Kurz zur Vorgeschichte: Ich war 9 Jahre mit einer zuletzt leider schwer erkrankten Frau zusammen. Am Ende der Beziehung war ich oft alleine ohne sie fort, was ihr natürlich nicht gefallen hat, aber ich brauchte Abstand von all den Problemen mit der Krankheit, ihrer Depressionen und ihrer Arbeitslosigkeit. Ich habe im finalen Jahr unserer Beziehung viel fremdgeflirtet, es kam zu einem One Night Stand und mehreren betrunkenen Beinahe-ONS mit nackt kuscheln usw, worüber wir aber immer nachher miteinander gesprochen haben.
Sie war da sehr verständnisvoll, da sie wohl auch erkannte, wie sehr mich ihre Erkrankung psychisch an meine Grenzen brachte. Sie zog daraus aber auch Konsequenzen, indem sie sehr eifersüchtig wurde und mir Ausgehverbote erteilte. Am Ende, nachdem ich ihr von einem besonderen Augenblick mit einer weit gereisten anderen Frau bei einer Sonnwendfeier gebeichtet hatte, forderte sie, künftig IMMER dabei sein zu wollen, wenn ich das Haus verlasse. Bei diesem Gedanken dachte ich tatsächlich und ernsthaft über Selbstmord nach, denn ohne meine regelmäßigen Auszeiten von der schwer kranken Frau, ging mein Lebenswille verloren. Ich beendete kurz darauf die Beziehung - nicht ohne Schuldgefühle, aber ich hatte jahrelang gekämpft und war am Ende.
Gleich nach der Trennung lernte ich meine jetzige Freundin kennen, mit der ich nun ca. 7 Monate beisammen bin. Unsere Beziehung begann mit vielen dieser, ich nenne sie mal, "magischen Momente", wo zwei Menschen in einem Augenblick auf absolut einer Welle schwimmen und ihre Gedanken und Gefühle gegenseitig erraten und austauschen.
Ich habe mit ihr immer offen über die Endphase meiner letzten Beziehung gesprochen, und das ist wohl mit ein Grund, warum auch die "Neue" nun eher mißtrauisch und leicht eifersüchtig ist.
Ich kann mir aber eine gemeinsame Zukunft mit ihr vorstellen, wenn auch mit dem bitteren Beigeschmack des mangelnden Vertrauens.
Am letzten Samstag nun, kamen wir nach einer ausufernden Party gemeinsam mit mehreren Freunden nach Hause und während meine Freundin sofort einschlief, nahm ich mit den verbliebenen Gästen noch einen letzten Drink zu mir. Die Stimmung war nach der langen Feier irgendwie surreal, die Sonne war längst aufgegangen, aber ich verdunkelte das Zimmer, legte besondere Musik auf, verbrannte in einer Schale etwas Myrrhe und Hölzer, woraufhin sich der Raum mit schwer duftendem Nebel füllte. Ein Zustand zwischen wachen und träumen, der allen Anwesenden sehr gefiel. Meine Freundin und ich machen das öfter.
Während sich nun unter den Gästen Prächen bildeten (pikanterweise in anderen Konstellationen als den tatsächlichen Alltags-Paaren) und reichlich Berührungen ausgetauscht wurden, schlief meine Freundin tief und fest, und nur die noch einigermaßen nüchterne Fahrerin der Gästegruppe war noch wach und nicht mit Gefummel beschäftigt.
Wir kamen ins Gespräch und stellten fest, dass wir ähnliche Geschmäcker und unsere Geschwister zufällig am selben Tag Geburtstag haben. Irgendwann fingen wir an, einander gegenseitig mit Wasser aus einer Deko-Schale zu bespritzen und wir zeichneten mit nassen Fingern auf unseren Stirnen, Wangen und Lippen diverse Symbole. Dabei lachte sie so, wie ein Kind lachen würde, wenn es zum ersten Mal einen Regenbogen sieht. Ich war so berührt von ihrem Lachen, dass ich mich dafür bedankte und meinte, nun ist es an der Zeit, schlafen zu gehen. Ich verabschiedete die letzten paar Gäste, legte mich kurz darauf neben meine Freundin und schlief ein.
In der Nacht hatte ich einen Albtraum über verborgene Sehnsucht und über die Konfrontation mit meinen Ängsten.
Ich redete mit meiner Freundin darüber, und sie meinte, sie findet es gut, dass ich mit ihr über das alles spreche. Sie schilderte mir, dass sie nach ihren hunderten One Night Stands mit diversen Männern vor mir (siehe andere Threads hier im Forum) ihre Sturm-und-Drang-Phase beendet hätte und nun eigentlich etwas ernstes, festes für die Zukunft wolle und dass sie nicht wisse, ob wir da auf einer Wellenlänge sind, wenn ich bewusst und unbewusst noch immer auf der Suche bin nach "magischen Momenten" mit anderen Frauen.
Es ist in der Tat so, dass Momente wie der Beschriebene für mich irgendwie das Salz in der Suppe des Lebens sind, vor allem nach der tristen und Gefängnis-ähnlichen Beziehung vor ihr. Andererseits liebe ich meine Freundin und habe auch mit ihr solche schönen Momente, und würde diese junge Beziehung gern zu etwas Dauerhaftem ausbauen.
Ich weiß aber nicht, ob ich das schaffe.