Hallo, ich bin Daphne und neu hier.
Seit Wochen schon geht mir etwas durch den Kopf, wo ich allmählich nicht mehr weiß, wie ich mich korrekt verhalten soll. Es ist wirklich hochkompliziert, aber ich hoffe, wenigstens ein paar nette Menschen sind so lieb und nehmen sich die Zeit, diese Zeilen zuendezulesen und haben Tips zu meiner weiteren Orientierung.
Also es ist folgendes:
Seit drei Jahren arbeite ich in einem Unternehmen, das im benachbarten Ausland ansässig ist. Als ich damals herkam, kannte ich niemanden, weder im Betrieb, noch in der Stadt.
Ich bin bereits seit fast zwanzig Jahren in meinem Beruf tätig und habe mich all die Zeit immer an den Grundsatz gehalten, daß Geschäft und Privat nicht vermischt gehören. Kollegen hatte ich nur en groupe außerhalb der Arbeit getroffen, z.B. auf Karnevalsfeiern oder Betriebsausflügen. Sonst nicht, egal wie sympathisch sie waren.
In diesem Unternehmen nun war das ein wenig anders, denn es gibt in meiner Abteilung noch einen anderen deutschen Kollegen, und der stammt fast aus derselben Region wie ich. Im Ausland verbindet sowas, weil er halt der einzige ist, der meine Mentalität versteht, so daß ich mich nicht ständig fragen muß, wie meine Aussagen auf ihn wirken - zwar sind die einheimischen Kollegen auch alle sehr nett, aber sie haben natürlich Vorurteile gegen uns "Ausländer" und so muß ich bei denen einfach ein wenig diplomatischer sein, damit nichts in den falschen Hals kommt und ich in der Schublade "typisch Deutsch" lande.
Auch mit einigen der einheimischen Kollegen haben sich inzwischen Kontakte ergeben. Nicht, daß wir am Wochenende dauernd zusammen rumhängen, aber zu besonderen Anlässen werde ich inzwischen nach Hause eingeladen, es gab ein paar Parties, wo ich dabei war, und gelegentlich haben wir auch Wochenendtrips unternommen, überwiegend Ski oder Wandern.
Außerhalb des Betriebs habe ich inzwischen zwei sehr nette Freunde gefunden, mit denen ich meist unterwegs bin, die aber ansonsten nicht mit den Kollegen zusammengekommen sind. Das wird auch so bleiben.
Langer Vorrede, kurzer Sinn:
Vor ca. 2 Jahren kam eine Hiobsbotschaft. Mein deutscher Kollege, ein bis dahin (so mein Eindruck) glücklichst (!) verheirateter Familienvater, war an Krebs erkrankt - die bösartige Sorte. Es folgten ein Jahr lang Chemotherapie, Operationen, Reha, Kur. Am Ende hatte er es geschafft, und wir alle waren darüber überglücklich.
Seine Frau hatte ihm die ganze Zeit über die Stange gehalten, war fast täglich bei ihm im Krankenhaus. Am Ende war sie so mitgenommen, daß sie selbst eine Therapie brauchte.
Doch dann kam es:
Zu Beginn letzten Jahres wurde ich angesprochen. Ich sei doch viel mit dem deutschen Kollegen zusammen - ob ich auch was von dessen Affaire mit der Kollegin x mit bekommen hätte?
Ich bin fast umgekippt und brachte nur noch raus, davon wisse ich nichts und das könne ich mir auch nicht vorstellen. Ich sei mehrmals bei ihm zuhause gewesen, und wenn es überhaupt jemals mein Eindruck gewesen sei, eine glückliche, funktionierende Familie kennengelernt zu haben, dann sei es dort gewesen. Und bevor man mir das Gegenteil nicht beweise, wolle ich davon nichts mehr hören.
Doch wie es immer bei Gerüchten ist: etwas bleibt hängen. Ich wurde mißtrauisch, denn tatsächlich begann die Kollegin x plötzlich öfter zu fragen, ob ich auf einen Kaffee mit ihr gehen wolle - die Küche liegt gleich neben dem Büro des deutschen Kollegen, und der kam auch immer sofort dazu.
Irgendwann bekam ich mit, daß er ständig am SMSen und mailen war, wenn ich ins Büro kam. Und auch sonst durch den Wind zu sein schien: Fehler bei der Arbeit, keine Konzentration, er schien völlig neben der Schnur zu sein.
Eines Tages nahm er mich beiseite und meinte, er müsse mal mit mir reden. Es kam, was ich schon längst befürchtet hatte: Seine Ehe sei am Ende, sei es schon gewesen, bevor er krank wurde. Auch die gemeinsam noch durchgestandene Krankheit habe nicht verhindern können, daß es aus sei - man habe sich auseinandergelebt und werde sich nun trennen. Das Haus wolle man verkaufen, die Kinder bleiben bei ihr, er wird sie regelmäßig sehen, und zum Glück verstehe man sich noch so gut, daß man wohl alles gütlich werde regeln können.
Er sei dabei, sich an die neue Situation zu gewöhnen, und der Kollege y (seit Jahren sein einziger enger Freund) und die Kollegin x würden ihm dabei helfen, indem sie öfter was mit ihm unternehmen. Er habe registriert, daß ich mich in letzter Zeit ein wenig zurückgezogen hätte und er vermute, es hänge mit den Gerüchten zusammen, die über Kollegin x und ihn in Umlauf seien. Er kenne meine konservative Haltung und wolle mich nur wissen lassen, es sei nicht so, wie es aussehe: Die Kollegin x sei nur eine gute Freundin (sie lebt übrigens selbst mit jemand zusammen, ich nenne ihn z) und es sei seine Frau gewesen, die die Trennung gewollt habe, nicht er, und zu dem Zeitpunkt habe er mit der Kollegin x noch gar keinen persönlichen Kontakt gehabt, das habe sich erst viel später ergeben. Doch nun sehe es für Außenstehende natürlich komisch aus, und er habe keine Lust, sich im ganzen Haus mit Erklärungen zu rechtfertigen, andererseits sei die Kollegin x aber auch noch in der Probezeit, sie riskiere Jobverlust, wenn sich die Pseudo-Affaire rumspreche, die noch dazu doch gar keine sei.
Also mit einem Wort: Er wollte, daß ich wieder mehr mit ihm, seinem Freund y und der Kollegin x zusammen unternehme, am Wochenende - aber im Betrieb sollte ich darüber schweigen, damit nichts in den falschen Hals kommt.
Ich habe diesen Kollegen immer sehr geliebt (rein freundschaftlich), und war zwar einerseits geschockt, daß seine Ehe zuende war, aber andererseits erleichtert, daß wenigstens die Gerüchte nicht zu stimmen schienen und beschloß, seinen Vorschlag anzunehmen. Ich bin selbst vor ein paar Jahren durch eine Scheidung gegangen und erinnerte mich, wie gut es damals getan hatte, mit Freunden auszugehen, auch für mich war das der Weg zurück in eine neue Normalität gewesen.
Also traf man sich, zwar nicht jedes, aber doch an einigen Wochenenden. Vor allem aber nach der Arbeit, und es waren einige sehr nette Abende dabei, wir haben schöne Dinge unternommen.
Doch tief innendrin begann ich schon nach kurzer Zeit zu ahnen: Da stimmt immer noch etwas nicht. Etwas ist faul, irgendwie suchen die einerseits meine Nähe, aber andererseits halten sie mich auch auf Distanz. Die sagen mir nicht alles.
Zugleich fiel mir auf, daß die Kollegin x jetzt nicht nur regelmäßig mit zum Kaffeetrinken kam, sondern auch immer an denselben Tagen frei hatte wie er, daß sie immer kurz nach ihm das Haus verließ, und irgendwann sprachen mich seine Zimmergenossen an: Er smse und maile den ganzen Tag nur noch mit ihr herum, sei völlig neben sich, und man habe nicht den Eindruck, daß es da nur um Freundschaft im klassischen Sinne gehe.
Wir sind sonst immer mittags zusammen essen gegangen (auch mit seinem Freund y und ein paar anderen Kollegen aus unserer Abteilung). Es gab eine feste Zeit, da zogen wir los und gut war. Nun plötzlich smste er jedesmal rum, bevor wir loswollten, sagte, er komme nach - und kam dann einfach nicht. Später erfuhren wir, man habe erst ihn, dann die Kollegin x aus dem Haus gehen sehen.
Und jetzt beginnt die Sache zu brodeln (sorry, ich weiß, wie lang die Vorrede war, um bis zu diesem Punkt zu kommen).
Neulich waren wir abends nochmal aus, und es kam von Kollgin x der Vorschlag, doch mal einen Wochenendtrip zu machen. Ich wollte eigentlich nicht, sagte das auch. Es sei alles so furchtbar unverbindlich geworden, so eine Tour erfordere viel Organisation, ich hätte keine Lust, dass gewisse Leute dann wieder in letzter Sekunde abspringen und die ganze Arbeit sei für die Katz gewesen.
Doch sie quengelten beide immer weiter, und am Ende gab ich nach und begann mit der Organisation. Tatsächlich gelang es mir, noch eine Lokalität zu finden, die genügend Einzel- und Doppelzimmer für alle Kollegen samt Familienangehörige (wir wären insgesamt 14 Leute gewesen) hatte. Doch dann kam, was ich befürchtet hatte: Eine Teilgruppe sprang ab, weil es ihnen dann plötzlich doch zu weit weg war - und der deutsche Kollege rief an, und sagte, die Kollegin x wolle jetzt auch nicht mehr mitkommen, weil der Kollege y seine Lebensgefährtin mitbringe und die zwei sich nicht ausstehen können (was bis dahin niemand von uns wußte). Ich dürfe der Kollegin x aber auch nichts davon sagen, sonst bekäme er wiederum Ärger mit ihr (und dem Kollegen y).
Ich war ziemlich sauer und brachte das auch zum Ausdruck - aber natürlich hielt ich dicht. Die Kollegin x schickte mir wenige Stunden später ein mail, in dem sie das Wochenende absagte (nichtahnend, daß ich eh wußte, daß sie nicht mitkommt). Immerhin war sie diplomatisch genug, nichts von ihren Querelen konkret zu erwähnen, sondern fand eine allgemeine Begründung, die ich dann per Rückmail zwar akzeptierte, aber auch deutlich zum Ausdruck brachte, daß man m i c h ab sofort nicht mehr fragen müsse, wenn mal wieder was zum Organisieren anstünde.
Seitdem bekomme ich mit, wie mein deutscher Kollege immer blasser wird, er macht immer mehr Fehler auf der Arbeit (er arbeitet mir zu, deshalb fällt das zum Glück nur bei mir auf). Die Kollegin x hat sich ein wenig zurückgezogen, worüber ich nicht gram bin.
Doch gestern kam sein bester Freund, der Kollege z auf mich zu - er müsse jetzt doch mal dringend mit mir reden. Es gehe so nicht mehr weiter. Seit einem Jahr habe der deutsche Kollege ein Verhältnis mit Kollegin x (also doch...) und sie spiele Katz und Maus mit ihm.
Es sei so ein Kuddelmuddel entstanden, daß alle Beteiligten fast durchdrehen:
Der deutsche Kollege hat immer noch Kontakt mit seiner Ex-Frau, v.a. wegen der Kinder, aber auch, weil sie erst das gemeinsame Haus verkaufen wollen, bevor sie offiziell die Scheidung einreichen. Die beiden sehen sich fast täglich - und inzwischen ist sie wieder an ihm interessiert - jetzt, nachdem er sich gerade mal innerlich von ihr verabschiedet hat.
Seine Geliebte, Kollegin x, ist nach wie vor mit ihrem Lebensgefährten liiert, die beiden bauen gerade ein Haus, der Mann weiß (angeblich) nichts von ihrer Affaire.
Der deutsche Kollege ist emotional so abhängig von Kollegin x, daß sie mit ihm machen kann, was sie will.
Sein bester Freund, der Kollege y, kommt mittlerweile kaum moch an ihn ran. Zudem erträgt er es nicht, daß die Kollegin x offenbar ständig fiese Bemerkungen über seine Lebensgefährtin (ich nenne sie z) macht.
Seine Lebensgefährtin z wiederum war früher mit der Kollegin x befreundet, wenn auch nicht so eng, wie von letzterer jetzt nachträglich behauptet wird.
Die Kollegin x hat inzwischen auch viel Kontakt mit der Ex-Frau meines deutschen Kollegen. Die Ex-Frau kommt oft zu uns ins Büro, sie ist mit einer Zimmernachbarin des deutschen Kollegen eng befreundet und sitzt oft dort, um sich auszuquatschen - während ihr Ex-Mann nebenan mit der Kollegin x smst und mailt.
Ihr denkt jetzt bestimmt, ich hahe das alles frei erfunden - aber jedes Wort ist wahr - ich fühle mich momentan wie in einem Irrenhaus!
Ich bin gestern mit dem besten Freund y so verblieben, daß ich mich zurückziehen werde und habe ihm dasselbe empfohlen. Doch er tut sich schwer damit - die beiden waren so eng befreundet, und es tut ihm unendlich weh zu sehen, wie der deutsche Kollege zunehmend den Boden unterm Fuß verliert (finanzielle Probleme kommen offenbar auch hinzu). Das geht mir genauso, aber andererseits sehe ich nicht, wie ich ihm momentan helfen kann. Zudem mag ich mich nicht in diesen Kuddelmuddel hineinziehen lassen, immerhin habe ich vor, noch ein paar Jahre in diesem Betrieb zu arbeiten (die Konditionen sind erstklassig, sowas finde ich nie wieder, auch die Arbeit selbst macht mir viel Freude) und werde also noch lange Zeit mit den Menschen dort auskommen müssen.
Schließlich meinte der Kollege y, er werde versuchen, sich auch zurückzuziehen. Seine Lebensgefährtin sah es zum Glück ähnlich wie ich.
Es ist alles zum Haareraufen - alle drei haben wir den deutschen Kollegen immer noch unheimlich gern, aber momentan ist einfach nicht vernünftig mit ihm zu reden.
Wir haben große Angst, daß er auf eine persönliche Katastrophe zusteuert, an der er womöglich zerbricht. Er wird immer weicher, zerstreuter, ist völlig neben der Schnur. Es tut unsagbar weh, ihn so zu sehen, danebenzustehen, zuschauen zu müssen, wie er immer weiter in sein Unglück hineinläuft. Diese Frau ist dabei, ihm das letzte Fünkchen Selbstbewußtsein zu nehmen, und das Chaos mit seiner Ex-Familie, die Tatsache, daß er sich von seinem Vorleben einfach nicht lösen kann (was ich in Bezug auf die Kinder auch voll verstehe, das ist wirklich ein schreckliches Dilemma), die finanziellen Probleme, ... er hat wirklich nicht viel zu lachen momentan, allerdings scheint er auch jeden Biß zu verlieren, sich selbst wieder aus diesem Sumpf rauszukämpfen. Und meiner Meinung nach muß er das, wir können doch nicht seine Probleme für ihn lösen?
Kollege y fühlt sich schon wie ein Seelsorger, weil er ihn ständig damit vollredet - um dann doch keinen seiner gutgemeinten Ratschläge (die sich weitgehend mit dem decken, wie seine Lebensgefährtin und ich darüber denken) anzunehmen. Zum Glück konnte ich den Kollegen y gestern wenigstens noch davon überzeugen, daß es dem deutschen Kollegen mindestens genauso weh tut wie ihm selbst, wenn er - der Kollegin x zuliebe - Verabredungen immer wieder platzen läßt und sich zunehmend aus der alten Freundschaft zurückzieht. Doch Kollege y ist in seinem Stolz gekränkt, was ich auch verstehe: Normalerweise sollte keine Frau es schaffen, eine Männerfreundschaft zu zerstören (bzw. umgekehrt kein Mann bei einer Frauenfreundschaft, obwohl das gängiger ist). Ich denke ich konnte ihm klarmachen, daß der deutsche Kollege ihn nicht so hängenläßt, weil er sich nichts mehr aus ihm macht, oder die Freundschaft ihm plötzlich nichts mehr bedeutet, sondern weil er mittlerweile regelrecht süchtig nach dieser Frau ist - und sich selbst absolut nicht mehr im Griff hat. Sein Selbstbewußtsein muß total kaputt sein.
Der Kollege y sah das ein, und wird es jetzt machen wie ich: Zurückziehen, abwarten, und wenn der kritische Punkt kommt (und ich bin mir 1000ig sicher, daß er kommt) - dann wird er für ihn da sein - so wie ich auch.
Ich weiß auch nicht, was ich sonst noch tun soll. Die Arbeitsstelle wechseln wird niemand von uns, weil uns die Arbeit als solche super gefällt und wir hochbezahlt sind, außerdem sind wir alle 40+ und würden draußen schwerlich nochmal was vergleichbares finden.
Aber falls einer von Euch einen Tip hätte oder auch einfach nur schreiben will, wie er die Situation als Außenstehender sieht - bitte fühlt Euch eingeladen, mir Feedback zu schicken.
Ich werde mir alle Antworten durchlesen, ohne sie zu diskutieren, einfach nur die Inhalte aufnehmen.
Danke im voraus.
Liebe Grüsse sendet Euch
Daphne