Hallo,
ich weiß, es gibt schon viele Forumseinträge zu diesem Thema, aber ich brauche dringend Rat und hoffe, es kann mir jemand weiterhelfen, der vielleicht schon ähnliches erlebt hat.
Die Geschichte ist folgende: Ich lebe seit ca. 6 Jahren mit meinem Freund in einer glücklichen Beziehung und wir haben uns vor kurzem sogar eine Wohnung zusammen gekauft, sind beide Ende 20 und haben auch schon über Familienplanung nachgedacht.
Seit bald 2 Jahren habe ich einen neuen Job und arbeite mit 3 sehr netten Kollegen zusammen. Wir lachen viel und verstehen uns alle sehr gut. Nach ein paar Monaten ist mir aber plötzlich bewusst geworden, dass ich für einen der Kollegen mehr empfinde. Das hat mich zunächst furchtbar schockiert und ich habe versucht, die Sache zu verdrängen und mir nichts anmerken zu lassen. Tatsache ist, dass wir uns über die Monate immer besser kennen gelernt haben (wir verbringen ja schließlich fast jeden Tag im Büro im selben Zimmer) und total auf einer Wellenlänge sind. Wir kennen uns mittlerweile so gut, dass wir uns gegenseitig necken und aufziehen und auch die gegenseitigen Schwächen und feinen Charaktereigenschaften des anderen bereits kennen. Kurz: Er ist mir vertraut geworden. Und das fällt nicht nur mir auf. Unlängst hat uns ein Kollege reden gehört und gemeint "ihr seid ja wie ein altes Ehepaar". Ich hatte schon länger den Eindruck, dass es meinem Kollegen ähnlich geht wie mir. Manchmal schauen wir uns an und müssen dann beide verlegen wegsehen. Das klingt alles sehr harmlos und unkonkret, allerdings sind wir uns auf Parties betrunken schon zweimal etwas näher gekommen. Wir haben zusammen getanzt und schließlich auch Händchengehalten. Alles immer noch recht harmlos, aber ich musste mich extrem zurückhalten, damit es nicht zu mehr kommt. Wir haben über diese Sache nie gesprochen und im Büro ist mein Kollege wirklich extrem anständig. Er würde mich nie billig angraben, da er ja auch weiß, dass ich fix vergeben bin und er bis vor kurzem selbst in einer langjährigen Beziehung steckte. Aber es bleibt dabei, dass wir uns einfach mögen und er mir Komplimente macht (allerdings immer auf meinen Charakter bezogen, nie auf Äußerliches oder gar Sexuelles).
Meistens kann ich ganz gut mit der Situation umgehen und ich denke mir, dass ich ihn einfach nur sehr mag und da ja nichts dabei ist. Dann gibt es aber wieder Tage, wo ich mich sexuell so zu ihm hingezogen fühle, dass ich an gar nichts anderes mehr denken kann und ich in der Nacht nicht schlafen kann, weil ich die ganze Zeit an ihn denken muss. Und dann gibt es Situationen, wo ich mir wünsche, wir würden am Abend nach der Arbeit einfach gemeinsam nachhause fahren und auf der Couch vorm Fernseher kuscheln. Ich habe dann das Gefühl, dass das das Normalste der Welt wäre.
Ich liebe meinen Freund, aber nach 6 Jahren ist vieles Gewohnheit geworden und sexuell waren wir leider von Anfang an nicht auf einer Wellenlänge und es ist uns auch nicht gelungen, diese Situation zu verbessern. Ich versuche meist diesen Zustand zu verdrängen und weiß nicht, wie wir die Sache verbessern können. Ich liebe meinen Freund und will ihn nicht verlassen, aber ich denke, dass ich nicht für einen anderen Augen hätte, wenn alles in Ordnung wäre. Mich quält dieser Zustand immer mehr und ich habe sogar schon überlegt, meinen Job zu wechseln, glaube aber auch nicht, dass das die Lösung wäre.
Ich glaube an den Spruch "Gelegenheit macht Liebe", in dem Sinn, dass Nähe und Sich-Kennlernen Geborgenheit und ein vertrautes Gefühl schaffen können. Und ich glaube, auch wenn sich diese Frage so gar nicht stellt, dass ich mit meinem Kollegen sogar eine gute Beziehung führen könnte. Aber mir ist klar, dass diese Beziehung auch nicht "besser" wäre als meine jetzige. Klar, am Anfang wäre da verliebtes Prickeln. Aber dann würde auch bei uns Routine einkehren. Leider hilft mir das in meiner jetzigen Situation nichts. Ich sehe täglich meinen Kollegen, lache und scherze mit ihm und wünsche mir nichts mehr als ihn zu drücken und zu küssen. Und habe ein wahnsinnig schlechtes Gewissen meinem Freund gegenüber.