Hallo,
ich hoffe ich finde hier Rat und Unterstützung. Es ist das erste Mal, dass ich etwas in einem Forum schreibe und es ist eine lange Geschichte.
Mein Name ist Sandra und ich bin 22 Jahre alt. Es ist ein schwieriges Thema für mich und ich habe es noch keinem anvertrauen können. Vor einem Jahr trennte ich mich von meinem ersten Freund. Wir waren länger als 4 Jahre zusammen und die Beziehung lief die ersten zwei Jahre auch ganz gut, ich hatte nichts schlechtes an ihm gemerkt außer seine starke Eifersucht.
Ich wartete sehr lange mit meinem ersten Mal, als ich ihn kennen lernte war ich 17. Kurz vor meinem 19. Geburtstag war es dann soweit. Ich dachte mir, es wäre jetzt ein guter Moment und ich liebte ihn auch wirklich sehr. Hätte ich gewusst was auf mich zukommen sollte und wie sich alles ändern wird, wäre ich ihm am liebsten nie begegnet. Die ersten Male waren ok, aber nicht so schön wie ich es mir vorgestellt hatte. Weil ich fand, dass man in einer Beziehung ehrlich sein sollte und ich sonst mit ihm über viele Dinge sprechen konnte sagte ich ihm das auch so. Er verstand das aber kein bisschen und meinte nur 'ich sei keine normale Frau'. Was so harmlos mit diesem Satz begann, artete später noch aus.
So, das war erst die kurze Vorgeschichte.
Nach ca. zwei Jahren Beziehung und nach meinem ersten Mal änderte sich alles komplett. Er wurde besitzergreifender und noch eifersüchtiger aber das Schlimmste war für mich das Streiten über unsere Sexualität. Ich wollte einfach keinen Sex mehr mit ihm weil wir uns öfters stritten und ich überhaupt kein Fan von "Versöhnungssex" bin, ich mich eben in einer Beziehung wohlfühlen muss. Er drängte mich aber immer wieder dazu, wenn ich schon nicht mit ihm schlafen würde hätte ich es ihm mit der Hand besorgen müssen. Jedes Mal wenn wir uns trafen ging es ihm nur um dieses Thema und seine Befriedigung und wir stritten uns oft heftig deswegen weil ich solche Dinge nicht wollte und er es eben ständig von mir verlangte. Mit der Zeit vermutete ich, dass er eine Sexsucht hatte weil ihm wirklich nur noch DAS wichtig war und mich immer mehr dazu drang. Genau das sagte ich ihm auch, aber er sah das nicht ein und meinte: Nein, das ist mir nicht am Wichtigsten aber es ist normal das man es hat und ich bin auch nur ein Mann und muss befriedigt werden. Auf mich ging er nie ein. Es ging mir mit der Sache nicht gut und es ekelte mich nur noch aber er gab mir mit seinen Anschuldigungen wirklich das Gefühl, dass ich keine normale Frau wäre und er meinte ich würde ihm wenigstens diesen Gefallen schuldig wenn ich schon nicht mit ihm schliefe, es ihm mit der Hand zu besorgen, wie er sich gerne ausdrückte. Er wollte es jeden Tag, mehrmals sogar. Und schon bald wollte ich auch das einfach nicht mehr, ich traf mich nur noch draußen mit ihm weil ich wusste wenn wir uns besuchten und wir uns auf die Couch setzten, er wieder anfangen würde darüber zu sprechen und sich dann wieder zu streiten. Er durchschaute es natürlich als er öfters scheinheilig und liebevoll fragte ob ich nicht zu ihm wolle uns ein Film ansehen...und ich das ständig mit anderen Ausreden verneinte. Und wir stritten uns wieder darüber als ich ihm den ehrlichen Grund verriet.
Es war wirklich eine furchtbare Zeit. Irgendwann waren wir natürlich wieder im Zimmer nachdem wir wieder und wieder darüber gesprochen haben und ich diesmal das Gefühl hatte er hätte es verstanden und würde einfach behutsamer mit mir umgehen. Dann hatten wir wieder einmal Sex wo ich mich diesmal etwas besser fühlte bis es beim nächsten Mal wieder ausartete und er nicht genug bekam, mir wehtat, ich sogar blutete, ich ihm sagte, dass es mir wehtun würde er aber nicht darauf einging und einfach weitermachte wie ein Tier. Ich stieß ihn so stark es ging von mir weg und er schrie mich an "Was zum Teufel mit mir los sei?", packte seine Sachen und ging wütend heim. Er ließ mich da und ich weinte nur leise vor mich hin.
Ein weiteres Mal war es sogar so, dass ich eindeutig "Nein, ich will keinen Sex" sagte, mich umdrehte und einschlief egal wie lang er bettelte. Mitten in der Nacht als ich im Tiefschlaf war drang er dann einfach in mich hinein. Ich erschrak zu Tode wollte ihn wieder wegstoßen und ihn so eine ins Gesicht scheuern und nach meinen Eltern schreien aber er hielt mich fest, den Kopf ins Kissen gedrückt und machte einfach weiter. Ich weinte und er machte weiter, total in seiner Ekstase bis er kam. Das war das letzte Mal das "wir" miteinander schliefen. Er schlief zufrieden ein, ich lag so weit weg von ihm wie es nur ging, zusammengekauert und die Welt stand Kopf. Ich wusste nicht was ich noch tun sollte, ob das wohl normal wäre.. ich hatte in dem Moment ja nicht mal gemerkt, dass es rückblickend gesehen schon als Missbrauch oder Vergewaltigung zählen kann, ich dachte nur es ist eben seine Sucht oder eben sein starkes Verlangen danach (man kann es sehen wie man es möchte). Ich fand keine Worte mehr und hatte auch keinen Mut mehr ihm irgendetwas zu erklären, keinen Mut, meinen Eltern was davon zu erzählen, ich schämte mich so sehr dafür. Ich fand mich so dermaßen abstoßend in meiner Haut, dass ich eine ganze lange Weile öfters am Tag duschte und mich peelte (sogar im Intimbereich..) sodass meine Haut höllisch brannte und rot wurde. Ich überlegte ständig was ich tun sollte, ob es vernünftig wäre es jemandem zu erzählen. Aber ich hatte einfach keinen Mut dazu. Irgendwie lebte ich damit und ja ich verdrängte es wirklich gut.
Ich behielt also alles für mich und versuchte mich mit meinen Hobbies und meinen Freundinnen abzulenken. Auch mit Sven ging ich nach dieser Sache seltsamerweise viel zu "normal" um, als ob nichts gewesen wäre. Ich hätte etwas tun sollen, aber ich unterdrückte alles.
Ich begann mit 20 nach dem Abschluss des Abiturs und eines kleinen Aufenthaltes auf Bali mit meinem Studium und ich war jede Minute froh, bloß weit weg von ihm zu sein, nicht mehr in derselben Stadt mit ihm zu leben und hatten einen weiteren großen Streit weil er gegen mein Studium war, meinte ich solle doch lieber eine Ausbildung in unserer Heimatstadt machen wo ich ganz nah bei ihm sein kann. Es ging dann tatsächlich noch so weit, dass er mir verbieten wollte mit meinen Eltern weiterhin in den Urlaub zu fahren. "Wie stellt du dir das vor wenn wir mal verheiratet sind? Das du rumreist und ständig mit deinen Eltern tauchen gehst?"
Komischerweise war das dann erst der Grund warum ich mich von ihm trennte. Es war der Tropfen in einem unendlich großen Staudamm. Ich habe mich am Telefon dann endlich nach mehr als 4 Jahren von ihm getrennt ohne ihm überhaupt noch Gründe zu nennen. Er sah sowieso nichts ein. Er weinte bitterlich und wollte mich wieder zurück haben heulte ich sei "seine absolute Traumfrau" und er "will niemand anderen mehr außer mich" aber ich sagte ihm nur klar und deutlich "Das war genug. Ich wünsche dir alles Gute." und legte auf. Seitdem habe ich keinen Kontakt mehr zu ihm.
Ich fühlte mich wie befreit sogar wie neu geboren und konnte nun tun und lassen was ich wollte ohne mir irgendwas anhören zu müssen.
Und meine Freiheiten heißen: Ins Fitnessstudio mit meinen Freundinnen, sich kleiden wie man möchte und die Cousine besuchen gehen die etwas weiter weg wohnt, mit Eltern in den Urlaub usw. Das war mit ihm zwar alles auch möglich, weil ich es so oder so getan habe aber sehr Nerven und Kraft raubend weil daraus immer Diskussionen entstanden.
Zurück zum eigentlichen Thema: Ich wusste in jener Zeit nicht, dass es womöglich eine Vergewaltigung war, ich war so verstört und verwirrt in dem Moment und er ließ mich immer wissen das es so "normal" in einer Beziehung sei. Das man Sex haben MUSS. Und dass ich ihn befriedigen MUSS weil er ein Mann sei und nun mal diese Bedürfnisse hat und dass ich überhaupt froh sein kann, dass er noch mit mir zusammen ist und dass mich kein anderer mehr so lieben würde wie er es täte und. und. und.
Im Rückblick kann ich sagen, wie intelligent und manipulativ er mit solchen Sätzen daran ran gegangen ist um in mir Angst zu säen. Und ich weiß nicht warum ich mir das alles habe gefallen lassen und sogar so getan habe als ob alles in Ordnung wäre.
Ich war mir damals nicht mal sicher ob man es als Misshandlung oder Vergewaltigung betrachten kann. Er war mein Freund und ich war in dieser Hinsicht ja wirklich nicht "normal" wie andere Frauen die eben ständig Sex hatten und ganz locker damit umgingen und darüber sprachen. Heute weiß ich, dass er mich ganz geschickt manipuliert hatte und ich darauf reingefallen bin was mich nicht traurig sondern unglaublich wütend über mich selbst macht. Ich hätte das alles viel früher erkennen und auch handeln sollen.
Zu meiner Person: Ich würde mich als ganz normale Frau bezeichnen, trinke keinen Alkohol, mache viel Sport (Tauchen, Basketball, Tanzen), bin Sozial sehr engagiert, habe ein gutes soziales Umfeld, lese sehr viel habe auch weitere Hobbies wie Malen, viel Sport, Fotografie mit einer stolzen Sammlung an exotischen Tieren über und unter Wasser und arktischen Landschaften unternehme daher sehr viele Reisen.
Momentan bin ich in einer neuen Partnerschaft, er ist ein junger Arzt und ein sehr liebevoller Mann. Ich hatte Glück ihn in meiner neuen WG während meines Praxissemesters kennen zu lernen und wir verstanden uns auf Anhieb sehr gut. Er reist und taucht auch sehr gerne mit seiner Familie, spielt Volleyball und hat ein sehr gutes Benehmen. Er zeigte schon sehr bald Interesse an mir und ich vertraute ihm schnell und schloss ihn in mein Herz ein. Leider hatte ich vor einer Sache dennoch Angst, dass ich die Sexualität mit ihm auch als Ekel empfinden würde. Und weil ich ehrlich bin, mich aber schämte ihm die ganze Wahrheit zu sagen, erzählte ich ihm, dass ich schlechte Erfahrungen damit gemacht habe und Angst davor hätte. Er meinte er würde mich verstehen und war so liebevoll und behutsam und sagte mir, dass ihm nicht DAS wichtig sei, sondern das er mich strahlen und gerne lachen sieht, das sei es was ihm wirklich wichtig wäre.
Ich merkte dadurch, dass es doch noch viel bessere Männer gibt und durch diese intensive Liebe die ich jetzt für ihn empfinde merkte ich auch wie todunglücklich ich doch eigentlich war und was mein Ex mir da eigentlich angetan hatte. Ich dachte so sei es normal, weil er mein erster Freund war und mir das immer so eingeredet hatte und ich ihm irgendwann auch so glaubte und weil ich mir immer sagte: Es gibt Schlimmeres im Leben.
Ich bin im Moment sehr glücklich aber ich unterdrücke diese Geschichte die ich schon einige Jahre mit mir rumtrage und ich denke, dass sowas nicht ohne Spuren bleibt.
Aber wem könnte ich mich anvertrauen? Meinen Eltern? Freunde? Partner? Wäre es wirklich klug nach der Zeit offener damit umzugehen?
Kann man das überhaupt als Missbrauch oder als Vergewaltigung bezeichnen?
(Nochmals: Ja, es war min. 3 Mal gegen meinen Willen als ich klar und deutlich Nein sagte oder es mir weh tat und er es genau wusste aber nicht aufhörte. Es gab aber auch Momente wo er so lange drängte bis ich es schließlich einfach tat damit er Ruhe gibt obwohl ich eindeutig nicht wollte und er es auch merkte, ihm es aber sowas von egal war. Und es gab sehr seltene Momente wo ich es auch tatsächlich wollte, am Anfang der Sexualität. Der Rest war widerstrebend oder abgrundtief abneigend.)
Wenn ja, was kann ich tun um ihm klar zu machen was ER da tut NICHT NORMAL ist? Sollte ich dem Ex das nochmal klar machen was er mir da angetan hat?
Das war jetzt eine sehr lange Geschichte, vielen Dank für die Geduld beim Lesen. Und ich weiß es gibt schlimmere Fälle als meinen hier. Aber ich dachte es wäre wichtig einmal Meinungen von klugen Menschen zu hören bevor ich mich jemandem anvertraue oder auch nicht.
Mir geht es nicht schlecht, ich leb mein Leben weiter, ich bin schon eine junge Erwachsene aber was mir als Teenager passiert ist prägt mich doch sehr und seit der sehr guten Beziehung mit meinem jetzigen Mann wird mir immer stärker bewusst was man mir da angetan hat.
Danke fürs Zuhören und ich freue mich auf ernste Ratschläge.