Ein "Verhältnis" das seit einem Jahr läuft und eher zufällig entstanden ist. Das erste Mal in 5 Jahren Single-Dasein dass ich mich aktiv mit einem Menschen und den Problemen die so zwischen einem entstehen können auseinandersetze. Er bleibt, egal wie anstrengend es ist oder wie erschütternd die Dinge, die passieren, sind - im schlimmsten Moment (Schwangerschaftsabbruch) hat er die größte Stärke bewiesen. Ich habe trotzdem immer wieder Probleme darauf zu vertrauen dass er nun einfach ein Mensch in meinem Leben ist und nicht einfach ohne ein Wort verschwindet. Ich habe seine Mutter kennengelernt und er hat mich in so ziemlich jeden Teil seines Freundeskreises miteinbezogen. Was mich immer wieder so verunsichert dass wir nicht normal streiten sondern es immer meinerseits in eine Grundsatzdiskussion was das alles eigentlich soll ausartet und er hält weiter fest. Der Gedanke ihn zu verlieren schnürt mir die Kehle zu. Ich weiß dass ich ihn auf eine Art liebe, kenne diese Art aber so noch nicht. Geklärt ist schon seit längerem dass es keine Beziehung wird, ihm ist das zuviel er will Freiheit und nach der letzten Beziehung mehr Zeit für sich und ich vermute es geht auch um die Sorge sich wieder auf etwas einzulassen bei dem er sich nicht ganz sicher ist. Die letzte Beziehung betitelt er als "eigentlich total unnötig". Genau wie ich meine letzte. Es stört mich überhaupt nicht dass wir nicht zusammen sind, ich suche nicht zwangsweise nach einem festgeketteten Beziehungsparadigma. Solang ich es nicht mitbekomme stört es mich auch nicht was er drumrum noch so treibt, ich weiß dass er diese Ebene momentan mit niemand anderem hat. Dann ist es heiß und kalt, mal sucht er viel Nähe und ist sehr hinterher, dann folgen Phasen in denen er wieder etwas abtaucht. Meist hat er, wenn wir danach sprechen, Probleme mit sich selbst weiß nicht was er will, macht sich furchtbar viele Gedanken um Zukunft und Lebensart. Mal war es ihm zu viel Nähe, es wird zuviel er möchte das von sich weghalten, hat gemerkt dass er den Gedanken mich mit jemand anderem zu sehen nicht ertragen kann, will sich aber nicht "jetzt so richtig verlieben" und seinen Kopf für anstehende Reisen frei halten, möchte nichts was ihn hier zurückhält und wenn es so weiterginge könne er das nicht. Wenn ich meinen Traumprinzen treffe solle ich gehen. Aber er würde mich ungern verlieren.
Bei solchen Gesprächen wird er nervös und wühlt sich im Bart rum, zieht mit zitternden Fingern an der Zigarette und weiß nicht ob er mich nun angucken soll oder nicht. Ist es geklärt zieht er mich erleichtert an sich und vergräbt den Kopf in meinem Nacken.
Ja er will die Welt sehen, ja er will flirten und rumvögeln wie es ihm passt. Das ist mir klar und ich verstehe es auch - ging es mir ja die letzten 5 Jahre genauso. Das verletzt mich nicht mal. Mir liegt nichts daran mit jemandem zusammen zu sein der das eigentlich gar nicht so richtig will und sich nicht so sicher ist ob das so alles richtig ist, ob er nicht doch etwas verpasst. Ist auch nicht so dass es bei mir nicht auch andere zwischendurch gegeben hat, ich nehme es wies grad kommt und genieße es, das gleiche wie mit ihm ist es trotzdem nicht.
Wenn wir zusammen sind, unter uns sind, uns Zeit füreinander nehmen, kuscheln, kochen, spazieren gehen, baden, Musik hören, Filme gucken, kiffen, trinken, einfach nur rumsitzen, kann es so wunderbar sein. Er wendet sich mit allerlei Dingen und Fragen an mich, wir erzählen uns aus unserer Woche, lachen zusammen über Freunde und schräge Abende. Wenn wir uns länger nicht gesehen haben kommt es vor dass wir stundenlang durchquatschen. Wir sind uns in vielen Dingen sehr ähnlich, wissen das auch und können uns aber auch gegenseitig in den Arsch treten. Ich habe noch niemals mit jemandem eine so intensive Nähe gespürt egal ob wir uns nur im Arm haben oder fantastischen Sex. Egal ob er mich beim kochen beobachtet, plötzlich grinst, mich drückt und mir einen Kuss in den Nacken gibt oder ob wir uns eine Minute lang zum Abschied umarmen. Es gibt seit einem Jahr keine Veränderung im Schlafverhalten, es gibt niemals genug Nähe, eine Hand ist immer beim anderen, wenn wir nicht grad eng umschlungen Nase an Nase aufwachen.
Ich weiß dass ich ihn - irgendwie - liebe. Ich weiß aber auch dass mich durchaus noch andere Männer interessieren, dass ich mich manchmal gespannt frage "was kommt wohl als nächstes?!", "er kann es doch gar nicht sein?". Sollte man es nicht eigentlich wissen wenn man zusammen gehört? Ich glaube nicht dass wir das tun.
Und trotzdem fühlt es sich oft so an als wären wir füreinander gemacht.
Ich weiß dass es ein ungesundes Verhältnis ist. Es kann offensichtlich nicht dauerhaft so weitergehen.
Wäre mir klar dass ich ihn liebe, dass ich ihn ganz und gar an meiner Seite haben will würde ich es beenden/ansprechen wie ich inzwischen dazu stehe und dass es so nicht weiter funktionieren kann. Aber das ist es nicht. Ich bin einfach ratlos. Es gibt einige Momente in denen ich mich so furchtbar über ihn ärger, ihn auf den Mond schießen will und mir jemand anderen wünsche. Und dann gibt es Momente, er linst aus der Küche raus, fragt schelmisch grinsend ob ich denn wieder meinen Kaktus-Feige-Zimt-Tee will vorm Schlafen und ich bin voll des puren Glücks und denke ich möchte dass das niemals aufhört.
Nun geht er in 10 Tagen auf besagte Reise.
Es ist eng wie lang nicht mehr, kuscheliger als je zuvor, er bespricht all seine Pläne und Sorgen und Vorfreude mit mir, ich freue mich mit und bin selbst schon ganz enthusiastisch und glaube fest dass es für ihn sehr gut sein wird auch mal alleine zu reisen.
Die einzige Sorge: die Reise ist wesentlich kürzer als geplant - nur 3 Monate. Ich hatte die Vorstellung in einem Jahr das er weg sein wollte habe ich Zeit für mich, herauszufinden was das ist, wie wichtig es wirklich ist, für mich Klarheit zu schaffen. Weiterziehen zu können. In drei Monaten wird sich kaum etwas ändern - Dank gleichem Freundeskreis werden wir uns genauso weitersehen. Guter Hoffnung dass Klarheit kommen wird einfach abwarten wie es in 3 Monaten aussieht? Oder noch ansprechen dass ich die Situation überaus kompliziert finde und gucken ob wir gemeinsam ne Idee haben wie wir damit umgehen? Ob er das überhaupt ähnlich sieht?
Er tut sich leider wahnsinnig schwer über so etwas offen zu sprechen - nicht nur mit mir - seine engsten Freunde sagen das gleiche.
Wie findet man aus so einem Chaos heraus ohne diese Bindung damit zu zerstören? Geht das?
Ich glaube wir könnten auch wunderbare Freunde sein, er ist einfach Mensch den ich nicht mehr in meinem Leben missen möchte, aber wenn ich sowas sage - dass mir an unserem Verhältnis generell etwas liegt ob mit oder ohne Sex und Kuschelei - schaltet er auf Durchzug und antwortet nicht mehr.
Was ist das überhaupt alles?
Bin eigentlich Profi in Freundschaft-Plus-Dingen, hatte soviele Situationen in der ein kleines Problem zum Ende führte und es klärte sich ganz schnell auf dass das auch absolut richtig so war. Hier ist es anders.
Kennt das jemand?
Meinungen? Erfahrungen?