Hallo Mädels,
vor fast genau einer Woche kam ich zurück aus Indien.
Von der Hochzeit meines Exfreundes mit seiner neuen Frau.
Wir haben zusammen studiert, vom ersten Tag an, gab es Gefühle. Beidseitig.
Wir haben uns nie öffentlich gezeigt, zum Einen wegen der Kommilitonen. Es war immer recht anstrengend, sich rechtfertigen zu müssen. Aber eben auch wegen seiner Familie.
Seine Mutter wusste, dass wir uns sehen. Ich denke, sie wusste vom ersten Tag, dass wir keine freundschaftliche Beziehung führen =) ... auch indische Mütter sind ja nicht ganz doof.
Er hat sich wahnsinnig in mich verliebt, und ich war mindestens genauso verliebt.
Irgendwann hatten wir die Unterhaltung - was passiert nach dem Studium. Ich konnte mir nicht vorstellen, dass er in Deutschland glücklich wird.
Und dann kam der Satz: Er muss zurück nach Indien. Er kann seine Eltern nicht unglücklich machen.Und immer wieder der Satz: Er kann nicht das Herz seiner Mama brechen (- auch hier denken Eltern oft, dass sie wissen, was gut für ihr Kind ist - und doch in eine völlig falsche Richtung damit gehen... hier sind sich unsere Kulturen ähnlich - unterschiedlich ist nur die Sichtweise WAS jemanden Glücklich macht und was nicht .. )
Aus Selbstschutz habe ich Schluss gemacht. Ich war wirklich eiskalt. Meine Beziehung davor ging 6 Jahre. Dann ist er einfach gegangen. Und sowas wollte ich nicht noch einmal haben. Davor hatte ich wahnsinnige Angst.
Also haben wir noch ein Jahr nebeneinander her studiert.
Ab und an Kontakt gehabt, er hat eine andere Freundin in Deutschland kennengelernt, sie waren auch recht lange zusammen, haben zusammen gewohnt... Und ich bin zurück in meine Heimatstadt.
Vor zwei Jahren kam er zu meinem Geburtstag. Und es war wie am ersten Tag im Studium.
Zu dieser Zeit war er noch mit seiner damaligen Freundin zusammen.
Wir haben es irgendwie als "Ausrutscher", als "traurige Liebesgeschichte" abgetan und vielleicht auch etwas verdrängt.
Ein Jahr später hat er seiner Mutter gesagt, dass er in Deutschland bleiben wolle oder nach Amerika zu seiner damaligen Freundin.
Das war der Anlass für die Familie schnellsmöglich eine Frau zu suchen.
Währendessen ging auch die Beziehung zu seiner Freundin in die Brüche, trotzdem wollte er in Deutschland bleiben. Er hatte hier alles selbst erarbeitet, er war von niemandem abhängig - und er musste sich vor niemanden rechtfertigen.
Im September - kein viertel Jahr später - war er zu Besuch und Urlaub bei seiner Familie - zwei Tage nach der Anreise verlobt.
Bis zu seiner Ankunft wusste er selbst davon nichts. - er hatte es aber schon jahrelang geahnt, dass genau der Tag kommen wird.
Da stehen sie also, die Verwandten, die Familie, die Schwester, der Bruder, die Mutter und der Vater - und eine Braut.
Ich, als westliche Frau, wie würde ich reagieren? Ich kenne selbst keine so große Familie.
Ich kenne nicht diesen Zusammenhalt. Für mich war es fürchterlich. Ich konnte - aber nur schwer - verstehen, dass er nicht einfach sich umgedreht hat und zurück gekommen ist.
Zuhause - in Deutschland - denn das ist nun gefühlt sein Zuhause, genauso wie Indien, hat niemand davon etwas mitbekommen.
Als er wiederkam, schickte er an mich und einige andere Freunde eine Hochzeitseinladung.
Ich war platt.
Wir haben telefoniert, Tag und Nacht geschrieben, wir haben uns gesehen, es war wie ein halbes Jahr Schnelldurchlauf-Liebe.
Ich habe ihn bis kurz vor der Hochzeit nie gebeten, es nicht zu tun. Irgendwie wusste ich, es macht es ihm nur schwerer und eigentlich hat er keine Chance, als sich der Familie zu fügen.
Wir verbrachten ein paar Wochen zusammen, er war bei meiner Familie, wir haben geredet, ... es war nie ein " was wäre wenn" , aber es war wirkliche Liebe.
Ab und an Scherzte ich, ich würde seinen Bruder einfach heiraten - ...
Ich hatte meinen Flug gebucht - um für ihn da zu sein.
Was mit mir war - war mir erstmal egal.
Er ist einen Monat vor der Hochzeit geflogen. Er kommt aus einer recht reichen Familie, zur Hochzeit waren 3000 Gäste geladen. Es gab einen Pre-wedding Photoshoot - 4 Tage, die den Gästen 4 Jahre gemeinsames Leben und Liebe suggerieren sollten.
Und die Braut war wahnsinnig schön.
Ich kam einige Tage vor der Hochzeit in Indien an. Er hat mich mit seinem Bruder abgeholt.
Am zweiten Tag gingen wir - zu 4 - Bruder, Braut, Bräutigam und ich - Kleider kaufen für die 4 Tage Hochzeit. Sie war nett, etwas schüchtern, und dann - als wir zu zweit waren - sagte sie es, wie eine Rechtfertigung : Ich will das. Ich will ihn heiraten, weil ich meine Eltern gebeten hatte, das zu arrangieren.
Ich war so wütend. Ich hatte bis dahin wirklich Mitleid, ich hatte gedacht, ihr gehe es ähnlich wie ihm - sie hätte keine andere Wahl. Aber eigentlich hatte sie nur keine Ahnung, dass sie in das Leben von jemanden einfach einbricht. Aber wäre es nicht sie, wäre es eine andere geworden. Die Liste an Mädchen, die "angefragt" hatten, war nicht kurz.
Also, vielleicht war es besser, eine, die ihn wirklich mag...
Nach 2 Tagen kamen unsere anderen Freunde und ich hatte etwas Ablenkung.
Der Bruder kümmerte sich um uns, sorgte dafür, dass wir eine Begleitung bei Ausflügen hatten, dass wir bei der Hochzeit besonders gut empfangen werden, organisierte alles - und irgendwie kümmerte oder sorgte er sich besonders um mich.
Er war nett. Er war genauso zuvorkommend wie sein Bruder. Er war lustig, der Mensch, der sich sofort mit jedem versteht. Die Tage der Hochzeit waren nicht einfach, aber da es - in meinem Augen - eigentlich nur ein Massenhandschütteln und Showing Off war, ohne die Sentimentalität, wie wir sie kennen, ging es eigentlich ganz gut...
In den Tagen nach der Hochzeit, suchte der Bruder immer mehr Kontakt, fragte mehr nach, ob wir gut angekommen sind, ob wir was bräuchten,..Er fragte mich, ob ich ihn zum Essen und dem Ritual zum Beglückwünschen der Frischverheirateten begleiten würde - vor seiner Familie - als erstes Mädchen neben ihm. .. er war denke ich, schnell verliebt - jetzt - ich war geschmeichelt, die Familie tuschelte, grinste, machte Fotos,... fand es aufeinmal toll, dass der Cousin und Bruder so eine hübsche, weiße ( ich denke, das ist dort noch sehr wichtig - leider ) Dame neben sich zeigt.
Vielleicht - in das für ihn exotische, etwas - wie er jetzt sagt - auch wegen dem, was sein Bruder über mich erzählt hatte - und irgendwie gab es da etwas.
Das ich aber keinesfalls wahrhaben wollte und bis zum letzten Tag verleugnet hatte.
Vielleicht sollte ich dazu sagen - zwischen der Beziehung in der Uni mit dem "Bräutigam" und der Hochzeit, hatte ich keine wirkliche Beziehung. Ich hing zu sehr an ihm, ich konnte mich einfach nicht mehr verlieben.
Und dann lerne ich - in dieser miesen Situation jemanden kennen, der mir auf einmal genau das Gefühl wieder gibt.
Am Tag meiner Abreise, fuhr mich der Bruder zu seiner Schwester, während der Autofahrt hat er mir erzählt, dass er mich sehr sehr mochte. Wir hatten wohl beide dieses Verliebtheitsgefühl.
Wir haben es auch noch.
Ich hab - auch schon während meiner Zeit in Indien darüber nachgedacht - müsste ich mich - für mich entscheiden? - eigentlich nicht mehr. Mit dem Moment, in dem meine damalige große Liebe vor meinen Augen geheiratet hat, und nicht - wie ich innerlich heimlich gehofft hatte - wie im Film flüchtet und nach Deutschland fliegt - hatte ich abgeschlossen.
Ich mag seinen Bruder sehr. Ich bin aber nicht weniger realistisch.
Er ruft täglich an, seine Familie weiß, dass wir in Kontakt sind, seine Cousins ziehen ihn auf, dass er nächstes Jahr in Deutschland heiratet. Vor 2 Tagen hat er einen Flug für April gebucht. Was wird? Das weiß ich nicht. Aber ich habe beschlossen, einfach auf mein Herz zu hören. Es kann enttäuscht werden, es muss aber nicht.
Die Reaktionen der Familie - auch wenn sie es derzeit vielleicht nicht allzu ernst sehen - zeigen mir, dass es auch an IHM liegt, wie er damit umgeht und wie letztendlich die Familie mit einer "Nichtinderin" umgeht. Es ist am Ende SEINE Entscheidung sich - wie sein Bruder zu fügen - oder seinen eigenen Weg zu gehen.