu bringen. Ich gehe auch vor die Hunde. Mein Freund wartet geduldig, wie es sich alles entwickelt.
Wie soll man aus solch einer langen Ehe herauskommen, zumal mein Mann ja diesen Krebs hat? Ich würde Spießrutenlaufen, wenn er sich etwas antut.
So etwas macht "man" doch nicht. Natürlich bin ich mit meinem Mann noch verbunden, ich möchte ihm helfen und wäre gern für ihn da. Aber ich möchte gern allein leben.
Wie weit darf Egoismus gehen?