Ich kann dich verstehen!
Mir erging es nicht anders. Mein Ex-Freund und ich hatten eine mehr oder weniger schöne Beziehung. Wir hatten oft Streit und passten nicht zueinander, trotzdem wollte ich das die ganze Zeit nicht wahr haben. Er hat mich manipuliert, ist mir zwar nicht fremdgegangen, hatte aber ständig Kontakt zu seinen Ex-Freundinnen und zu anderen Frauen, mit denen er hinter meinem Rücken geflirtet hat und selbst war er eigentlich in einem instabilen, geistigen Zustand. Ich würde mal sagen, dass er ein Soziopath war. Irgedwann kam mir die Einsicht, dass er zum Ende hin an meinem Leid und meiner Verzweiflung Gefallen fand. Er wollte mir weh tun. Er hat angefangen bei seinen Freunden zu prahlen, was er mir wieder angetan hat und wie verzweifelt ich doch war. (Bekam ich alles über diese Freunde mit, die natürlich anfingen auf meiner Seite zu stehen und sich von ihm abzuwenden. "Der ist doch verrückt geworden", sagten sie über ihn.)
Ich habe zwei Jahre lang unter diesem Tyrann gelitten. Bis ich endlich den Mut fand und ihn entgültig verließ. Die wohl beste Entscheidung meines Lebens. Das ist nun vier Jahre her. Ich brauchte ewig, bis ich endlich wieder glücklich war und mich wohl in meiner Haut fühlte. Denn ich fühlte mich immer, als wäre ich Schuld gewesen. Als hätte ich irgendetwas verbrochen, dass ihn zu diesem Handeln trieb. Was NICHT stimmte! Mit dir ist rein gar nichts falsch! Das dich dein Ex betrogen hat, ist eine Charakterschwäche seinerseits und nicht deine! Das must du dir immer wieder bewusst machen.
Das du die Zeit vermisst ist nicht ungewöhnlich. Das ist ganz normal. Du willst die Sicherheit wieder, die Geborgenheit, die er dir einst gab. Du willst dich wieder so fühlen, wie du dich gefühlt hast, als du das erste Mal verliebt warst. So als wäre diese Bindung endlos, weil du noch nie von jemandem hintergangen wurdest, den du geliebt hast. (Nehme ich jetzt mal an.)
Aber du musst dir leider auch bewusst machen, dass dieses Gefühl nicht mehr zurückkommt. Jedenfalls nicht bei ihm. Das du Bedenken hast, jemandem zu vertrauen, ist auch ganz natürlich. Es ist, als hättest du einen Unfall gehabt. Ein rotes Auto hat dich von Rechts erwischt. Was wirst du nun tun, wenn du ein rotes Auto siehst? Natürlich zusammenzucken. Du willst dich in Sicherheit bringen, da du schon mal von einem roten Auto verletzt wurdest. Aber nicht jedes rote Auto wird dich über den Haufen fahren wollen. ;-) Wieder den Mut zu fassen, einer anderen Person zu Vertrauen und ihr so viel Macht zu geben, dich zu verletzten, ist schwer. Denn man hat ja immer noch die Erinnerung daran, wie man darum kämpfen musste, wieder heil zu werden. Und man will nicht wieder diesen Kampf durchstehen.
Aber mit der Zeit wird es leichter werden. Ohne Mut zum Vertrauen wirst du nie Frieden mit dir und mit anderen Menschen schließen.
Was ich dir ans Herz legen kann: Vielleicht denkst du über eine Therapie nach. Ein paar Stunden nur, in denen du aufarbeiten kannst, was dir wiederfahren ist. Ich habe das selbst gemacht und siehe da, mir ging es schnell sehr viel besser. Du wirst vielleicht hin und wieder daran denken, aber du wirst irgendwann nicht mehr traurig den Blick senken, sondern den Kopf erheben, lächeln und sagen: "Ich bin wer ich bin, weil ich das überlebt habe. Und ich bin nicht dein Produkt, sondern ein wundervoller Mensch, welcher du vielleicht nie sein wirst."
Ich hoffe sehr, dass ich dir helfen konnte.