Hallo zusammen,
ich habe lange hin und her überlegt, ob ich in das Forum schreiben soll oder nicht. Letztendlich habe ich aber gemerkt, dass es vielen gut tut, sich alles von der Seele zu schreiben und man viele gute Ratschläge erhält, deswegen schildere ich Euch mal meine Situation, die mir momentan ausweglos erscheint.
Ich bin 29 Jahre alt und seit 7 Jahren mit meinem Mann (30) zusammen. Seit zwei Jahren sind wir verheiratet. Wir haben (noch) keine Kinder, obwohl mein Kinderwunsch aufgrund meines kinderreichen Familien- und Freundeskreises eine zeitlang sehr groß war. Weil mein Mann jedoch vor 2 Jahren nochmal eine Berufsausbildung begonnen hat (IT-Branche), haben wir entschieden, dass es aufgrund des finanziellen Aspektes und wegen der Lernerei besser ist, wenn wir mit der Kinderplanung bis nach der Ausbildung warten.
Mein Mann und ich führen eigentlich eine glückliche, harmonische Beziehung. Wir reden über viele Dinge, wobei er oft als mein Psychologe fungiert, wenn ich mal wieder rumspinne oder Probleme mit mir selber habe. Jedenfalls kann ich mit ihm über alles reden und er mit mir auch.
Zu Dingen wie Familienplanung, Ziele im Leben, Hausbau, Freundschaften, usw. haben wir die gleichen Ansichten. Gemeinsame Interessen haben wir auch (Haustiere, Garten, Heimkino), wobei sich diese meist auf Zuhause beschränken. Wir haben einen kleinen aber engen Freundeskreis (inklusive uns sind es 6 Pärchen), mit dem wir meist private Dinge wie Grillen, Spieleabende usw. unternehmen, da wir in unserer Clique die einzigen kinderlosen sind. Auch mit unseren Familien verstehen wir uns sehr gut, unternehmen viel und fühlen uns jeweils in der anderen Familie sehr geborgen. Wir streiten fast nie, haben einen respektvollen Umgang miteinander und lachen viel.
Wir führen von den Rahmenbedingungen eigentlich ein rundum glückliches Leben.
Das (bisher) einzige Problem bei uns ist der Sex. Am Anfang war das natürlich anders und es gab Zeiten, da hatten wir wochenlang Sex, jeden Abend. Doch irgendwann wurde es weniger und mittlerweile ist es so, dass wir kaum noch miteinander schlafen. Dieses Jahr waren es vielleicht 4 intime Begegnungen. Ich muss dazu sagen, dass wir trotzdem Körperkontakt haben, also viel kuscheln, Küsschen und Händchen halten.
Nur ist die Leidenschaft völlig verflogen. Ich weiß nicht, ob das Gefühl jemand kennt, aber mittlerweile kann ich mir oft nicht mehr vorstellen, mit meinem Mann hemmungslos und leidenschaftlich zu sein. Sich im Bett vollkommen gehen zu lassen und wild zu sein auf der einen Seite und ihm Käsebrote für die Arbeit zu schmieren auf der Anderen, passt irgendwie nicht mehr zusammen. Versteht ihr was ich meine, ich habe mittlerweile das Problem, in diese verschiedenen Rollen zu schlüpfen. Und das führt dazu, dass ich kaum noch Lust auf ihn habe.
Auf IHN wohlgemerkt und genau da beginnt das eigentliche Problem, das mich so sehr belastet, dass ich momentan jeden Tag heule.
Ich habe einen Kollegen, mit dem ich mich von Anfang an gut verstanden habe. Wir arbeiten beide seit ca. 3 Jahren in der Firma. Er ist ein unnahbarer Typ, hält sich dezent aus allem raus und gibt nichts über sein Privatleben preis. Also niemand weiß etwas über ihn, es wurde auch schon spekuliert, dass er schwul ist. Er ist jedoch bei allen sehr beliebt und keiner nimmt ihm seine Art und den Rückzug übel. Er ist zudem sehr witzig und scherzt mit allen herum, ohne dabei aufdringlich oder nervig zu sein. Seine Art Humor ist schwer zu beschreiben, ich würde es als trockenen, sarkastischen und neckischen Humor bezeichnen. Er nimmt es einem auch nicht übel, wenn man kontert, im Gegenteil, erst dann kann man sich mit ihm auf die witzigsten und intelligentesten Wortspiele einlassen.
Ist ja eigentlich auch egal, es ist jedenfalls so, dass dieser Kollege und ich ein Projekt zusammen bearbeiten. Und im Rahmen dieses Projekts hat jeder von uns seinen Part zu erfüllen (er ist Jurist und kümmert sich um das Juristische). Sprich, wir schreiben viele E-Mails und es hat sich eben so entwickelt, dass in jeder geschäftlichen E-Mail irgendeine liebevolle, provokative kollegiale Gemeinheit drin war, entweder von ihm oder von mir. Wir neckten uns auf eine so witzige Art und Weise und blödelten derart rum, dass ich mich manchmal echt beherrschen musste, im Büro nicht laut los zu lachen. Wir sind, was den Humor angeht, zu 100 % auf einer Wellenlänge.
Naja, irgendwann hat es eben angefangen, dass die E-Mails häufiger wurden und wir uns auch dann geschrieben haben, wenn es nichts Geschäftliches zu schreiben gab. Nie was privates, immer nur diese nicht ernst gemeinten Sticheleien unter Kollegen. Naja und irgendwann hat eine enge Kollegin mal angemerkt, dass sie das Gefühl hat, dass er mehr möchte und auf mich steht.
Ich hatte bis zu diesem Zeitpunkt nie das Gefühl und habe alles nur als lustige Abwechslung im tristen Arbeitsalltag gesehen, doch auf einmal hat sich auch bei mir was geändert. Im Nachhinein würde ich jetzt sagen, wollte ich meine Grenzen austesten und habe mich auf einen Flirt (wenn auch einen untypischen) eingelassen. Also Dinge wie verführerische Blicke zuwerfen oder über private Sachen reden, sind hiermit nicht gemeint. Unser Flirt bestand aus liebevollem Ärgern und viel Lachen. Vielleicht kann der Spruch unseren Umgang verdeutlichen: Was sich liebt, das neckt sich.
Irgendwann hat er mich dann auch sexuell angezogen und in meiner Phantasie passierte alles Mögliche mit ihm, ihr wisst was ich meine. Hinzu kommt, dass es mir wahnsinnig imponiert, dass er Jurist ist und einen hohen Intellekt hat und ein wahnsinnig professionelles Auftreten, auf der anderen Seite aber mir gegenüber so albern sein kann.
Naja egal, jedenfalls hatten wir am Mittwoch letzte Woche einen geschäftlichen Termin in München zu zweit und ich habe wochenlang auf diesem Termin hingefiebert. Auf der Autofahrt (ca 1 Std.) haben wir uns blendend verstanden, viel geredet und viel gelacht. Als wir Abends zurück in die Firma sind (es war halb acht), war natürlich keiner mehr da, wir waren sozusagen allein. Dann haben wir uns entschlossen, zur Feier des Tages und weil alles so gut gelaufen ist, ein Gläschen Sekt zu trinken. Wir waren dann eine Stunde in der Firma, haben Sekt getrunken und wieder sehr viel gelacht.
Dann gab es einen kurzen Moment, in dem alles hätte passieren können. Er war mir so nah, dass es mich wie einen Blitz durchzuckte und ein Kribbeln durchfuhr meinen ganzen Körper. Ich bin allerdings zurückgewichen. Es ist also nichts passiert. Abends bin ich dann völlig aufgelöst zuhause angekommen und musste ununterbrochen an die Ereignisse des Tages denken.
Am nächsten Tag dann (das war letzten Donnerstag, seither habe ich ihn auch nicht mehr gesehen), war ich sehr bedrückt und mir wurde bewusst, dass ich mich gefühlsmäßig auf etwas eingelassen habe, das mir jetzt zum Verhängnis wird. Ich merkte, dass ich mich in ihn verknallt habe und der harmlose Flirt sich zu einem Problem entwickelt hat. Und auch bei ihm scheint der Mittwoch etwas ausgelöst zu haben, denn er schrieb mir am Donnerstag dann zum ersten Mal etwas Privates bzw. etwas zu seinen Gefühlen gegenüber mir (dass er seit gestern völlig durcheinander sei und das meine Schuld sei usw.).
Ich war an dem Donnerstag sehr abweisend zu ihm, zum einen, weil ich merkte, dass ich tiefere Gefühle für ihn empfinde und zum anderen, weil er ab Freitag Urlaub eingetragen hatte und die Vorstellung, ihn 5 Tage lang nicht zu sehen, machte mich zudem fertig. Er versuchte dann den ganzen Tag verzweifelt, Kontakt zu mir aufzubauen, ich war jedoch derart verwirrt und mir wurde die heikle Situation bewusst, in der ich mich befand, sodass ich unsere Mails auf geschäftliche Fakten beschränkte. Als er dann jedoch Feierabend machte, habe ich es nicht ausgehalten und hatte ein schlechtes Gewissen, dass ich ihm gegenüber so kalt war und habe ihm dann schließlich auf seine private E-Mail Adresse geschrieben (die hatten wir zu geschäftlichen Zwecken mal ausgetauscht). Naja, das ging dann hin und her bis am Freitag mittag dann die E-Mail kam, auf die ich insgeheim schon lange gewartet habe. Er hat mir verzweifelt seine Gefühle gestanden und mich gebeten, unsere Mails auf geschäftliche Inhalte zu beschränken. Er weiß, dass ich verheiratet bin und vielleicht wusste er auch nicht, wie es um meine Gefühle stand.
Jedenfalls habe ich ihm dann in einer langen Mail auch meine Gefühle gestanden, habe dann letztendlich auf unsere ausweglose Situation hingewiesen und ihm geschrieben, dass auch ich der Meinung bin, dass wir das mit den E-Mails lassen sollten, da ich gebunden bin. Seine Antwort auf meine Mail war etwas seltsam er hat wieder angefangen, rumzublödeln. Als ich ihn dann fragte, was das soll und ob er meine sehr ernste Nachricht nicht gelesen habe, antwortete er nur, dass es wohl von seiner Seite aus nur ein verzweifelter Versuch gewesen sei, die ganze Sache in das unbeschwerte Anfangsstadium zurückzuversetzen.
Das war am Sonntag und seitdem habe ich keinen Kontakt mehr zu ihm, also ich habe auf seine letzte E-Mail nicht mehr reagiert. Er war bis Dienstag im Urlaub, ich habe, um ihm aus dem Weg zu gehen, von Mittwoch bis nächste Woche genommen. Und jetzt sitze ich hier, verzweifelt und ratlos und voller Liebeskummer. Ich muss ständig weinen, muss an ihn denken und an meine Ehe.
Mein Mann hat mich angesprochen, was los sei, er hat natürlich gemerkt, dass ich mich anders verhalte. Er hat auch schon die Vermutung geäußert, dass es einen anderen Mann gebe, ich habe aber nichts darüber gesagt. Was ich ihm gesagt habe, ist, dass mir momentan etwas fehlt und ich nicht weiß, was genau es ist (ich weiß es wirklich nicht!). Mein Mann hat dann vorgeschlagen, eine Eheberatung machen zu lassen und ich habe mich auch schon um einen Termin gekümmert.
Und das alles ist innerhalb einer Woche passiert, könnt ihr euch das vorstellen? Intensiven Tag mit Kollegen verbracht, Kollege hat Gefühle gestanden, ich habe Gefühle gestanden, Liebeskummer, Gespräch mit Mann, Termin bei Eheberatung gemacht.
Mein Problem ist, dass ich meine Ehe nicht aufgeben möchte. Ich weiß, dass ich meinen Mann liebe und dass ich durch den anderen derzeit geblendet bin. Aber diese besch* Gefühle lassen sich einfach nicht abstellen! Alles erinnert mich an ihn. Ich kann nicht mehr aufhören, an ihn zu denken, muss mich regelrecht zwingen, ihm nicht zu schreiben. Ich denke ständig an diesen Abend im Büro, ich merke regelrecht, wie ich ihn verherrliche.
Meine Kollegin hat mir erzählt, dass er auf Arbeit sehr schlecht drauf ist und ganz und gar nicht zum Scherzen aufgelegt. Ich weiß, dass es auch ihm nicht gut geht und ich habe ihm gegenüber auch ein wahnsinnig schlechtes Gewissen und gegenüber meinem Mann und jetzt leiden drei Menschen und das nur wegen mir.
Was soll ich nur tun? Ich habe mich noch nie so schlecht gefühlt Es tut so weh, er fehlt mir so sehr. Die Vorstellung, ihn nie zu küssen, ihn nie zu berühren, die Vorstellung, dass diese E-Mails jetzt aufhören, dass wir uns nie wieder necken, ist für mich Horror. Und wie soll ich mich nächste Woche verhalten, wenn wir uns sehen? Wie soll ich ihn nur vergessen, wenn wir ein Projekt zusammen bearbeiten? Wie soll ich meine Ehe retten? Wie können die Gefühle für meinen Mann zurückkommen? Ich bin so verzweifelt.
Und gerade an diesem Wochenende ist es auch noch so, dass mein Mann von Freitag bis Sonntag nicht da ist, sprich, die Versuchung ist so groß, mich mit meinem Kollegen heimlich zu treffen .
Es tut mir leid, dass der Text so wahnsinnig lang ist. Aber um sich reinversetzten zu können, hab ich nicht gewusst, was wichtig ist und was nicht, deswegen so viel. Danke fürs Lesen.
Liebe Grüße
Alessia