Eine etwas andere Sicht ...
Ratschläge sind auch nur Schläge, denn Deine Situation gleicht keiner anderen. Trotzdem möchte ich noch etwas schreiben.
Crossdresser können wunderbare Partner sein, aber auch ganz schön anstrengend. Viele haben Schuld- und Schamgefühle für das, was sie tun. Auch wenn das Außenstehende das nicht so sehen, wie die betroffenen selber. Aber Aussagen wie "ich waere somit ne frau von so einem das will er mir nicht antun." sind für mich ein klares Indiz. Wenn man sich mit den Problemen eines DWT oder Crossdresser beschäftigt, merkt man schnell, wie tiefgreifend die Probleme sind, die in diesen Menschen stecken. Ich halte das Crossdressing selber nicht für das Problem, sondern das, was dahinter steckt. Aber das ist bei jedem anders.
Wenn er Dich damit verlässt, ist das mMn sehr verletzend, aber er meint nicht Dich damit, sondern eigentlich sich selber und sein Minderwertigkeitsgefühl, dass er damit verbindet. Psychologisch interpretiert würde ich sagen, dass er sich selber immer mehr in seine Probleme hineinreitet, bis er gar nicht mehr anders kann und sich seinen Problemen zu stellen. Das Stichwort dürfte Depression mit allen seinen Konsequenzen heißen.
Aber es ist sein Problem. Da er Dich über Deine Gefühle da mit hineingezogen hast, liegt es an Dir, damit umzugehen. Das halte ich nicht für fair, aber wenn Du willst, liegt trotzdem für Dich auch etwas Gutes darin. Warum hast Du Dir genau diesen Mann ausgesucht ? Nach einigen psychologischen Theorien, finden sich Partner in einer Lebenssituation, in der beide auf "Augenhöhe", sind. Dein Partner scheint mir noch ziemlich "unreif" zu sein. Aber was ist mit Dir ? Kann es sein, dass Du auch "unreif" bist ?
Mit "unreif" meine ich keine Wertung, sondern Bereiche der eigen Persönlichkeit, die einer (dringenden ?) Entwicklung bedürfen. Liebe und Partnerschaft sind hierfür wie geschaffen. Ich sehe Entwicklung sogar als eine Hauptaufgabe an. Die kommt nicht von alleine, sondern sind harte Arbeit. Nicht die Arbeit am Partner, sondern an sich selber durch den Partner ist mMn der Schlüssel. Was sagen mir meine Gefühle über mich selber, die der Partner scheinbar in mir erzeugt ? Aber es sind Deine Gefühle.
Du bist verletzt worden. Aber warum willst Du Dich verletzt fühlen ? Die Ursache für die Verletzung liegt in Dir. Hättest Du keinen Grund dafür, würdest Du ihn einfach seines Wegs ziehen lassen. Die Chance, die er Dir gibt, ist Dich damit auseinander zu setzen und Dir selber auf den Grund zu gehen.
Ich habe 50 Jahre meines Lebens, viele Krisen und Schmerzen gebraucht, um dahinter zu kommen. Ich habe anderen Menschen Verletzungen zugefügt, ohne dass ich das wollte. Es wurden mir Verletzungen zugefügt, die mich zwei Mal in die Depression trieben. Erst da habe ich kapiert, dass ich nur in mein eigenes Leben schauen musste und verstand, dass ich für die Verletzungen selber verantwortlich war. Bitte nicht falsch verstehen. Wenn mein Partner fremd geht (wie das bei mir der Fall war), dann ist das ein Verhalten, dass er zu verantworten hat. Meine Verantwortung beginnt an anderer Stelle. Hätte ich mehr auf mich geachtet, hätte ich mich selber mehr geliebt und respektiert, wäre es nie soweit gekommen. Aber ich habe nicht hin geschaut und ich habe über die Missstände geschwiegen, statt Konsequenzen zu ziehen. Und warum habe ich geschwiegen ? Weil ich in einer Weise großgezogen wurde, die große Teile meiner Sensibilität negiert haben und ich sie verdrängen musste.
Wir leiden alle an Defiziten unserer Kindheit und geben sie auch weiter. Damit müssen wir leben. Aber als ich die Zusammenhänge verstanden hatte, begann mein Leben langsam Stück für Stück viel besser zu werden. Für mich ist diese Erfahrung erst ein paar Jahre alt. Ich habe dafür mehrere Lieben hinter mir lassen müssen. Aber heute lebe ich in einer Beziehung, die als viel wertvoller erachte, als alles, was ich bisher erlebt habe. Dabei ist sie viel weniger überschwänglich, als frühere Beziehungen.
Ich bin auch ein Crossdresser.und kenne die Phasen, die Du beschrieben hast. Als Junge und Mann sah ich mich gezwungen, meine Sensibilität und Empathie zu verdrängen. Ich litt körperliche Schmerzen, wenn ich das Leid anderer Menschen gesehen habe. Das andere darüber lachen können, war mir eine Qual. Habe ich meine Weichheit gezeigt, bin ich dafür verlacht worden. Am schlimmsten war es in meinem Grundwehrdienst. Da bin ich einmal in Tränen ausgebrochen. Frag' nicht, wie sich die anderen verhalten habe und wie ich mich dafür gehasst habe. In meiner Pubertät habe ich weibliche Kleidung für mich entdeckt. Weiblichkeit war und ist für mich das Synonym für meine "weichen" Seiten. Es war ein Spannungsregulativ. Es erlaubt mir, meine ganze Persönlichkeit zu leben. Da man auch in der Pubertät die Sexualität entdeckt, kam es zu einer Art Programmierung. Gute Gefühle - Weiblichkeit. Deshalb spielt die Selbstbefriedigung bei CD so eine große Rolle. Mit der Zeit relativierte sich das ganze und konnte so vor allem meine vernachlässigte Persönlichkeit ausdrücken.
Heute ist es so, dass ich auch als Mann meine weichen Eigenschaften viel besser leben kann. Dressen (weibliche Kleidung tragen) ist kein Zwang mehr, sondern bewusster Ausdruck. Meine Partnerin schätzt meine Feinfühligkeit und ich kann sie leben. Aber ich glaube, wegen der tiefgreifenden "Programmierung werde ich das Dressen nie ganz lassen können. Aber warum auch, es tut mir gut. Aber ich erlaube meinen Gefühlen nicht mehr die Kontrolle. Somit habe ich keinen "Zwang".
Das ist keine Einbahnstraße, meine Partnerin kann, wenn sie will, auch davon profitieren. Sie hat dazu auch eigene Gefühle, die nicht immer positiv sind. Es macht ihr manchmal Mühe mich in Damenwäsche zu sehen. Die Frage ist nur, was sagt das über ihre Persönlichkeit ? Es ist spannend, das zu entdecken. Und Schritt für Schritt kommen so unsere Entwicklungen in unseren Alltag. Und eigentlich ist es doch lustig, wenn ich nach dem Schminken mehr einer Vogelscheuche ähnele. Humor ist, wenn man gemeinsam darüber lachen kann, oder ?
Liebe Grüße
Vicky