Eigentlich ist mir dein Thema sehr vertraut. Allerdings aus männlicher Perspektive. Das klingt dann so, dass ich gerne mit Frauen zusammen bin, da mir Männer meist zu oberflächlich, zu verschlossen und oftmals auch zu pubertär sind. Das hat übrigens recht wenig mit dem Alter zu tun, beiderseits.
Was ich dir aber zu bedenken gebe ist folgendes. Treffe ich auf eine Frau, die mich fasziniert und von der ich spüre, dass wir gut zusammen passen würden, läuft immer die Gefahr mit, dass sich auch ein sexuelles Begehren einstellen kann. Umso mehr, wenn ich selber frei bin oder mich nicht mehr gebunden fühle. Dies unter Kontrolle zu halten und dafür zu sorgen, dass man sich die kollegiale Freundschaft und die Gefühlswelt des Gegenübers nicht belastet, ist nicht ganz einfach. Denn es dürfte zu unserem Wesen als Mensch gehören, dass sich Gefühle, Wünsche und Träume auch verschieben können und Handlungen und Äusserungen lediglich Momentaufnahmen sind.
Kompensiere ich mit Kolleginnen, was ich eigentlich gerne in einer verbindlicheren Form mit einer Freundin in einer Beziehung hätte, oder bin ich ganz einfach gerne mit Menschen zusammen, die mir und der breite meines Lebens gut entsprechen? Eine eindeutige Antwort darauf zu bekommen, für sich selbst und die anderen, ist nicht einfach.
Als Mann möchte ich so wenig einer Kollegin ihren Freund ausspannen wie ich nur schlecht damit leben könnte, dass sich eine Kollegin im Wissen um meine Partnerin eine Affäre oder mehr wünscht von mir.
Somit ist der Beziehungsstatus relativ entscheidend. Die Männer, die dich einladen und danach mehr oder weniger Abschied nehmen, wenn sie erfahren, dass du einen Freund hast, sind mit grosser Wahrscheinlichkeit daran interessiert dich näher kennen zu lernen, weil sie sich Sex, einer Affäre oder einer Beziehung mit dir vorstellen können. Und somit ist es vermutlich auch besser, wenn sie sich zurückziehen, egal ob als Selbstschutz oder schlicht und einfach um dich nicht zu verletzen.
Anders sieht es natürlich aus, wenn du in der Kollegialität zu Männern Dinge suchst, die bewusst oder unbewusst bei deinem Freund zu kurz kommen. Neulich sagte mir eine gute Kollegin die gerne flirtet und immer einen Freund hat und dann plötzlich doch wieder nicht: Es ist doch Scheisse, dass alle Männer immer nur das eine wollen und man nicht einfach nur gute Freunde sein kann. Sie kam von einer Party, noch völlig aufgelöst, mit einem Filmriss, ohne sich daran erinnern zu können, was sich die letzte Nacht eigentlich ereignet hatte.
Ich denke, mit uns Männern ist es für euch Frauen tatsächlich nicht immer einfach. Mit euch Frauen aber auch nicht. Am besten dürfte es funktionieren, wenn man über gemeinsame Interessen ein Vertrauensverhältnis aufbauen kann, wo man wirklich gut auch über genau diese Dinge sprechen kann. Freundschaften muss man sich auch verdienen, das geschieht nicht primär in der Zufälligkeit von Kundenkontakten, einem Kaffee oder Essen.