Liebe glutorange...
Du schreibst sehr tiefgehend, merci dafür...ja, auch merci für deine früheren Ansichten. Weißt du, ich habe in meinem ganzen Leben nicht versucht, jemanden davon zu überzeugen, dass man den Verstand nicht über das Gefühl stellen kann - denn: man kann dabei nach meiner Ansicht nur verlieren. Ich bin äußerst emotional, wahrscheinlich kann ich es deshalb nicht verstehen, dass er sagt, er ließe jetzt den Verstand walten.
Nun, ich glaube inzwischen, dass ich ihm wirklich unwichtig bin. Warum? Ich habe ein paar derbe Ausraster verbaler Natur am Telefon gehabt, so was kann er nicht leiden, schon gar nicht als Deutschlehrer. Man nimmt bestimmte Worte einfach nicht in den Mund, das ist ganz "unschön". Tue ich ja sonst auch nicht, aber mir ist der Kragen geplatzt in mehreren Situationen. Ehrlich gesagt, das tut mir gar nicht leid. Jede Aktion zieht eine Reaktion nach sich - und wenn sich "der Mann an meiner Seite" mir dermaßen egoistisch, unehrlich und charakterlos verhält, darf ich, nachdem, was ich an emotionalem Stress und Arbeit pur hatte, auch mal ausrasten. Das erlaube ich mir. Alles andere wäre ja furchtbar.
Nun: du meinst, ich warte noch auf ihn? Nehmen wir an, er würde sich von seiner tollsten, liebevollsten Seite nun zeigen. Kann (und will) ich all das, wie er sich verhalten hat, einfach vergessen oder sagen "war nicht doll gelaufen"??? Er hat frühzeitig das für mich wichtigste zerstört: mein Vertrauen zu ihm. Das war lange Zeit grenzenlos. Will ich einen Mann, der sich mir als leise tickende Zeitbombe darstellt???
Doch, es kann sein, dass alles vorbei ist. Es kann auch sein, dass er mich nicht liebt. Es kann sein, dass er aus meinem Leben verschwinden will.
NEIN: all das IST so, es kann nicht nur so sein!
Ich habe die letzte mail bewußt am 24.12. abgeschickt, damit...ích ihn richtig treffe.
Ist sonst auch nicht meine Art, aber die Vorstellung, dass er mit Frau und Kindern unterm Weihnachtsbaum hockt und langsam die Rückkehr in den Schoß der Familie einläutet, war für mich grausam. Ich möchte nicht, dass er ungeschoren davonkommt. Banal gesagt, ich bin ehrlich: ich wollte ihm am 24. mit der mail eine reinwürgen und ihm zeigen, dass ich nicht heulend in der Ecke sitze, sondern souverän damit umgehe, dass er seine Entscheidung getroffen hat. Er ist ein total konfliktscheuer Mensch, der in seiner rosanen Welt gefangen ist, nein, sich darin wohlfühlt. Alles muss rund und schön sein.
Ich wollte ihm damit sagen, dass ich mich emotional von ihm entferne.
Ich weiß nicht, ob er sich meldet - bis jetzt habe ich nichts gehört oder gelesen, das tut mir und dem Abstand zu ihm gut.
Ich habe, so doof es klingt, eine Pro- und Contra-Liste gemacht. Auf der Proseite sind 3 Punkte, auf der Contraseite kamen sehr schnell, ohne, dass ich nachdenken musste, 18 zusammen. Das sollte mir etwas sagen, nicht wahr?
Er hat Eigenschaften, die vollkommen konträr zu meiner Lebenseinstellung sind - und trotzdem: da ist noch Gefühl da. Ich habe 7 Monate Geduld und Vertrauen bewiesen, habe ihn nicht gedrängt, seine Frau zu verlassen, dann kamen 52 Tage des Zusammenseins in meiner Wohnung, danach mietete er seine Wohnung, und dann folgten wieder 3 Monate der Unsicherheit...und Aussprüche, dass der Ratio ihm sagt, er wolle einen Neuanfang mit seiner Frau, auch wenn tiefe Risse und Wunden da sein, die niemals vergehen werden...
Schöne Erinnerungen...versuche ich dahin einzuordnen, dass sie alle VOR der Zeit waren, als er seine Wohnung mietete. Sehnsucht...brettert manchmal durch...nach dem Mann, der er war, BEVOR er sich für die Wohnung und genen mich entschied.
Was ich beinahe hatte...ja...ich frage mich (zum Glück immer seltener): was habe ich falsch gemacht? Ich habe versucht, immer wieder, Verständnis zu zeigen, weil ich an unsere Beziehung glaubte. Aber was kann ich dagegen tun, wenn er mir sagt, dass er mich nicht mehr will und auch nicht mehr liebt? Seine Frau liebt er offensichtlich anders, weil er sie seit 26 Jahren kennt, mit ihr 2 Kinder hat und es eine gewachsene Beziehung ist...
Ich habe jetzt die Möglichkeit gewählt, ihn nicht zu kontakten und ihn aus meinem Leben zu streichen. Wie mein letzter Satz der mail lautete: "Du willst mich nicht - und ich bin nicht masochistisch genug, jemandem Gefühle entgegenzubríngen, der mich nicht liebt."
Daran glaube ich wirklich. Ich halte mich echt nicht für die Super-Frau, aber ich habe eine ganze Menge Gefühl, die ich ihm gab. Er hat nicht verstanden, was er angerichtet hat. Ich wünsche ihm, dass er an Bewusstsein zulegt, und nicht weiterhin alles verniedlicht à la "es tut mir so leid, dass ich dich deiner Hoffnungen beraubt habe".
Das ist lachhaft, der Mann weiß nicht, was er zerstört hat.
Und, ja, auch wieder ehrlich: entweder wünsche ich ihm, dass seine Frau ihn nicht "zurücknimmt" (ist aber unwahrscheinlich, denn sie ist 55 und das heile Familienleben mit den Kindern ist ihr genauso wichtig wie ihm) - oder ich wünsch ihm, dass, wenn sie ihn zurückkommen lässt, er im Saft einer von ihm zerstörten Beziehung schmort, in der nichts mehr rund und echt ist...und er das aushalten muss..
Über die Beziehung zu mir schrieb er mir: "...für ihn sei es kein verlorenes Jahr, die Erfahrungen mit mir/durch mich werden ihn immer begleiten...er erlebte mit mir unwiederholbares...was ihn nicht verlassen würde..."
Sehr schön...ich habe als discovery-channel fungiert...und ich freu mich, dass ich seinen Erfahrungshorizont erweitert habe ;-)
Nein, so denke ich nicht.
Ich schrieb die mail deshalb, weil ich ihm nicht die Absolution erteilen werde, dass für ihn alles ok sein und er sich guten und freien Gewissens wieder seiner Familie widmen kann...
Nun...wenn er sich melden sollte...dann deshalb, weil er es nicht ertragen kann, dass ICH diese letzten Worte schrieb...und nicht ER...da bin ich mir sicher...
Ich werde mich garantiert NICHT bei ihm melden!
Liebe Grüße, Vinci