Ok, dies ist mein erster Beitrag in diesem Forum. Hätte nicht gedacht, dass ich mal in so einer Situation sein würde, aber hier bin ich. Ich weiß nicht mehr weiter und hoffe darauf, dass mir hier vielleicht jemand Rat geben kann...
Vorneweg: es ist wahrscheinlich egal, wie viel man schreibt, man kann doch nicht alles erwähnen, das relevant ist. Aber ich denke zu viele Auslassungen machen das ganze zu banal. Tut mir trotzdem leid, dass es so ein abschreckend langer Beitrag geworden ist.
Seit fast genau einem Jahr bin ich mit meiner Freundin zusammen, wir haben uns an der Uni kennen gelernt. Als wir uns im Sommer letzten Jahres angenähert haben, waren wir beide in einer sehr schwierigen Phase. Ich hatte gerade eine acht Jahre lange Beziehung hinter mir und sie hatte eine sehr schwierige Scheidungsphase durchmachen müssen. Zu Beginn hat es uns beiden sicherlich sehr geholfen, dass wir uns gegenseitig beistehen konnten und jemandem zum Reden hatten. Dazu kam noch, dass wir uns vorher schon gegenseitig sehr gemocht hatten und uns heimlich angehimmelt hatten (hatten bereits ein Jahr zusammen studiert), obwohl wir es uns nie gegenseitig gezeigt haben wir waren ja, wenn auch unglücklich, mit anderen Partnern zusammen. Aber eine gewisse Spannung war schon immer dagewesen. Als wir dann letztlich zusammen kamen, passte es umso perfekter... nach langem Schmerz plötzlich diese traumhafte Wende zum Besseren...
Der Anfang lief es sehr gemächlich ab. Wir redeten sehr viel über unseren Schmerz und anderes, wir waren beide immer noch ziemlich in unserer Vergangenheit gefangen. Trotzdem war das physische Verlangen nach einander sehr groß, nur hielten wir uns aus irgendeinem Grund noch zurück. Erst nach ein paar Wochen hatten wir das erste Mal Sex. Das war dann für sie wie für mich wie ein Befreiungsschlag... und wieder: einfach perfekt. Die kommenden Monate waren für mich (und auch für sie) die schönsten seit langer langer Zeit, zumal es dann auch noch unimäßig relativ sachte zuging und wir so teilweise richtig schön in den Tag hineinleben konnten... gemeinsame Unternehmungen, mehrmals am Tag Sex, ausführliche Gespräche bis tief in die Nacht usw. Wie das bei Neuverliebten so ist (nur hat es, wie gesagt, bei uns vielleicht ein klein wenig später eingesetzt.)
Diese Phase (ich benutze dieses Wort hier nur widerwillig, aber zu meinem Bedauern scheint es zu passen) dauerte dann auch etwa sieben Monate an. Im März fingen die Probleme an. Da waren gewisse Streitereien, aber nichts was über Wortgefechte hinausging. Irgendwann nimmt man wohl doch gewisse Dinge als gegeben hin und plötzlich versucht man wieder wie im Teenager-Alter herauszufinden (vielleicht nicht mal absichtlich), wo die Grenze beim jeweils anderen liegt. Überflüssig zu erwähnen, dass man sich sehr verletzen kann, wenn man sich einmal gut kennt, und so war dann auch bei uns.
Einer der Hauptgründe für diesen relativ plötzlichen burn-out waren einige Vorkommnisse, die nichts direkt mit uns beiden zusammen zu tun hatten, aber unser Zusammenleben merklich beeinflusst haben (aus einer Notsituation heraus war ich kurz nach unserem Beziehungsanfang mit ihr zusammengezogen). Dazu gehörten u.a. dass ihre Schwester für drei Wochen unter der Woche bei uns in der Wohnug wohnte, weil sie selbst noch auf Wohnungssuche war (ich hatte nichts dagegen einzuwenden, aber meiner Freundin ging es selbst irgendwann auf die Nerven, weil sich das immer länger hinzog). Schließlich rückte die Abschlussarbeit immer näher, die meiner Freundin große Probleme bereitete. Sie war sehr fleißig aber sichtlich verkrampft.
Zu den sporadischen Streitereien, kam dann, was mich noch mehr schmerzte, die Tatsache, dass sie immer gut gelaunt mit ihren Cousinen, Freunden oder sonstwem sich unterhalten konnte, oder sogar, wenn jemand anderes sie einlud, alles daransetzte eine Auszeit vom Arbeitsstress zu nehmen, bei mir aber alle möglichen Register zog.
Kein Sex, keine Ausflüge, nicht mal ein Kinobesuch war plötzlich mehr drin...(sie meinte einmal "kein Sex bevor ich meine Arbeit fertig geschrieben habe"). Das hat natürlich zu einem gewissen Grad unsere Streitereien noch verschärft und mir tut diese Behandlung bis heute weh. Natürlich habe ich mich auch immer öfter gefragt (und sie sicherlich auch), ob diese Beziehung noch einen Sinn hat. Ich gebe zu, dass mich ihre "no sex"-policy ganz besonders fertig gemacht hat... weil ich einfach nicht verstehe, wie es so abrupt dazu kommen konnte... (es war auch nicht etwa "eine Strafe" von ihr gemeint, sondern sie hatte wirklich keinerlei Verlangen mehr...)
Ich habe dann aber die Entscheidug getroffen, dass ich ihr helfen wollte, diese Phase durchzustehen. Vor allem kurz vor Abschluss ihrer Arbeit kann ich von mir sagen, dass ich alles daran gesetzt habe, ihren Stress so gering wie möglich zu halten. Alle meine eigenen Wünsche habe ich hinten an gestellt und wollte einfach nur, dass sie glücklich ist.
Seit ein paar Tagen ist sie nun fertig und hat erstmal noch gut einen Monat Ferien bevor sie arbeiten muss... ich hatte schon befürchtet, dass auch jetzt noch nicht alles wieder "normal" zugeht, aber die letzten beiden Tage sind der Horror gewesen... ich frage mich oft, ob wir noch eine Beziehung haben oder einfach nur zusammen wohnen... oder sind wir jetzt nur noch Freunde?
Sie hatte vor einiger Zeit mal gesagt, dass sie noch mit sich ringt, ob sie nicht alleine bleiben kann, dass sie aber nach mir keinen anderen Mann mehr in ihrem Leben haben möchte. Aber auf der anderen Seite gibt sie mir auch nicht das Gefühl, dass sie Schluss machen möchte... alles andere läuft auch normal: wir reden, machen Späße zusammen usw, haben zwei kurze Ausflüge gemacht... nur ist seit Monaten so gut wie überhaupt keine körperliche Nähe mehr da...
Meine Fragen: bringt es etwas, ihr noch mehr Zeit zu geben (eine fast dreimonatige Absitenz haben wir bald hinter uns) oder mache ich mir damit nur falsche Hoffnungen? Bin ich unnormal, dass ich schon so lange ausgehalten habe und weitehrin mit ihr zusammen bleiben möchte? Was meint ihr, geht in ihr vor?
Ich würde sie gerne selbst darauf ansprechen, aber in der ganzen Zeit der letzten paar Monate ist etwas das verbindende Band zwischen uns verschütt gegangen... ich warte noch auf den richtigen Zeitpunkt, weil ich glaube, dass ich nur eine gute Chance bekomme, dass ganze richtig mit ihr zu besprechen ohne es zu vermasseln... darum wäre ich für ein paar Meinungen sehr dankbar. Vielen Dank für das Lesen!